Wirtschaftsprüfer

Carillion-Abwickler klagen gegen KPMG

Die Aufarbeitung der Pleite der Nummer 2 der britischen Bauindustrie schleppt sich voran. Der Abwickler von Carillion hat der „Sunday Times“ zufolge eine Klage am High Court gegen KPMG eingereicht.

Carillion-Abwickler klagen gegen KPMG

hip London

Die offiziellen Ab­wickler des britischen Baukonzerns Carillion haben der „Sunday Times“ zufolge eine Klage am High Court gegen den Wirtschaftsprüfer KPMG auf den Weg gebracht. Es gehe um eine Schadenssumme von mehr als 250 Mill. Pfund. Die Abwickler werfen KPMG Sorgfaltspflichtverletzungen bei der Abschlussprüfung vor. Die Prüfer hätten den Abschluss vier Monate vor einer Gewinnwarnung und neun Monate vor dem Zusammenbruch des Unternehmens abgesegnet. Der Board habe auf Grundlage der Prüfungen angenommen, dass das Geschäft „rentabel und nachhaltig“ sei. Im Mai hatte der börsennotierte Prozessfinanzierer Litigation Capital Management (LCM) angekündigt, dass er den Ab­wicklern von Carillion die nötigen Mittel für eine Klage gegen KPMG zur Verfügung stellen wird (vgl. BZ vom 20. Mai).

Spektakuläre Pleite

Carillion gehörte zu einer Reihe von spektakulären Pleiten und Bilanzskandalen, die dafür sorgten, dass die britische Wettbewerbsaufsicht CMA vor drei Jahren die Trennung von Abschlussprüfung und Beratungsdienstleistungen forderte. Die Nummer 2 der britischen Baubranche war im Januar 2018 unter ihrer Schuldenlast zusammengeklappt, nachdem Verhandlungen mit den Gläubigern und der Regierung keine Lösung gebracht hatten. Das Unternehmen hatte Verbindlichkeiten von 7 Mrd. Pfund und verfügte über gerade einmal 29 Mill. Pfund in bar. Wichtige Großprojekte wurden nicht rechtzeitig fertiggestellt, aus Nahost erwartete Gelder flossen nicht. Zu den Verbindlichkeiten gehörte auch ein 587 Mill. Pfund tiefes Loch in der Pensionskasse. Das Unternehmen, das noch im Sommer 2017 einen Börsenwert von fast 1 Mrd. Pfund hatte, betrieb unter anderem 900 Schulen, hielt Gefängnisse instand und war der zweitgrößte Auftragnehmer für die Wartung des Schienennetzes von Network Rail.

Die unabhängige Wirtschaftsprüferaufsicht FRC warf KPMG im September vor, dem Regulierer im Zusammenhang mit der Überprüfung ihrer Tätigkeit für Carillion „falsche und irreführende Informationen“ vorgelegt zu haben. Wie der Financial Reporting Council (FRC) mitteilte, wurde für den 10. Januar eine Anhörung vor einem Ehrengericht angesetzt. Es soll darüber entscheiden, ob sich das Unternehmen und mehrere Einzelpersonen des Fehlverhaltens schuldig gemacht haben. KPMG hatte selbst auf Unstimmigkeiten hingewiesen, als sich der FRC ihre Prüfertätigkeit für Carillion vornahm. Der KPMG-Partner Peter Meehan, der dafür verantwortlich zeichnete, und drei Mitglieder seines Teams wurden von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft suspendiert. Es ging dabei der „Times“ zufolge darum, ob bei der Aufsicht eingereichte Unterlagen rückdatiert wurden. Meehan hat das Unternehmen dem Vernehmen nach Anfang des Jahres verlassen.

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