Logistikkonzern

Enttäuschende Zahlen und ein verhaltener Ausblick belasten Aktie von DHL schwer

Der Logistikriese DHL hat kein Interesse mehr an einer Übernahme von Schenker. Die Zahlen für das vergangene Geschäftsjahr wurden im Markt überwiegend negativ aufgenommen, ebenso wie der verhaltene Ausblick.

Enttäuschende Zahlen und ein verhaltener Ausblick belasten Aktie von DHL schwer

DHL verschreckt Investoren mit heftigem Umsatz- und Ergebnisrückgang

Analysten auch vom verhaltenen Ausblick enttäuscht – Aktienrückkäufe aufgestockt – Kein Interesse mehr an Schenker – Kurs zeitweise 7 Prozent schwächer

md Bonn

Die DHL Group (vormals: Deutsche Post DHL Group) hat im vergangenen Jahr deutlich weniger umgesetzt und verdient als im Rekordjahr 2022. Die Erlöse sanken um 13,4% auf 81,8 (i.V. 94,4) Mrd. Euro und der operative Gewinn (Ergebnis vor Zinsen und Steuern, Ebit) um ein Viertel auf 6,34 Mrd. Euro. "Auch bei ausbleibender nennenswerter Erholung der Weltwirtschaft hat DHL Group damit ihre Ergebnisprognose getroffen, die bei mindestens 6,2 Mrd. Euro lag", teilt der Logistikkonzern mit. Die Konsensschätzung der Analysten, die nach Unternehmensangaben bei 6,43 Mrd. Euro lag, wurde jedoch verfehlt.

Hoffnung für zweites Halbjahr

Für die erste Hälfte des laufenden Jahres rechnet DHL nicht mit einem breiten konjunkturellen Aufschwung, sondern mit teils noch weiter rückläufigen Marktvolumina. In der zweiten Jahreshälfte geht der Konzern von einer positiveren weltwirtschaftlichen Dynamik im Vergleich zu 2023 aus. Für 2024 prognostiziert DHL ein Ebit zwischen 6,0 Mrd. und 6,6 Mrd. Euro – die Konsensschätzung im Markt lag bisher bei 6,63 Mrd. Euro – und einen freien Cashflow, bereinigt um Zu- und Verkäufe von Unternehmen oder Unternehmensteilen, von rund 3 Mrd. Euro. In der mittelfristigen Prognose für 2026 – die Mittelfristprognose des Konzerns bezieht sich von der laufenden Berichtsperiode ausgehend stets auf das übernächste Jahr – rechnet DHL mit einem operativen Ergebnis zwischen 7,5 Mrd. und 8,5 Mrd. Euro. 

Investoren reagierten negativ auf das Zahlenwerk und den Ausblick. Zeitweilig notierte die DHL-Aktie auf Xetra 7% schwächer und kostete 38,78 Euro. Damit rangierte der nach Börsenwert rund 46 Mrd. Euro schwere Konzern am Ende der Performance-Rangliste im Dax. Größter Einzelaktionär ist der Bund, der über die KfW 16,45% hält.

Aussagen fehlinterpretiert?

Mit der Vorlage der Neunmonatszahlen hatte die Gruppe Anfang November die anfangs drei makroökonomischen Szenarien für 2023 – die mit unterschiedlichen Ebit-Prognosen für DHL verbunden waren – auf zwei reduziert, so dass für den Fall einer Erholung der Weltwirtschaft zum Jahresende ein operatives Ergebnis von rund 6,6 Mrd. Euro in Aussicht gestellt worden war und für den Fall einer ausbleibenden nennenswerten Erholung ein Ebit von mindestens 6,2 Mrd. Euro. Insofern hat DHL mit einem Ebit von 6,35 Mrd. Euro zwar ihre Prognose eingehalten, doch Analysten wiesen darauf hin, dass damals Aussagen des Vorstands mit Blick auf die Geschäftsentwicklung im vierten Quartal so gedeutet wurden, als ob das Ergebnis noch das obere Drittel der Zielspanne erreichen könnte. Auch deshalb zeigten sich am Mittwoch viele Beobachter enttäuscht von den Ergebnissen.

Melanie Kreis (Jahrgang 1971), Vorstand Finanzen der DHL Group seit Oktober 2014, bestellt bis Mai 2027 Foto: Christoph Papsch/DPDHL

"Was wirklich zählt, ist Cashflow"

Der bereinigte freie Cashflow (ohne Netto-M&A) erreichte im vorigen Jahr 2,94 (3,07) Mrd. Euro und traf damit die DHL-Prognose von rund 3 Mrd. Euro, blieb jedoch leicht unter der durchschnittlichen Analystenerwartung von 3,1 Mrd. Euro. Halb im Spaß, halb im Ernst sagte CFO Melanie Kreis in der Bilanzpressekonferenz: "Ergebnisse wie Ebitda und Ebit sind nur Buchhaltung; das, was wirklich zählt, ist Cashflow."

