Johannes Schmidt, Indus

„Keine Euphorie, aber vorsichtiger Optimismus“

Bei der Beteiligungsgesellschaft aus Bergisch Gladbach ist mit Blick auf das neue Jahr nur wenig von den allgemeinen Konjunktursorgen zu spüren. Der hohe Sanierungsbedarf bei Gebäuden und in der Infrastruktur lässt die Beteiligungen auf eine kräftige Nachfrage hoffen.

„Keine Euphorie, aber vorsichtiger Optimismus“

Von Karolin Rothbart, Frankfurt

Die Beteiligungsgesellschaft Indus Holding blickt trotz bestehender Rezessionssorgen in der Gesamtwirtschaft einigermaßen zuversichtlich auf die Unternehmensentwicklung im neuen Jahr. „Wir lesen ja jeden Tag in der Zeitung, dass 2023 ganz schlimm werden soll“, sagte Vorstandschef Johannes Schmidt im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. „So sehen wir das nicht. Wir haben jetzt unsere Budgetgespräche mit allen Beteiligungen hinter uns gebracht, und es herrscht zwar keine Euphorie, aber doch ein vorsichtiger Optimismus.“

Selbst im Segment Infrastructure, das unter anderem Unternehmen aus der Bau- und Gebäudetechnik umfasst und damit einen Bereich, der 2022 teils mit starkem Gegenwind zu kämpfen hatte, herrsche Gelassenheit. „Wir haben viele Unternehmen, die sich mit dem Thema Renovierung oder energetische Sanierung beschäftigen“, sagt Schmidt. „Die sehen überhaupt keine Eintrübung, auch nicht für das nächste Jahr. Die sagen: ‚Es gibt so viel Rückstau, gerade im Bereich Sanierung, dass das Geschäft sehr gut weiterlaufen wird.‘“

Segmente umsortiert

Indus Holding konzentriert sich mit seinen aktuell 47 Beteiligungen auf den deutschsprachigen indus­triellen Mittelstand. Das SDax-Unternehmen aus dem nordrhein-westfälischen Bergisch Gladbach hatte sich mit Beginn des Jahres 2023 eine neue Konzernstruktur verpasst. „Wir schärfen damit unsere Strategie und fokussieren uns auf das Thema Industrietechnik“, sagte Schmidt. Die Fahrzeugtechnik, jahrelang verlustreiches Sorgenkind von Indus, wurde dabei aufgelöst und vier der sechs Beteiligungen auf die neuen Kernsegmente Infrastructure, Materials und Engineering verteilt. „Aurora, ein Hersteller von Heizungs- und Klimatechnik, kommt in das Segment Infrastructure. Ipetronik, ein Hersteller von Messtechnik und Entwicklungsdienstleistungen, passt sehr gut in das Segment Engineering, und die Beteiligungen Bilstein & Siekermann sowie Sitek – beides Hersteller von Metallteilen – werden dem Segment Materials zugeordnet“, erläutert Schmidt.

Insolvenz von SMA belastet

Die Beteiligung S.M.A. Metalltechnik (SMA), früher ebenfalls Teil des Segments Fahrzeugtechnik, hatte im Oktober Insolvenz angemeldet. Dem Unternehmen aus Backnang bei Stuttgart sei es nicht gelungen, notwendige Anpassungen der bestehenden Lieferverträge mit Großkunden zu erreichen, wie es damals hieß. 61 Mill. Euro schrieb Indus Holding in der Folge auf die Tochter ab, was die Erwartungen an das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) im Jahr 2022 auf 46 bis 61 Mill. Euro reduzierte. Ohne den Einmaleffekt soll das Ergebnis bei 115 bis 130 Mill. Euro liegen. Bei Analysten war der Schritt dennoch positiv angekommen: „Die nicht liquiditätswirksamen Wertminderungen sind zu­nächst schmerzhaft, sorgen aber auch für eine Stärkung der Bilanzqualität“, konstatierte Winfried Becker von Frankfurt Main Research Mitte November. Derzeit raten drei Analysten auf Bloomberg zum Kauf der Aktie. Zwei empfehlen dagegen, das Papier zu halten. Ein Verkaufs-Urteil gibt es derzeit nicht.

