Arndt Schoenemann

Flugsicherung muss womöglich weitere Darlehen aufnehmen

Die Deutsche Flugsicherung (DFS) erhöht die Gebühren weniger stark als zunächst geplant. Weil dem aber laut DFS-Chef Arndt Schoenemann „zu optimistische“ Prognosen für den Flugverkehr zugrunde liegen, braucht das staatseigene Unternehmen womöglich weitere Mittel.

Flugsicherung muss womöglich weitere Darlehen aufnehmen

Von Lisa Schmelzer, Frankfurt

Die Deutsche Flugsicherung (DFS) hat die Gebühren angehoben, allerdings fallen die Aufschläge weniger deutlich aus als zunächst geplant. Eigentlich sollten sich die Gebühren für An- und Abflug um 120% erhöhen, nun wurde in Gesprächen zwischen Airlines, Politik und DFS ein geringerer Aufschlag vereinbart – das Plus beträgt nun noch 68%, immer noch eine deutliche Verteuerung, kritisieren die Fluggesellschaften. Dem Chef der Flugsicherung, Arndt Schoenemann, bereitet diese geringere Erhöhung indes Sorgen, wie er im Gespräch mit der Börsen-Zeitung ausführt. Seiner Ansicht nach ist die Leistungsplanung für die Gebührenfestlegung von Eurocontrol „zu optimistisch“ ausgefallen. Erwartet wird dort für 2022 knapp 90% des Verkehrs von 2019, „wir gehen von maximal 75 bis 80% aus“.

Kapitalerhöhung und Kredite

Dadurch könnte sich bei den Einnahmen der Flugsicherung eine Lücke auftun. Im vergangenen Jahr hatte der Eigentümer Bund der DFS eine Kapitalerhöhung von 300 Mill. Euro zukommen lassen, „damit haben wir das negative Eigenkapital ausgeglichen. Das heißt, der Bund hat uns kurzfristig unterstützt, damit wir unsere Rechnungen zahlen können – das ist kein Automatismus“, betont der DFS-Chef. Zudem hat die Flugsicherung Darlehen über 500 Mill. Euro bei Banken aufgenommen. Als Staatsunternehmen profitiert die DFS dabei von einem „AAA“-Rating. „Möglicherweise werden wir dieses Jahr ein weiteres Darlehen aufnehmen müssen“, sagt Schoenemann. Eventuell wird der Gesellschafter dieses Darlehen gewähren.

Über die 300 Mill. Euro vom Staat, die im vergangenen Jahr geflossen sind, gibt es im Übrigen eine lebhafte Diskussion. Noch ist nicht geklärt, ob und wann die DFS das Geld zurückzahlen muss. Die Fluggesellschaften finden, dass die Bundesmittel bei der DFS verbleiben und dafür genutzt werden sollten, um Gebührensenkungen möglich zu machen. „Die Erlösausfälle können nicht allein die Airlines tragen. Das führt für die in Deutschland beheimateten Fluggesellschaften zu einem Wettbewerbsnachteil und wird die Erholung der deutschen Luftverkehrsbranche er­schweren. Nötig sind ein nachhaltiges staatliches Engagement und ein Konzept von Flugsicherung und Luftraumnutzern für eine gemeinsame krisensichere Finanzierung“, sagte kürzlich der Chief Operating Officer (COO) der Lufthansa, Detlef Kayser.

Das Problem ist, dass die DFS einen hoheitlichen Grundauftrag zu erfüllen hat, deshalb muss der Luftraum offen gehalten werden, „auch wenn kein einziges Flugzeug fliegt“, betont Schoenemann, der seinen Posten als DFS-Chef mitten in der Coronavirus-Pandemie, am 1. April letzten Jahres, angetreten hat. Die Rolle der Flugsicherung als kritische Infrastruktur erfordere den Personaleinsatz von rund 70% der Lotsen und rund 90% der Techniker. Deshalb ist das Unternehmen immer mit einem gewissen Kostenblock unterwegs, dazu kommt der verkehrsabhängige Aufwand. Kostensenkungen sind vor diesem Hintergrund nicht unbegrenzt möglich, auch wenn Schoenemann darauf verweist, dass die DFS den Aufwand zwischen 2019 und 2021 „deutlich“ gesenkt hat. Die Kosten für die Flugsicherung müssen die sogenannten Luftraumnutzer tragen, zu denen neben den Fluggesellschaften beispielsweise auch das Militär gehört.

Stärker in die Pflicht nehmen wollen die Airlines die Flugsicherungen der europäischen Länder beim Thema Umweltschutz. Denn dass es keinen einheitlichen europäischen Luftraum (Single European Sky) gebe, sorge für Umwege und damit für mehr CO2-Emissionen, monieren die Verantwortlichen der Fluglinien immer wieder. Den Single European Sky im oberen Luftraum umzusetzen sei „kein Hexenwerk“, so der DFS-Chef, „aber da muss der politische Wille da sein“. Bei An- und Abflug beeinflussen dagegen die topografischen Gegebenheiten die Routen und dazu kommen die Erfordernisse des Lärmschutzes – „da ist der kürzeste Weg nicht immer der beste“.

Technologiesprünge erwartet

Schoenemann selbst sieht sein Unternehmen vor der Herausforderung, die Drohnen in den Luftraum zu integrieren und die Voraussetzungen beispielsweise für unbemanntes Fliegen zu schaffen – „da werden wir in den nächsten Jahren Technologiesprünge sehen.“ Für den Bereich Drohnen hat die DFS mit der Deutschen Telekom das Joint Venture Droniq gegründet. Ausweiten will das Unternehmen, zu dessen Privatisierung es anders als vor einigen Jahren keine Überlegungen gibt, zudem seine Aktivitäten mit sogenannten Remote Towers, bei der die Flugsteuerung an Flughäfen nicht mehr vor Ort im Tower, sondern aus der Ferne geschieht. Hier kann sich Schoenemann auch vorstellen, im Ausland aktiv zu werden.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.