Aufrüstung

Für Rheinmetall bricht eine neue Ära an

Rheinmetall sieht rosigen Zeiten entgegen. Schon in diesem Jahr winkt aus dem erhöhten Verteidigungsbudget samt Sondervermögen von 100 Mrd. Euro ein Zusatzumsatz von 400 bis 500 Mill. Euro.

Für Rheinmetall bricht eine neue Ära an

ab Köln

Die Neubewertung deutscher Sicherheitsinteressen im Gefolge des Ukraine-Kriegs wird Rheinmetall die Taschen füllen – und zwar langfristig. Daran ließ Vorstandschef Armin Papperger in der Bilanzpressekonferenz keine Zweifel. Schon im laufenden Geschäftsjahr soll aus dem erhöhten Verteidigungsbudget samt 100 Mrd. Euro Sondervermögen ein Zusatzumsatz von 400 bis 500 Mill. Euro erwirtschaftet werden. Insgesamt kalkuliert Rheinmetall 2022 mit einem Umsatzanstieg im Rüstungsgeschäft von 1 Mrd. Euro nach einem Umsatz von 3,8 Mrd. Euro im Vorjahr.

Angesichts der seit dem 24. Februar veränderten Lage haben die Düsseldorfer ihre Prognose angepasst: War vor Kriegsausbruch mit einem Umsatzplus von 8 bis 10 % und einer operativen Marge von 10 bis 11 % kalkuliert worden, wird nun ein Erlöszuwachs um 15 bis 20 % bei einer auf mehr als 11 % erhöhten Umsatzrendite bezogen auf das bereinigte Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) erwartet. Darin noch nicht berücksichtigt sind etwaige Aufträge aus anderen Mitgliedstaaten der Nato, wie Papperger sagte. Denn nicht nur Deutschland habe sich unter dem Eindruck des Krieges in unserer Nachbarschaft zur Aufstockung des Rüstungsetats auf 2 % des Bruttoinlandsprodukts durchgerungen. Auch Frankreich, Polen, Rumänien, Lettland und Italien hätten eine Erhöhung der Verteidigungsausgaben angekündigt.

Kurzfristig realisierbare Rüstungsprojekte erstreckten sich auf Munition, Logistik (Lkw) und Schutzsysteme für Soldaten – hier bewege sich die Vorlaufzeit zwischen sechs und zwölf Monaten, 12 bis 24 Monate seien bei Radpanzern und Schützenpanzern zu veranschlagen. Das größte Risiko, die wachsende Nachfrage auch bedienen zu können, liegt nach Einschätzung von Papperger in der Verfügbarkeit von Vorprodukten – seien es elektronische Bauteile oder Stahl. Pandemiebedingt habe Rheinmetall in den vergangenen Monaten jedoch die Rohstoff- und Materialbestände aufgebaut.

Das zweitgrößte Risiko liege im Personalaufbau, benötigt Rheinmetall weltweit doch bis zu 3000 zu­sätzliche Beschäftigte. Doch auch an dieser Stelle gibt sich der Konzernchef entspannt, sei das Unternehmen doch ein attraktiver Arbeitgeber. Offene Stellen würden in der Regel binnen 80 Tagen besetzt. Mit den internen Vorbereitungen auf die zu erwartende Auftragsflut sei begonnen worden, zusätzliches Personal werde allerdings erst eingestellt, wenn Aufträge auch unterschrieben seien.

Rekord im Auftragsbestand

Keinen Engpass sieht Rheinmetall dagegen bei den Fertigungskapazitäten, die allein schon durch einen Mehrschichtbetrieb erweitert werden könnten. Rheinmetall sei in der Lage, flexibel auf Mehrbedarfe zu reagieren, sagte Papperger. Bei Aufträgen aus dem Ausland für schweres Gerät geht Rheinmetall nach den Angaben ohnehin nicht ins eigene Risiko. Dort bauten die staatlichen Auftraggeber die Werke, die Rheinmetall im Anschluss anmiete.

Mit dem gestiegenen Sicherheitsbewusstsein innerhalb der Nato-Staaten geht das Exportrisiko zugleich weiter zurück. Entfielen 2021 vom Auftragsbestand im Rüstungsgeschäft von 13,9 Mrd. Euro bereits 87 % auf Nato-Staaten, dürften es 2022 „weit über 90 %“ sein.

In die neue Wachstumsphase kann Rheinmetall mit einem Rekordjahr im Rücken starten. Zudem ist die Weiterentwicklung zum integrierten Technologiekonzern organisatorisch vollendet, wie Papperger sagte. Sowohl im operativen Ergebnis als auch im freien Cashflow erzielte Rheinmetall mit 594 Mill. Euro bzw. 419 Mill. Euro 2021 Höchstwerte.

Zugleich erreichte der Auftragsbestand zum Bilanzstichtag mit 24,5 Mrd. Euro ein Allzeithoch. Dazu beigetragen hat neben volumenstarken Großaufträgen von militärischen Kunden auch die weltweit anziehende Auftragsvergabe der Autohersteller. Nach Steuern blieben 332 (i.V. 1) Mill. Euro hängen. Dabei gilt es zu berücksichtigen, dass das nicht fortgeführte Geschäft mit einem Verlust von 100 Mill. Euro belastete. Die Erhöhung der Dividende auf 3,30 (2) Euro hatte Rheinmetall schon im Februar kommuniziert.

Einziges Haar in der Suppe ist, dass Rheinmetall noch immer keinen Käufer für das vor Jahresfrist zum Verkauf gestellte Kolbengeschäft (nicht fortgeführtes Geschäft) ge­funden hat. Daher werde jetzt zum Verkauf der Einzelteile übergegangen, sagte Papperger. Hoffnungsfroh gab sich der Rheinmetall-Chef dabei für das Großkolbengeschäft. Hier dürfte in den nächsten Monaten ein Verkaufsvertrag unterschrieben werden.

Rheinmetall
Konzernzahlen nach IFRS
in Mill. Euro20212020
Umsatz5 6585 405
Bereinigtes Ebit594446
Ebit608398
Konzernergebnis3321
 fortgef. Geschäft432284
Ergebnis/Aktie (Euro)6,72– 0,62
Dividende/Aktie (Euro)3,302,00
Free Cashflow419217
Nettofinanzposition1184
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