Windows 11

Microsoft öffnet Windows

Microsoft wagt mit Windows 11 einen drastischen Paradigmenwechsel. Auf der „offenen Plattform“ des neuen Betriebssystems sollen künftig auch Programme laufen, die mit der Google-Software Android entwickelt wurden. Sie werden über den Amazon-Store bezogen.

Microsoft öffnet Windows

Von Heidi Rohde, Frankfurt

Das Neue an Windows 11, die jüngste Version des PC-Betriebssystems von Microsoft, dessen Reihe ursprünglich mit der Version Nummer 10 hätte beendet werden sollen, ist nicht auf den ersten Blick ersichtlich. Im Gegenteil: IT-Experten und Fachberichterstatter heben die große Ähnlichkeit der Funktionen und Anwendungsoberfläche hervor. Eine Neuigkeit, die wenig überraschend kommt, ist die Integration der Teams-Software direkt in Windows, so dass die Hürden für eine Benutzung nochmals deutlich gesenkt werden. Die Kollaborationssoftware von Microsoft ist jetzt schon eines der meistgenutzten Tools für Videokonferenzen und virtuelle Zusammenarbeit, die durch die Pandemie einen starken Schub erhalten haben. Der Schritt dürfte geeignet sein, dem Softwarekonzern einen wachsenden Vorsprung vor Konkurrenten wie Webex oder Zoom zu geben.

Eingebaut wird über eine neue Xbox-App auch das hauseigene Spiele-Abo Games Pass. Auch hier setzt Microsoft darauf, die Wachstumsdynamik der Sparte über die Pandemie hinauszutragen.

Deal mit Amazon

Am meisten Beachtung verdienen indes die Neuerungen für den bisher nur wenig genutzten App Store. Microsoft ist es trotz aller Anstrengungen bisher nicht gelungen, mit einer eigenen Plattform ein vergleichbar erfolgreiches Ökosystem aufzubauen, wie dies Apple, Google oder auch Amazon und Facebook geschafft haben. Die sind aus genau diesem Grund – der überragenden Marktmacht ihrer Plattformen und des Potenzials ihrer Datenschätze – ins Visier der Kartellwächter geraten. Obwohl der Justizausschuss des US-Re­präsentantenhauses an einer Gesetzesvorlage arbeitet, die die Wettbewerbsaufsicht speziell mit Blick auf Technologieunternehmen mit einer Marktkapitalisierung von mehr als 600 Mill. Dollar schärfen soll, hat es Microsoft bisher geschafft, nicht Teil des Adressatenkreises zu sein. Die Marktkapitalisierung des Konzerns kreist indes um die 2-Bill.-Dollar-Marke, ein klares Indiz für die Wirtschafts- und Finanzkraft des Unternehmens.

Dennoch erfüllt Microsoft bisher nicht die Kriterien, die einen Plattformriesen ausmachen, was dazu geführt hat, dass der Konzern in diesem Fall zunächst unter dem Radarschirm der Wettbewerbshüter blieb.

Der Softwaregigant setzt nun viel daran, dass dies so bleibt, obwohl die Belebung des eigenen Stores und das Bemühen um einen Plattformcharakter das vielleicht wichtigste neue Element bei Windows 11 sind. Neben Windows-Programmen wird man auf den Computern auch Apps für das Google-Betriebssystem Android nutzen können, wie nun angekündigt wurde. Sie kommen über Amazons Android-Store auf die Plattform und werden mit Hilfe von Technologie des Chipkonzerns Intel zum Laufen gebracht. Konzernchef Satya Nadella wird nicht müde zu betonen, dass Windows als Plattform gedacht sei – zum „Spielen, Lernen und Arbeiten“.

Durch die Öffnung für Applikationen, die mit und für Fremdsoftware (Android) gebaut wurde, erhofft sich Microsoft nicht nur endlich mehr Attraktivität für die weltweite Entwicklergemeinde, sondern schlägt auch erneut eine Brücke in die Welt des Mobile Internet, das in höchstem Maße von der Android-Plattform dominiert wird. Damit schlägt der Konzern zwei Fliegen mit einer Klappe: Er hofft, die Kartellwächter weiter einzulullen und zugleich die Relevanz der eigenen Produkte für eine Klientel zu sichern, für die Interaktion im Netz immer wichtiger wird. Damit positioniert sich der Monopolist der PC-Ära für den derzeit am schnellsten wachsenden Gerätemarkt, den der Laptops. Die mobilen Endgeräte für die berufliche Nutzung haben den anfänglichen Siegeszug der Tablets inzwischen ausgebremst. Das Segment zeigt seit längerem Anzeichen von Sättigung. Die Experten von Gartner erwarten auch in naher Zukunft keine Trendwende, während die Zahl der weltweit verkauften Laptops bis 2022 deutlicher steigen soll.