Oliver Blume, Porsche

„Bugatti ist das exklusivste Auto, das es auf dem Markt gibt“

Porsche hat das Joint Venture der Luxusmarke Bugatti mit Rimac an den Start gebracht. CEO Oliver Blume erklärt, wie der Sportwagenbauer die Kombination unterstützt und warum der Weg, den Tesla eingeschlagen hat, ein ganz anderer ist als der von Porsche.

„Bugatti ist das exklusivste Auto, das es auf dem Markt gibt“

Sebastian Schmid.

Herr Blume, das Joint Venture von Bugatti und Rimac ist jetzt auf den Weg gebracht worden. Wie kam es überhaupt zur Zusammenarbeit mit dem kroatischen Start-up?

Wir hatten Rimac schon lange im Auge. 2018 sind wir bei dem Start-up zunächst mit 15% eingestiegen. In der Folge haben wir gemeinsam prototypische Anwendungen entwickelt. Dabei haben wir festgestellt, welch gutes Know-how Rimac bei elektrischen Systemen und Hypercars aufgebaut hat. Im Volkswagen-Konzern hatte Porsche innerhalb der Markengruppe die operative Verantwortung für Bugatti übernommen, wobei die Markenrechte und Anteile noch bei Volkswagen lagen. Im Zuge der Neuordnung des Konzerns und der Reduzierung der Komplexität entstand der Ansatz, Bugatti aus dem Unternehmen herauszulösen. Auch weil Bugatti zu einem Volumenhersteller nicht wirklich gut passt. Bugatti fertigt Kleinserien. Der Chiron ist im Lifecycle auf exklusive 450 Fahrzeuge ausgelegt – also rund 70 bis 80 pro Jahr.

Und wie passt Bugatti zu einem kroatischen Start-up?

Rimac ist auf der Elektro- und Batterieseite sehr agil, gut in prototypischen Lösungen, bei Kleinserien und in der Fähigkeit, Themen anders zu denken. Bugatti hat eine großartige Tradition und stellt luxuriöse Hypercars mit Verbrennerantrieb her. Unsere Strategie: Das Beste der drei starken Marken verbinden. Das Engineering-Know-how von Porsche, die starke Marke und Kundenbasis von Bugatti und die Agilität von Rimac als frischem, dynamischem Start-up mit Kompetenz in elektrischen Hypercars. Gemeinsam entsteht so ein leistungsstarkes Automobilunternehmen mit hervorragenden Perspektiven. Mit dem Joint-Venture ist es uns gelungen, die Traditionsmarke Bugatti mit ihrer Strahlkraft wertschaffend für die Zukunft aufzustellen.

Wird diese Zukunft weiter in der Kleinserie liegen?

Absolut. Wir werden da nicht in größere Volumina gehen. Bugatti wird immer das automobile Spitzensegment bilden – sehr leistungsstark und in Zukunft auch immer stärker elektrifiziert.

In dem Joint Venture Bugatti Rimac halten Sie 45%. Was bringen Sie dafür ein?

Seitens Bugatti bringen wir Marke, Produkte, das weltweite Händlernetz und treue Kunden ein. Allein die Gesellschaft Bugatti Engineering verbleibt im Volkswagen Konzern. Im Laufe der Zeit werden wir aber einen Teil der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in das neue Unternehmen mitnehmen. Dieser Prozess wird sich über zwei Jahre erstrecken, weil wir ihn mit den Menschen gemeinsam gehen.

Sollen die Marken Rimac und Bugatti eigenständig bleiben?

Zunächst werden zwei Hypercars in das Joint Venture eingebracht. Der Bugatti Chiron und der Rimac Nevera. Beide Marken werden weiter eigenständig auftreten. Zukünftig könnte bei neuen Modellen eine Fusion der Marken eine denkbare Strategie sein.

Welchen Einfluss wird Porsche nehmen? Werden sie ein aktiver oder eher passiver Investor sein?

Bugatti Rimac ist für uns kein finanzielles, sondern ein strategisches Investment – wir bringen inhaltlich eigene Ideen mit ein. Nur um einmal die Anteile zu skizzieren: Rimac hält am neuen Joint Venture 55%, Porsche 45%. Zudem halten wir 24% an Rimac Automobili und werden künftig 22% an der neuen Rimac Group halten.

