Staatshilfen

Italiens Autoindustrie ruft nach Hilfe

Italiens Automobilverband Anfia hofft auf Impulse durch neue Staatshilfen und kritisiert die EU für die einseitige Förderung von Elektroautos.

Italiens Autoindustrie ruft nach Hilfe

bl Mailand

Der italienische Automobilverband Anfia hofft auf Impulse durch neue staatliche Hilfen für den Kauf lokal schadstofffreier oder schadstoffarmer Autos, die weniger als 135 Gramm CO2 pro Kilometer ausstoßen, und kritisiert die EU für die „einseitige Förderung“ der Elektromobilität. Per Ende Mai gingen die Zulassungszahlen um 24,3% auf 557 000 Einheiten zurück.

Anfia-Präsident Paolo Scudieri malte ein düsteres Bild des Sektors in Italien. Er fürchtet einen Kahlschlag in der Branche, die 2021 auf einen Umsatz von 92,7 Mrd. Euro kam. Die 5156 Unternehmen be­schäftigen direkt oder indirekt 268 300 Mitarbeiter. Anfia fürchtet durch die Umstellung auf die Elektromobilität den Verlust von 73 000 Arbeitsplätzen. Dagegen entstünden nur rund 6000 neue Jobs.

Scudieri kritisierte die Politik der EU. „Wir können nicht eine ganze Industrie von einer in China entwickelten Technologie abhängig machen“, warnte der Anfia-Präsident. Es sei „schizophren“ auf eine einzige Technologie zu setzen. Er hält es für notwendig, auch Biokraftstoffe, Wasserstoffantriebe und traditionelle Antriebssysteme zu fördern. Andernfalls gingen selbst erfolgreiche Unternehmen wie Ferrari, Maserati oder Lamborghini schweren Zeiten entgegen.

Diese Nischenanbieter, allesamt italienische Unternehmen, würden besonders getroffen vom Ziel der EU, bis 2035 alle CO2-Emissionen zu stoppen. Der Verband wies darauf hin, dass Elektroautos nur dann „sauber“ seien, wenn ihr Strom aus erneuerbaren Quellen stamme.

Der Abwärtstrend der Branche in Italien setzte sich 2021 fort. Die Branche, die noch im Jahr 2000 etwa 1,7 Mill. Fahrzeuge produzierte, fertigte 2021 weniger als die Hälfte dieses Volumens. Italien wurde von Tschechien und der Slowakei überholt und ist in Europa nur noch siebtgrößter Hersteller. Industrieminister Giancarlo Giorgetti forderte die EU auf, auch „geopolitische Faktoren“ wie den Erhalt der Produktion an traditionellen Standorten wie Italien zu berücksichtigen. Scudieri appellierte an die Europaparlamentarier, bei der Abstimmung zum Paket „Fit for 55“ am 7. und 8. Juni die Interessen Italiens zu berücksichtigen.