Medizintechnik

Philips lässt bei der Marge Vorsicht walten

Das Diagnostikgeschäft floriert, doch der Rückruf schadhafter Beatmungsgeräte setzt dem Healthcare-Konzern weiter zu. Dem Kursabsturz begegnet Philips mit einem neuen Aktienrückkaufprogramm.

Philips lässt bei der Marge Vorsicht walten

hek Frankfurt

– Das robuste Diagnostikgeschäft hat Philips im zweiten Quartal Rückenwind gegeben. So legte der Konzernumsatz auf vergleichbarer Basis um 9% auf 4,2 Mrd. Euro zu. Das um Sondereinflüsse bereinigte Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Goodwillabschreibungen (Ebita) stieg um mehr als ein Drittel auf 532 Mill. Euro, so dass die operative Marge von 9,8% im Vorjahreszeitraum auf 12,6% vorankam. Damit schnitt der Konzern besser ab, als Analysten erwartet hatten.

Ein Schlag ins Kontor sind dagegen neuerliche Rückstellungen über 250 Mill. Euro für den Rückruf von Beatmungsgeräten, die Atemaussetzer im Schlaf verhindern sollen. Folglich sackte das Ergebnis aus fortgeführtem Geschäft von 195 Mill. Euro im zweiten Quartal 2020 auf 65 Mill. Euro. Im Startquartal hatte Philips ebenfalls 250 Mill. Euro für die schadhaften Geräte zurückgestellt.

Philips habe unternehmensweit die notwendigen Ressourcen mobilisiert, um das Problem zu lösen, sagt CEO Frans van Houten bei der Erläuterung des Quartalsberichts. Im Vorgriff auf die Genehmigung der Behörden würden bereits Austausch- und Reparatur-Sets hergestellt. Aufgrund der großen Zahl der im Umlauf befindlichen Geräte könne es aber zwölf Monate dauern, bis alle ausgeliefert seien. Der Rückruf betrifft bis zu vier Millionen Geräte. Grund ist ein zerfallender Schaumstoff, der in den Luftweg des Geräts gelangen und von Patienten eingeatmet oder verschluckt werden kann. Die Teilchen gelten als möglicherweise toxisch oder krebserregend. Den schalldämpfenden Schaumstoff will der Konzern durch ein neues Material ersetzen.

Die US-Gesundheitsbehörde FDA hatte in der vergangenen Woche von 1200 Beschwerden und 100 Schadensmeldungen gesprochen. In den USA zeichnen sich bereits Schadenersatzprozesse ab, Anwaltskanzleien bereiten Sammelklagen vor. Das setzt den Aktienkurs stark unter Druck. Seit Ende April, als der Healthcare-Konzern die Mängel mit der ersten Rückstellung adressierte, ist die Notierung um 22,5% abgesackt. Allein am Montag verlor der Euro-Stoxx-50-Titel bis zu 6,5% zum vorherigen Handelstag.

Die Margenprognose belässt Philips zwar in der bisherigen Spanne, zeigt sich aber vorsichtiger. Van Houten stellt nun einen Anstieg der Umsatzrendite, bezogen auf das bereinigte Ebita, um 60 Basispunkte im laufenden Jahr in Aussicht. Bisher hatte das Management eine Margenausweitung um 60 bis 80 Punkte avisiert. Der Umsatzausblick bleibt bei einer vergleichbaren Zunahme im niedrigen bis mittleren einstelligen Prozentbereich. Risiken ergäben sich aus der fortdauernden Covid-19-Pandemie und den Engpässen bei elektronischen Bauteilen.

Die Ankündigung eines neuen Aktienrückkaufs über bis zu 1,5 Mrd. Euro hinterließ am Montag wenig Eindruck an der Börse. Philips will das Programm im dritten Quartal 2021 starten und binnen drei Jahren abschließen. Beim aktuellen Aktienkurs entspreche das Volumen 4% der ausgegebenen Aktien, heißt es. Das derzeit laufende Rückkaufprogramm über ebenfalls 1,5 Mrd. Euro hatte der Konkurrent von Siemens Healthineers im ersten Quartal 2019 gestartet.

Unter dem Strich stehen 153 Mill. Euro Nettogewinn im Berichtsquartal nach 210 Mill. Euro im Vorjahreszeitraum. Davon stammen 88 Mill. Euro aus nichtfortgeführten Geschäften. Philips hat die Haushaltsgerätesparte im März an die Investmentfirma Hillhouse Capital veräußert und zu Anfang Juli in eine eigenständige Einheit umgewandelt. Der Verkauf soll im dritten Quartal abgeschlossen werden.

Für das Segment Diagnose und Behandlung steht im zweiten Jahresviertel ein Umsatzsprung in vergleichbarer Rechnung von 16% auf 2,12 Mrd. Euro in den Büchern. Personal Health mit Produkten wie elektrische Zahnbürsten legte im Vergleich zum pandemiegeschädigten Vorjahresquartal sogar 33% auf 827 Mill. Euro zu. Um 16% abwärts ging es dagegen mit dem vergleichbaren Umsatz im Segment verbundene Pflege, zu der die Geräte für die Schlaf- und Atemtherapie gehören.

Wertberichtigt Seite 6

Philips
Konzernzahlen nach IFRS
6 Monate        
in Mill. Euro20212020
Umsatz80577667
Bereinigtes Ebita894598
in % des Umsatzes11,17,8
Periodenergebnis192249
Liquide Mittel10192294
Free Cash-flow336197
Börsenwert (Mrd. Euro)*35,7
*) am 26.7.2021Börsen-Zeitung
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