Wenn man Ihnen diese zuschlägt, hält Porsche also sogar die Mehrheit…

Wenn man das so rechnen will, ja. Wir haben die Verantwortung klar auf beide Joint-Venture-Partner aufgeteilt. COO Christophe Piochon kommt von Bugatti, Finanzchefin Larissa Fleischer von Porsche, Rimac-Chef Mate Rimac wird CEO und sitzt außerdem im Aufsichtsrat. Diesem Gremium gehören auch unser stellvertretender Vorstandsvorsitzender und Finanz-Vorstand Lutz Meschke und ich selbst an. Daran können Sie sehen, welche große Bedeutung wir diesem Gemeinschaftsunternehmen beimessen.

Was verbleibt denn in der Hauptgesellschaft Rimac, an der Sie auch beteiligt sind?

Dort verbleibt das Komponenten-Geschäft, das ein deutlich größeres Geschäftsvolumen als das Hypercar-Geschäft aufweist. Durch unsere Beteiligung an Rimac selbst wollen wir das Unternehmen zu einem Tier-1-Zulieferer entwickeln. Wir haben heute schon Kooperationen in der Entwicklung – etwa bei Batteriesystemen. Damit helfen wir Rimac, sich als unabhängiger Systemanbieter im Spitzensegment zu etablieren. Deshalb ist unsere Beteiligung nicht noch höher. Das Komponenten-Geschäft ist anders als das Hypercar-Geschäft sehr gut skalierbar. Zunächst geht es um die technische Positionierung im Spitzensegment – auch mit Hilfe von Porsche-Projekten. Man sieht heute, dass einige Start-ups allein wegen ihrer Möglichkeiten bewertet werden. Rimac hat mindestens dieselbe Perspektive und obendrein bereits eine starke technische Substanz.

Bei aller Ambition werden Sie sicher darauf achten, dass die Kosten nicht aus dem Ruder laufen. Wo sehen Sie Synergien?

Gerade bei kleineren Unternehmen spielen die Fixkosten eine enorme Rolle. Deshalb haben wir die Kosten fest im Blick. Wir denken zum Beispiel über geteilte Dienstleistungen nach – etwa Buchhaltungsthemen. Wir gehen zudem Möglichkeiten durch, Aufwendungen bei Entwicklungskosten zu teilen. Wir werden das gesamte Feld nach Synergien durchkämmen. Das haben wir übrigens auch mit Bentley so gemacht, als wir für deren erfolgreichen Turnaround verantwortlich waren. Mit Unterstützung von Porsche wurde Bentley innerhalb von drei Jahren saniert. Von 300 Mill. Euro operativem Verlust hin zu einer zweistelligen Umsatzrendite – eine Erfolgsgeschichte.

Der Hypercar-Markt ist klein, aber wachstumsstark. Sehen Sie Potenzial, die Stückzahlen auszubauen?

Wir denken hier vom Kunden her. Bugatti ist das exklusivste Auto, das es auf dem Markt gibt. Das wird auch in Zukunft so bleiben. Wir schauen uns sehr genau an, wer unsere Kunden sind und wie sie sich entwickeln. Es ist richtig, dass sich die potenzielle Kundenbasis in Zukunft verbreitern dürfte. Das gilt für China, die USA und andere Weltregionen. Die einzelnen Produkte werden wir weiter in sehr limitierter Stückzahl anbieten. Bugatti wird immer das speziellste, exklusivste und höchstpositionierte Auto im Weltmarkt bleiben.

Die wachsende Bedeutung digitaler Services wird das nicht einfacher machen. Wie soll ein Kleinserienhersteller wie Bugatti hier mithalten?

Da möchte ich gern etwas ausholen. Wir sind gerade dabei, im Volkswagen-Konzern ein eigenes Betriebssystem zu entwickeln. Dieses ist systemseitig offen gestaltet, so dass die Kundenschnittstelle spezifisch auf jede Marke zugeschnitten wird. Porsche entwickelt auch eigene Applikationen und wird dem Fahrer eine für Porsche typische Darstellung und Anwendungslandschaft anbieten. Diese Möglichkeit besteht auch für Bugatti. Was der Bugatti-Kunde am Ende erhält, wird den Look and Feel haben, den ein Bugatti-Kunde erwartet. Das wird aber nicht Bugatti selbst beisteuern. Das machen Porsche und Rimac.

Als Digitalisierungsvorreiter gilt in gewisser Weise Tesla. Optional ist bei dem US-Konzern vor allem die Software, während die Auswahl von Farben und Dekor limitiert wird. Ein Vorbild für Porsche?

