Lieferdienste

Delivery Hero bläst zum Rückzug

Delivery Hero stellt ihren Essenslieferdienst im Heimatmarkt Deutschland nach kurzer Zeit wieder ein. Übrig bleibt nur das Zentrum Berlins, wo das Geschäft als eine Art Testlabor weiterbetrieben wird.

Delivery Hero bläst zum Rückzug

hek Frankfurt – Wenige Monate nach der Rückkehr in den deutschen Markt wirft der Essenslieferdienst Delivery Hero das Handtuch. Nur der Standort Berlin, wo der Konzern seinen Sitz hat, bleibt als „Innovationszentrum für Pilotprojekte neuer Produktfunktionen und Tech­nologien“ bestehen, teilt das Unternehmen mit. Aus Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, Köln, München und Stuttgart zieht sich Delivery Hero zurück.

An der Börse wurde die Ankündigung wohlwollend aufgenommen. Denn die Befürchtung, dass Delivery Hero viel Geld in einen außerordentlich wettbewerbsintensiven Markt ohne Aussicht auf zeitnahe Rendite investiert, wird hinfällig. Die im Dax vertretene Aktie stieg am Mittwoch im Handelsverlauf um 8%. Auch der Kurs des Wettbewerbers Just Eat Takeaway.com legte deutlich zu. Der niederländisch-britische Konzern be­herrscht mit seiner Tochter Lieferando den hiesigen Markt. Er hat fortan einen Konkurrenten weniger.

Delivery Hero war erst im Sommer unter der Marke Foodpanda wieder in Deutschland gestartet. Der überraschende Rückzug kommt damit einer Niederlage gleich. Hintergrund ist der scharfe Wettbewerb. Foodpanda hatte es nicht nur mit der übermächtigen Lieferando und anderen Konkurrenten wie Uber Eats und Wolt zu tun, sondern auch mit rasant wachsenden Start-ups wie Gorillas, Flink und Getir, die Lebensmittel und andere Fertigwaren ausliefern, – ein Bereich, den Delivery Hero stark forciert. Nicht zuletzt infolge der Pandemie bestellen immer mehr Menschen nicht nur Restaurantmahlzeiten, sondern auch Lebensmittel über Onlineplattformen. Ausgestattet mit hunderten Millionen Investorengeld kämpfen die Expressdienste um einen höheren Anteil am Nahrungsmittelbudget der Konsumenten.

Im Oktober hatte sich Gorillas knapp 1 Mrd. Dollar für die weitere Expansion besorgt. Angeführt wurde die Geldbeschaffung ausgerechnet von Delivery Hero, die 235 Mill. Dollar investierte. Im Dezember folgte der Expressdienst Flink mit einer Finanzierungsrunde über 750 Mill. Dollar, an der sich der mächtige US-Essensdienst­ Doordash beteiligte. Zuvor hatten die Amerikaner ihre Ambitionen in Europa mit der 7 Mrd. Euro schweren Übernahme der finnischen Wolt unterstrichen.

„Ganz andere Realität“

Es sei immer schwieriger geworden, einen echten Mehrwert zu bieten, begründet CEO und Mitgründer Niklas Östberg die Entscheidung für die Geschäftsaufgabe. Auch aus Japan zieht sich Delivery Hero zurück. Hier war Foodpanda Japan im September 2020 an den Start gegangen. Das Geschäft soll im ersten Quartal 2022 verkauft werden. „Wir sehen uns jetzt mit einer ganz anderen Realität konfrontiert als beim Eintritt in diese Märkte“, sagt Östberg. Delivery Hero will die Ressourcen auf andere Märkte, denen größeres Potenzial eingeräumt wird, und den Ausbau des Quick Com­merce, also die schnelle Aus­lieferung von Fertigwaren wie Lebensmitteln, mit den dafür erforderlichen lokalen Lagerhäusern konzentrieren.

Die Kernmärkte befinden sich in Asien und Nordafrika/Naher Osten. Zur Geschäftslage in Deutschland und dem bisherigen Investment macht Delivery Hero auf Nachfrage keine Angaben. Die Mitarbeiter würden weiterbeschäftigt oder erhielten eine Abfindung. Das ursprüngliche Deutschlandgeschäft hatte Delivery Hero im Dezember 2018 für knapp 1 Mrd. Euro an Takeaway verkauft und damit das kräftezehrende Ringen um Marktanteile mit Lieferando beendet. Umso größer war die Überraschung, als der Konzern im Mai 2021 die Rückkehr auf den Heimatmarkt angekündigte. Nach einer Pilotphase in Berlin war Foodpanda in weitere deutsche Städte expandiert. Noch im November hatte Delivery Hero mit Verweis auf die starke Nachfrage angekündigt, in weitere deutsche Städte zu gehen.

Den unerwarteten Rückzug be­gründet das Management mit externen Faktoren wie der wachsenden Anbieterzahl und dem Mangel an Fahrern. Erhalten bleibt die Präsenz im Zentrum Berlins, so dass die Mitarbeiter der Firmenzentrale die eigenen Produkte und Dienstleistungen testen und erleben können.

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