RECHT UND KAPITALMARKT - IM INTERVIEW: MICHAEL SCHLITT

Neue Regeln für Quartalsberichte strahlen auf Übernahmen aus

Siegel des Wirtschaftsprüfers erfordert nicht immer Aktionärsbeschluss

Neue Regeln für Quartalsberichte strahlen auf Übernahmen aus

– Herr Professor Schlitt, mit der Änderung der Transparenzrichtlinie gelten für die quartalsweisen Berichtspflichten im ersten und dritten Vierteljahr neue Regelungen, und auch die Frankfurter Wertpapierbörse hat ihren notierten Unternehmen mehr Freiheiten erlaubt. Das gibt den Emittenten mehr Spielraum?Ja, das ist richtig. Die gesetzliche Verpflichtung zur Veröffentlichung von Finanzberichten zum Stichtag des ersten und dritten Quartals eines Geschäftsjahres ist durch die Umsetzung der Änderung der Transparenzrichtlinie entfallen. Auch die Regelungen für den Prime Standard der Frankfurter Wertpapierbörse wurden erleichtert. So muss der Emittent keinen vollen Quartalsfinanzbericht mehr, sondern nur noch eine Quartalsmitteilung erstellen.- Welchen Inhalt muss eine solche Quartalsmitteilung haben?Präzise Vorgaben zum Inhalt macht die Börsenordnung der Frankfurter Wertpapierbörse (FWB) nicht. Der Bericht muss alle Informationen enthalten, die es dem Investor ermöglichen zu beurteilen, wie sich die Geschäftstätigkeit im zurückliegenden Quartal entwickelt hat. Dabei sind die wesentlichen Ereignisse und Geschäfte und ihre Auswirkungen auf die Finanzlage des Emittenten zu erläutern sowie die Finanzlage und das Geschäftsergebnis im Quartal zu beschreiben. Sollten sich im letzten Konzernlagebericht beziehungsweise im letzten Zwischenlagebericht abgegebene Prognosen und sonstige Aussagen zur voraussichtlichen Entwicklung des Emittenten für das Geschäftsjahr wesentlich verändert haben, so ist hierüber ebenfalls zu berichten.- Die überwiegende Anzahl Unternehmen hat es bei der bisherigen Praxis belassen und veröffentlicht Zwischenberichte in mehr oder weniger altem Format – manchmal in gekürztem Umfang. Was ändert sich, wenn ein Unternehmen, wie es häufiger vorkommt, seine Zwischenberichte prüfen oder prüferisch durchsehen lässt?Auch insoweit gibt es eine Änderung, die noch keine besondere Aufmerksamkeit in der Praxis erfahren hat. Das Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) sieht jetzt vor, dass die Bestellung des Prüfers wie beim Jahresabschluss nicht durch den Vorstand, sondern durch die Hauptversammlung erfolgt.- Welche Folgen hat es, wenn die Hauptversammlung versäumt, die Bestellung des Abschlussprüfers auf Quartals- und Halbjahresabschlüsse entsprechend auszuweiten? Bedeutet dies, dass eine prüferische Durchsicht nicht mehr möglich ist?Ja, sofern es sich um eine “externe” prüferische Durchsicht im Sinne des Wertpapierhandelsgesetzes handelt, bei der die Bescheinigung über die prüferische Durchsicht etwa zur Information der Investoren veröffentlicht wird. Eine solche prüferische Durchsicht könnte dann künftig nicht mehr vorgenommen werden.- Hätte dies dann auch Auswirkungen auf die Durchführung von Bezugsrechtsemissionen oder anderen Kapitalmaßnahmen, bei denen ein Wertpapierprospekt zu erstellen ist? Dort benötigt man doch einen Quartalsabschluss, der prüferisch durchgesehen wurde, wenn der Stichtag des letzten geprüften oder prüferisch durchgesehenen Abschlusses länger als 135 Tage zurückliegt.Das ist richtig. Sonst geben die Wirtschaftsprüfer den Comfort Letter auf die Finanzangaben im Prospekt nicht ab, was wiederum Voraussetzung für die Konsortialbanken ist, die Transaktion zu begleiten. In der Tat wurde in den letzten Monaten diskutiert, ob auch eine solche, etwa im Zuge einer Transaktion vorgenommene prüferische Durchsicht unter die geänderten Vorschriften des Wertpapierhandelsgesetzes fällt. Hier kann aber Entwarnung gegeben werden, da es sich dann um eine bloße prüferische Durchsicht für “interne” Zwecke handelt, die der Vorstand auch ohne Zustimmung der Hauptversammlung beauftragen kann.—-Prof. Dr. Michael Schlitt ist Partner von Hogan Lovells und Honorarprofessor an der Universität zu Köln. Die Fragen stellte Sabine Wadewitz.