Das ist eine Frage der Marken-Positionierung. Tesla bewegt sich mehr und mehr in Richtung Volumensegment. Die Positionierung von Porsche bewegt sich seit jeher in einem exklusiven, sehr sportlichen Segment. Bei uns bekommt jeder Kunde exakt das, was er sich wünscht. Wir haben die Möglichkeiten der Individualisierung in den vergangenen Jahren stark vorangetrieben. Nehmen wir den 911. Hier bieten wir mittlerweile eine Palette mit 65 Farben plus Individualfarben an. Das Gleiche gilt für die Innenausstattung. Man kann sagen: Kein Porsche gleicht dem anderen. Das ist Teil unseres Markterfolgs. Die Nachfrage nach dem 911 war in unserer Geschichte nie größer als aktuell.

Trotz Chipmangel?

Trotz Chipmangel. Porsche und Tesla sind mit Blick auf Exklusivität, Sportlichkeit und Ausstattung also in ganz unterschiedlichen Spuren unterwegs.

Und wie läuft die Elektrifizierung?

Die Elektromobilität schreibt bei uns eine tolle Geschichte. Wir haben in Europa im ersten Halbjahr bereits mehr als 40% unserer Fahrzeuge elektrifiziert verkauft. Bis 2025 sollen weltweit bereits 50% der verkauften Autos über einen teil- oder vollelektrischen Antrieb verfügen, Ende des Jahrzehnts mehr als 80%. Der gute Start ist uns gelungen, weil der Taycan ein wahrer Porsche ist. Er war übrigens nie auf einen Wettbewerb mit Tesla ausgerichtet. Für den Taycan war Porsche selbst die Messlatte, also unsere eigene Produktpalette.

Wie viele Taycan haben Sie denn mittlerweile verkauft?

Im ersten Halbjahr haben wir gut 20000 Fahrzeuge an Kunden ausgeliefert Wir erwarten, dass wir in diesem Jahr oberhalb von 30000 Fahrzeugen landen werden. Der Auftragseingang ist sehr gut. Gleichzeitig werden wir die Produktion nicht unendlich ausweiten.

Wieso nicht, wenn es doch so gut läuft?

Das basiert auf unserem Gedanken, Porsche als exklusive Marke zu führen. Deshalb wird das Volumen limitiert. Diese Exklusivität hilft, den Wert der Marke zu sichern.

Sie betonen die Unterschiede zu Teslas Volumenstrategie. Aber wird die Konkurrenz nicht zunehmen, wenn sie mit dem elektrifizierten Macan kommen, der sich mit dem Model Y messen dürfte?

Für den Macan wird gelten, was für alle Porsches gilt: Porsche bietet immer das sportlichste Auto im Segment an. Das betrifft beispielsweise die Fahrdynamik, bei der wir uns deutlich von dem abheben, was der Wettbewerb macht. Ein Tesla hat zum Beispiel bei weitem nicht die sportliche Fahrwerksauslegung eines Porsche. Und das werden die Kunden auch vom Macan erwarten können. Über diese hohe Exklusivität, Sportlichkeit und Qualität ist es möglich, Porsche auch preislich entsprechend zu positionieren.

Also wird der Macan preislich über dem Modell Y angesiedelt sein?

Ja. Und qualitativ ist der vollelektrische Macan aus unserer Sicht auch eine ganz andere Welt. Gerade in den vergangenen Jahren haben wir enorme Fortschritte in der messbaren Qualität beispielsweise im Innenraum gemacht.

Was Sie liefern können, hängt allerdings zunehmend davon ab, ob Sie ausreichend Chips geliefert bekommen. Wie wird sich das im vierten Quartal auswirken?

Wir sind wie alle anderen Autohersteller von der Halbleiterkrise betroffen. Gleichzeitig haben wir noch einmal deutlich gestiegene Auftragseingänge. Im Moment geht die Schere zwischen Angebot und Nachfrage immer weiter auseinander. Wir halten dennoch an unserem Ziel fest, dieses Jahr 15% Umsatzrendite einzufahren. Obwohl wir bei den Auslieferungen durch den Chipmangel klar beeinträchtigt werden und aktuell leider nicht so viele Fahrzeuge an die Kunden übergeben können, wie es möglich wäre.

