Begehrter Infrastrukturkonzern

Perez und Benettons kämpfen um Kontrolle

Um den italienischen Infrastrukturkonzern Atlantia könnte ein Bieterwettkampf ausbrechen. Die Kontrahenten sind der spanische Bauunternehmer Perez, der ein Bündnis mit Brookfield und GIP eingegangen ist, und die Familie Benetton, die von Blackstone unterstützt wird.

Perez und Benettons kämpfen um Kontrolle

bl Mailand

Um den zu 33 % von der Familie Benetton kontrollierten italienischen Infrastrukturkonzern Atlantia kommt es womöglich zu einem Bieterwettkampf. Kontrahenten sind der von den beiden Infrastrukturfonds Global Infrastructure Partner (GIP) und Brookfield flankierte spanische Bauunternehmer Florentino Pérez (ACS) und die Benettons, die offenbar ein Bündnis mit Blackstone eingegangen sind.

Gerüchte um eine Offerte der Gruppe um Pérez hatten die Atlantia-Aktie am Mittwoch nach oben getrieben. Am Donnerstag legte das Papier um 6,61 % auf 20,25 Euro zu. ACS bestätigte am späten Mittwochabend eine exklusive Vereinbarung mit GIP und Brookfield sowie ein nicht bindendes Angebot mit dem Ziel, die Mehrheit an Atlantia zu übernehmen. Den Investoren zufolge sind im März zweimal Gespräche mit Vertretern der Benettons geführt worden. Der Infrastrukturkonzern wird zu 33 % von der Benetton-Familienholding Edizione kontrolliert und hat 2021 bei einem Umsatz von 6,4 Mrd. Euro (plus 22 %) aufgrund von Abschreibungen einen Verlust von 544 Mill. (i.V. minus 1,2 Mrd.) Euro ausgewiesen. Die Aktionäre erhalten für 2021 eine Dividende von 74 Cent.

Aus den Atlantia-Zahlen herausgerechnet ist die 88-prozentige Beteiligung an der Autobahngesellschaft Autostrade per l’Italia (Aspi), deren Verkauf rund 8 Mrd. Euro in die Kassen spülen wird. Die Mittel sollen in ein Aktienrückkaufprogramm, die Reduzierung der Schulden von rund 50 auf 23 Mrd. Euro sowie in Akquisitionen fließen.

Atlantia hat nach einer schweren Krise infolge des Einsturzes der Autobahnbrücke von Genua, die zu Aspi gehört, einen tiefgreifenden Umbau hinter sich. Das Unternehmen, das an der Börse mit 15,7 Mrd. Euro bewertet wird, setzt den Fokus auf Infrastrukturen wie Autobahnen und Flughäfen, innovative Mobilitätsmodelle sowie Venture-Capital-Investments. Die Gruppe kontrolliert fünf Flughäfen (zwei in Rom, Nizza, Bologna, Venedig), ein Autobahnnetz in elf Ländern mit einer Länge von fast 10000 Kilometern, die Mautgesellschaft Telepass sowie 15 % des Kanaltunnelbetreibers Getlink. Erst vor einigen Monaten wurde der Erwerb der Siemens-Verkehrstechnik-Tochter Yunex für fast 1 Mrd. Euro abgeschlossen. Außerdem ist Atlantia beim deutschen Flugtaxi-Unternehmen Volocopter eingestiegen. Atlantia hält zudem 50 % plus einen Anteil an der Autobahngesellschaft Abertis, deren Rest bei der ACS von Pérez liegt. Darüber hinaus hält Atlantia 16 % am deutschen Baukonzern Hochtief, an dem ACS die Hälfte des Kapitals kontrolliert.

Die Benettons, die gerade einen Generationswechsel bei der Führung ihrer wirtschaftlichen Aktivitäten vollzogen haben, wollen an Atlantia festhalten und bereiten offenbar ein Gegenangebot mit Blackstone vor. Die ACS von Pérez will Atlantia offenbar zerschlagen und ist nur an den Autobahngesellschaften interessiert. Sollte es zu einer Übernahme kommen, wäre es laut einer Bloomberg-Aufstellung gemessen am Wert der übernommenen Aktien eine der größten Transaktionen in diesem Jahr.

Der Erwerb einer Mehrheit dürfte sich jedoch schwierig für Pérez gestalten: Die Benettons werden angeblich von den Sparkassenstiftungen CRT unterstützt, die mit 4,5 % an Atlantia beteiligt sind, sowie vom Singapurer Staatsfonds GIC (8,3 %). Das sind zusammen mehr als 45 %. Unklar ist, ob auch die HSBC (5 %) auf der Seite der Benettons steht.

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