Zwar war SMA der größte Verlustbringer der Sparte. Doch auch wenn man die Einmalaufwendungen aus der Insolvenz und die operativen Verluste dieser Beteiligung herausrechnet, lag das Segment im dritten Quartal noch immer im Minus. „Das ist insbesondere den Unternehmen Selzer und Schäfer geschuldet“, sagt Schmidt. Der Serienzulieferer und der Modellbauer wurden in der Folge als Übergangslösung im Segment „Non-Core“ gebündelt und sollen bis zum Jahresende 2023 verkauft werden. „Es gibt die klare Bereitschaft beim Vorstand, diesen Problembereich jetzt abzuwickeln und sich auch in einer Zeit von nicht so hohen Bewertungen von den Unternehmen zu trennen“, bekräftigt der CEO.

Aus der Medizintechniksparte

Mit der Neuaufstellung ist bei Indus aber nicht nur die Fahrzeugtechnik als Sparte weggefallen. Auch die fünf Beteiligungen aus dem früheren kleinsten Segment, der Medizin- und Gesundheitstechnik, wurden einer der drei neuen Kernsparten (Materials) zugeordnet. „Wir wollen die Unternehmen behalten, aber unsere Aktivitäten in dem Bereich strategisch nicht mehr erweitern“, sagt Schmidt. Das Thema sei aus makroökonomischer und demografischer Sicht zwar durchaus zukunftsträchtig. „Aber wenn man auf unsere Kompetenzen schaut, dann sieht man uns ganz sicher nicht als Medizintechnikspezialisten.“ Hinzu komme, dass die Kaufpreise für Unternehmen in dem Bereich sehr hoch seien. „Ein Wachstum in der Sparte hätte also bedeutet, dass wir in unseren anderen angestammten Bereichen, wo wir ja sehr erfolgreich unterwegs sind, nichts mehr hätten tun können.“ Nicht zuletzt sei man in der Holding derzeit auch mit der Profitabilität der Medizintechnik-Beteiligungen nicht zufrieden. Im dritten Quartal lag die Ebit-Marge in dem Bereich bei −22,4 %.

Abgesehen davon sei 2022 aber gut verlaufen, sagt Schmidt. „In den drei großen Segmenten Bau/Infrastruktur, Maschinen- und Anlagenbau und Metalltechnik waren wir bis zuletzt wirklich unerwartet stabil unterwegs. Ich würde auch sagen, dass es den Beteiligungen gut gelungen ist, die Kostensteigerungen über Preiserhöhungen weiterzugeben.“ An der Börse waren die Kursverluste von Indus vor dem Hintergrund vergleichsweise gering ausgefallen. Wo der Nebenwerteindex SDax im vergangenen Jahr um mehr als 27 % nachgegeben hatte, belief sich das Minus bei der Beteiligungsholding nur auf knapp 11 %.

Interesse an China sinkt

Um die Unternehmen auf das Thema Preisverhandlungen vorzubereiten, hatte Indus unter anderem entsprechende Schulungen angeboten. „Die waren sehr stark gefragt“, erzählt Schmidt. „Da wird dann wirklich geübt, wie man das angeht. Da sitzen die Vertriebler und Geschäftsführer drin und nehmen die Rolle des Einkäufers und des Verkäufers ein. Dann wird das mit einem Trainer durchexerziert und hinterher analysiert. Ich glaube, es gibt dabei sogar auch einen Spaßfaktor.“

Weniger spaßig war für die deutsche Industrie zuletzt hingegen die Frage regionaler Abhängigkeiten, vor allem mit Blick auf China. Spätestens seit dem russischen Angriff auf die Ukraine vor nun fast einem Jahr sind die Rufe aus der Politik, der Wissenschaft und auch von Verbänden wieder lauter geworden, be­stehende Klumpenrisiken in den Lieferketten und bei der Umsatzverteilung zu reduzieren. Der anhaltende China-Taiwan-Konflikt hat die Diskussionen zusätzlich befeuert.

Dass das bei den Firmen angekommen ist, merkt auch Schmidt: „Wenn wir im Moment Gespräche mit unseren Geschäftsführungen führen, dann gibt es schon eine relativ große China-Skepsis“, sagt er. Daran, dass die Beteiligungen im Schnitt derzeit ohnehin nicht übermäßig stark in der Volksrepublik engagiert seien, dürfte sich absehbar somit wenig ändern. „Der Drang, nach China zu gehen, hat sicher etwas nachgelassen. Das Interesse, auch in Nordamerika mehr zu tun, hat wiederum eher zugenommen, weil natürlich auch der US-Markt generell ein großer und stabiler Markt ist“, sagt Schmidt. So oder so sei der Ansatz in ausländischen Märkten aber schon immer „Local for Local“ gewesen, also Produkte dort herzustellen, wo sie am Ende auch gebraucht werden.