Wann wird sich die Lage am Halbleitermarkt bessern? Ursprünglich hieß es von vielen Seiten, das Problem sei temporär. Temporär kann eine ganz schön lange Zeitspanne sein…

Wer glaubt, dass sich die Halbleiterkrise im nächsten Jahr beruhigen wird, unterliegt einem Trugschluss. Das Problem ist vor allem strukturell bedingt. Es gibt diverse Aspekte, warum die Kapazitäten weltweit zu gering und die Nachfrage sehr hoch ist. Es gibt Wachstumsfelder wie die Konsumelektronik, die einen enormen Bedarf generieren. Die Situation wird sich für die Automobilindustrie nur ändern, wenn prozessuale und strukturelle Änderungen vorgenommen werden. Da ist ein großer Strauß anzugehender Themen, um dem Problem Herr zu werden: Investitionen in Chips, die für die Automobilindustrie relevant sind, Kooperationen mit Halbleiterherstellern, Transparenz in der Lieferkette und der Aufbau von Kompetenz in der Konfiguration der für die Automobilindustrie benötigten Chips. Deshalb gehen wir diese Themen im Konzern Schritt für Schritt an.

Ist es in diesem Zusammenhang eine Hilfe oder eine Bürde, Teil des VW-Konzerns zu sein?

Wir haben klar den Vorteil der Skaleneffekte, weil der Volkswagen Konzern so große Mengen abnimmt. Das hilft uns. Zudem bekommen wir wegen unseres wertschaffenden Wachstums eine gute Zuteilung innerhalb des Konzerns. Es gibt zudem Porsche-spezifische Halbleiter, um die wir uns selbst kümmern. Was wir hier finanziell in die Hand nehmen, ist dann immer Abwägungssache. In jedem Fall ist es keine Bürde, Teil von Volkswagen zu sein.

Und wo ist der Mangel derzeit schmerzhafter zu spüren – bei den Commodities oder den Porsche-spezifischen Halbleitern?

Den Mangel spüren wir prinzipiell in allen Bereichen. Es geht hier ja nicht nur um eine Handvoll Halbleiter. Es gibt bei uns mehr als 200 Halbleiter, die sehr unterschiedlich konfiguriert sind.

Die Autohersteller kommen scheinbar gut mit dem Chipmangel aus. Porsche hat gut verdient, Mercedes auch. Derweil streichen die Zulieferer reihenweise ihre Prognosen. Macht Ihnen das mit Blick auf 2022 Sorge?

Lassen Sie mich das differenziert betrachten. Heute sind in der Automobilindustrie in erster Linie die Unternehmen erfolgreich, die einen niedrigen Break-even haben. Wir haben im ersten Corona-Jahr sehr hart daran gearbeitet, unseren Break-even zu verbessern. Heute liegt dieser deutlich unter 70%. Das gibt uns große Flexibilität, wenn Umsatzvolumen wegbricht. In Krisensituationen kann man 1 zu 1 sehen, wie stabil ein Unternehmen unterwegs ist. Hinzu kommt bei Premiumherstellern wie uns, dass wir auch über den Mix einiges steuern können – also über die Ausstattung oder den Anteil höherwertiger Fahrzeuge. Da haben wir gegenüber Zulieferern mehr Möglichkeiten. Insofern sind wir schon in Sorge mit Blick auf jene Zulieferer, die eine weniger stabile Break-even-Situation haben. Am Ende gelingt es nur gemeinsam, mit allen Partnern die Halbleiter-Lage schnellstmöglich zu verbessern.

Für Krisenresistenz sorgt auch eine höhere Effizienz in der Produktion. VW-Chef Herbert Diess sieht hier scheinbar Handlungsbedarf. Wie steht der VW-Konzern diesbezüglich aus Ihrer Sicht da? Hat auch Porsche Nachholbedarf?

In meiner Funktion als Volkswagen-Konzernvorstand für Produktion kann ich festhalten, dass wir in den letzten drei Jahren die Performance unserer Produktivität um mehr als 20% gesteigert haben. Das ist ein riesiger Fortschritt. Trotzdem gibt es weiteres Potenzial. Im direkten Fertigungsbereich geht es gut voran. Zudem haben wir uns sehr straffe Ziele für die nächsten Jahre gesetzt. Allerdings darf man nie nur den direkten Bereich betrachten. Auch für den indirekten, unterstützenden Bereich muss derselbe hohe Produktivitätsanspruch gelten. Bei Porsche hat Produktivität eine lange Tradition – im Prinzip seit Wendelin Wiedeking das Unternehmen in den 1990er Jahren saniert hat. Das steckt heute noch in den Porsche-Genen. In gewisser Weise ist Produktivität eine Kernkompetenz von Porsche.