Das Unternehmen betont, dass das operative Ergebnis und der freie Mittelzufluss deutlich über den Werten des Vor-Pandemie-Jahres 2019 liegen, als 4,13 Mrd. und 867 Mill. Euro erreicht worden waren. Damit habe der Konzern in einem ausgesprochen schwachen Marktumfeld seine gestärkte Ertragskraft demonstriert.

DHL Group (vormals: Deutsche Post DHL Group)
Konzernangaben nach IFRS
in Mill. Euro20232022
Umsatz81.75894.436
Operatives Ergebnis (Ebit)6.3458.436
Jahresüberschuss3.6775.359
Operativer Cashflow9.25810.965
Freier Cashflow2.9423.067
Nettofinanzverschuldung17.73915.856
Dividende je Aktie (Euro)1,851,85
*per 31.12.2022
Quelle: Unternehmen

Den verwässerten Gewinn je Aktie gibt DHL mit 3,04 (4,33) Euro an. Den Aktionären wird auf der Hauptversammlung am 3. Mai eine unveränderte Dividende von 1,85 Euro je Aktie vorgeschlagen. Die Ausschüttungsquote liegt auf Basis des Dividendenvorschlags mit 59% am oberen Ende des Zielkorridors von 40 bis 60%. Kreis erinnerte vor Journalisten an das Vorjahr, als einige Marktakteure Kritik an der verhaltenen Dividendenerhöhung – trotz des Rekordgewinns – geübt hatten. Dies habe man damals mit Blick auf die absehbare Schwäche im Welthandel und der globalen Konjunktur sowie im Sinne der Bilanzkontinuität entschieden.

Noch 1,6 Mrd. Euro für Rückkäufe übrig

Das bestehende Aktienrückkaufprogramm, dessen Laufzeit bisher mit 2022 bis 2024 angegeben worden war, wurde bis 2025 verlängert und das Volumen um 1 Mrd. auf 4 Mrd. Euro aufgestockt. Im Berichtsjahr seien Aktien für insgesamt 925 Mill. Euro angekauft worden, in diesem Jahr bereits 400 Mill. Euro. Noch stünden 1,6 Mrd. Euro für Rückkäufe zur Verfügung, sagte Kreis.

"Die strategischen Investitionen der letzten Jahre haben unsere Finanzkraft strukturell verbessert", sagte Kreis. "Davon profitieren wir auch in Phasen mit schwacher wirtschaftlicher Dynamik." Zusätzlich habe die Gruppe 2023 die Preis- und Kostenstruktur optimiert. "Damit ist DHL Group robust aufgestellt."

Tobias Meyer (Jahrgang 1975), Vorstandsvorsitzender der DHL Group seit Mai 2023, bestellt bis März 2027 Foto: Christoph Papsch/DPDHL

"Keine großen Skaleneffekte"

Wie am Mittwoch bekannt wurde, hat DHL kein Interesse mehr an einer Übernahme des zum Deutsche-Bahn-Konzern gehörenden Wettbewerbers Schenker. Diese klare Ansage machte DHL-Vorstandschef Tobias Meyer am Tag der Bilanzvorlage. "Es gibt bessere Möglichkeiten, unser Kapital einzusetzen", sagte der CEO des Bonner Konzerns vor Medienvertretern. Schenker biete nicht das Wertsteigerungspotenzial, das man bei DHL erwarte, so Meyer weiter. Ein Zusammenschluss hätte "keine großen Skaleneffekte" ergeben. Ohnehin seien in der Logistikbranche Synergien schwer zu heben.

Die Frist für sogenannte indikative Angebote läuft nach Angaben aus Marktkreisen Ende des Monats ab. DHL galt als einer der heißesten Kandidaten aus der Branche, die an Schenker hätten interessiert sein können.

Die DHL Group hat im vergangenen Jahr gut 13% weniger umgesetzt und ein Viertel weniger verdient als im Rekordjahr 2022. Analysten hatten im Schnitt mehr erwartet. Auch der verhaltene Ausblick des Logistikkonzerns wurde negativ aufgenommen. Am Kauf des Rivalen Schenker ist DHL nicht mehr interessiert.


Mehr zum Thema:

Investoren sollten cool bleiben - Kommentar zu den Bilanzzahlen der DHL

Erste Feuerprobe für DHL-Vorstand Tobias Meyer

Bund versilbert milliardenschweres Post-Aktienpaket


BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.