Klimaschutz

Grün gewaschene Unternehmen

Eine Studie der Elite-Universität Edhec prangert Greenwashing bei Fonds an: Die Gewichtung von Werten in den Portfolios grüner Fonds hänge nur geringfügig von Klimadaten ab.

Grün gewaschene Unternehmen

cru Frankfurt

Unternehmen, die stark zur Erderwärmung beitragen, müssen sich keine Sorgen machen, deshalb aus den wachsenden Portfolios großer Vermögensverwalter herauszufliegen, die den Klimaschutz auf ihre Fahnen schreiben. Die überwiegende Mehrheit der Fonds, die vorgeben, Netto-Nullemissions-Investmentstrategien zu verfolgen, ist mit „großen und offensichtlichen Greenwashing-Risiken“ behaftet. Das geht aus einer bisher unveröffentlichten umfassenden Studie der Pariser Elite-Wirtschaftshochschule Edhec hervor, die am Dienstag nächster Woche (21. September) offiziell vorgestellt wird.

Eines der Greenwashing-Risiken ist die Versuchung der Vermögensverwalter, das System zu manipulieren, um bessere „grüne Noten“ zu erhalten – anstatt so in Aktien zu investieren, dass sie den Unternehmen Anreize bieten, gegen den Klimawandel vorzugehen. „Wer untersucht, wie die meisten der größten Klimafonds tatsächlich investiert sind, findet nur wenige Unterschiede im Vergleich zu Marktbenchmarks wie dem Standard & Poor’s 500“, sagt Felix Goltz, Mitglied des Edhec-Scientific-Beta-Forschungslehrstuhls, der die Studie erstellt hat. „Obwohl Investoren und Manager ausgiebig über die Verwendung von Klimadaten bei der Konstruktion ihrer Portfolios kommunizieren, machen diese Datenpunkte im Durchschnitt höchstens 12% der Bestimmungsfaktoren für die Gewichtung der Portfolioaktien aus“, sagt Goltz. Anders ausgedrückt bedeutet dies, dass 88% der Faktoren, von denen sich ein Klimafonds leiten lässt, die gleichen sind, die auch hinter jeder anderen nicht grünen Anlage stehen – darunter vor allem die Marktkapitalisierung der Unternehmen.

„Während Vermögensverwalter ausführlich über die Verwendung von Klimadaten bei der Zusammenstellung ihrer Umwelt-, Sozial- und Corporate-Governance-(ESG)-Portfolios sprechen, werden viele Fonds nicht in einer Weise geführt, die mit der Förderung einer solchen Wirkung vereinbar ist“, schreiben die Edhec-Wissenschaftler in ihrem 65-seitigen Bericht mit dem Titel „Doing good or feeling good? – Aufdeckung von Greenwashing bei Klima-Investitionen“. Die Ergebnisse fügen sich in eine wachsende Zahl von Untersuchungen ein, die die Klima- und ESG-bezogene Glaubwürdigkeit dieses aufblühenden Geschäftsfelds der Vermögensverwaltungsbranche in Frage stellen. Die Aufsichtsbehörden in den USA und in Deutschland haben – unter anderem beim deutschen Marktführer DWS – getrennte Untersuchungen zu potenziell irreführenden Anlageprodukten eingeleitet, die mit ihrer ESG-Glaubwürdigkeit werben.

Kein Anreiz, grüner zu werden

Das derzeitige System belohnt laut Edhec Unternehmen, die Schritte zur Dekarbonisierung unternehmen, nicht in dem Maße, wie es sie für nicht umweltbezogene Faktoren belohnt – wie für gute Finanzergebnisse oder Leistungen bei sozialen und Governance-Kriterien, die nichts mit dem Klimawandel zu tun haben. Tatsache ist laut Edhec, dass Investoren häufig ihre Bestände an Aktien von Unternehmen erhöhen, deren Klimabilanz sich verschlechtert hat.

Die Branche verwende „Klimastrategien, die den traditionellen gewichteten Strategien sehr ähnlich sind“. So seien beispielsweise neun der zehn größten Positionen im 22,5 Mrd. Dollar schweren grünen Indexfonds namens iShares ESG Aware MSCI USA ETF dieselben wie die am stärksten gewichteten Unternehmen, die den S&P500 ausmachen. Obwohl Geldverwalter Klimaziele verfolgen, sei ihr Einfluss auf die Umwelt minimal. Das Erreichen großer Verbesserungen der Kohlenstoffkennzahlen auf Portfolioebene sei „für das Produktmarketing attraktiv, aber es ist nicht garantiert, dass es sich in der realen Welt auswirkt“.

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