Wie klappt die Kooperation mit Audi? Gibt es aus Ihrer Sicht Nachbesserungsbedarf bei der Positionierung der beiden sportlichen Premiummarken im Konzern?

Aus meiner Sicht läuft die Zusammenarbeit mit Audi hervorragend. Wir haben in der Entwicklung klare Zuständigkeiten im Konzern, wer für welche Module zuständig ist. Das klappt sehr gut. Auf der anderen Seite sind unsere Marken so unterschiedlich positioniert, dass nur in ganz kleinen Randbereichen ein Audi-Kunde eventuell einen Porsche kaufen würde oder umgekehrt. Wichtig ist für Porsche dabei, dass unsere Produkte einen bestimmten Look & Feel haben. Komponenten, die nicht sichtbar sind, kann man sich teilen, andere wiederum nicht. Porsche wird von allen Marken immer die sportlichsten Komponenten verwenden, so wie die Kunden es von Porsche erwarten können.

Da Sie so von der Zusammenarbeit schwärmen: Heißt das, eine mögliche Börsenrückkehr von Porsche ist aus Ihrer Sicht kein Thema?

Das ist zunächst einmal eine hundertprozentige Entscheidung des Volkswagen Konzerns. Das öffentliche Interesse an diesem Thema ist aber nachvollziehbar. Porsche hat ein sehr robustes Geschäftsmodell und eine starke globale Marke. Wir sind mit Blick auf Nachhaltigkeit sehr visionär unterwegs. Als erster traditioneller Automobilhersteller wollen wir in 2030 bilanziell CO2-neutral sein. Zugleich treten wir als Technologieunternehmen mit Investitionen in synthetische Kraftstoffe, Ladeinfrastruktur, Batteriezellen und Batteriesysteme auf. Gleichzeitig gilt das Erstgesagte: Die Entscheidung liegt beim Volkswagen Konzern.

Porsche will in Sachen Nachhaltigkeit Vorreiter sein. Bietet es nicht gesellschaftlichen Sprengstoff, wenn ein Sportwagen wie der Taycan als sauber gilt, während ein Kleinwagen mit drei Litern Verbrauch zu den dreckigen Verbrennern zählt. Wie wollen sie dem entgegenwirken?

Für Porsche ist das Thema Nachhaltigkeit kein Trend, sondern eine Verantwortung der Gesellschaft gegenüber. Wir nehmen das Thema sehr ernst und haben deshalb auch einen ganzheitlichen Ansatz entwickelt: ökonomisch, ökologisch und sozial. Wir sehen Porsche in einer Pionierrolle und wollen Vorbild sein. Wir schauen uns bei der Entwicklung unserer Fahrzeuge genau an, welche Materialien wir wählen. Wir betrachten die gesamte Lieferkette, verbessern unsere Produktionsprozesse und blicken auch auf die Energie, die ein Kunde beim Betrieb des Fahrzeugs über dessen Nutzungsdauer benötigt. Und dafür kaufen wir nicht einfach Zertifikate zur Kompensation. Wir erweitern stattdessen den Pool an nachhaltiger Energie, indem wir in diesem Feld direkt investieren. Insgesamt mehr als 1 Mrd. Euro in den nächsten zehn Jahren – zum Beispiel auch für die synthetische Kraftstoffentwicklung und andere Nachhaltigkeitsprojekte. Wir tun dies aus Überzeugung.

Der Energiemix ist ein Problemfeld. Ein anderes bleibt die Ladeinfrastruktur …

In die gerade sehr viel investiert wird. Auch von uns. Wir sind mit Partnern bei Ionity investiert, das sein Angebot deutlich ausweiten wird. Und wir bauen zudem gezielt eigene Ladesäulen auf. Ich bin überzeugt, in fünf Jahren wird die Ladeinfrastruktur kein ernstes Thema mehr sein. Aber wir müssen jetzt weiter Tempo machen.

Helfen könnte da sicher die noch zu bildende Ampel-Koalition. Was erwarten Sie von der kommenden Bundesregierung?

Wir haben positiv aufgenommen, wie der Prozess zur Regierungsbildung aufgesetzt wurde. Auch das Eckpunktepapier der Sondierungsgespräche macht einen differenzierten Eindruck. Wir tauschen uns mit Beteiligten zu Themenfeldern aus, wo wir technologisches Know-how haben. Bevor wir von Erwartungen sprechen, sollten wir der Ampel aber erst einmal die nötige Zeit geben, einen Koalitionsvertrag zu schließen.

Das Interview führte

BZ+
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