Kapitalmarkt

Spacs verlieren deutlich an Schwung

Immer mehr Aktionäre geben ihre Anteile an Spacs lieber zum Ausgabepreis zurück, sobald die Übernahme angekündigt wird. Fast zwei Drittel der Übernahmevehikel werden inzwischen zu einem Aktienkurs unterhalb des Ausgabepreises gehandelt.

Spacs verlieren deutlich an Schwung

cru Frankfurt – Spacs (Special Purpose Acquisition Companies) verlieren an Schwung. Der Anteil der Aktien, der von den Aktionären bei Ankündigung einer Übernahme gegen Rückzahlung des Standardausgabepreises von 10 Dollar oder 10 Euro zurückgegeben wird, ist deutlich gestiegen. Die Rückgabequote lag laut Daten von J.P. Morgan im Durchschnitt bei 81% im ersten Halbjahr 2022 – verglichen mit 16% im ersten Halbjahr 2021. Darüber hinaus folgt auf die Spac-Fusionen meist eine schlechte Kursentwicklung: 64% der Spacs, die einen Übernahmedeal angekündigt haben, wurden unter dem Ausgabepreis von 10 Dollar gehandelt. Auch die Zahl der abgesagten Transaktionen ist gestiegen: 32 Transaktionen wurden im ersten Halbjahr 2022 weltweit beendet, im Vergleich zu vier im gleichen Zeitraum 2021.

Trotz des Niedergangs machten Spac-Emissionen 2022 bis dato immer noch 9% der Aktien-Primäremissionen aus. Berenbergeröffnete den europäischen Spac-Markt im Jahr 2022 mit dem 210 Mill. Euro schweren IPO des 468 Spac II aus Deutschland – dem Nachfolger des 468 Spac I, der 2021 bereits die Kinderhörspielfirma Tonies übernommen hatte. Hinter beiden Vehikeln steht der Berliner Wagniskapitalgeber 468 Capital, der von Ex-Rocket-Internet-Managern wie Alexander Kudlich gegründet wurde.

Acht Spac-IPOs in Europa

Sieben weitere Spacs wurden 2022 in Europa an die Börse gebracht, mit einem kumulierten Emissionserlös von 1,4 Mrd. Euro und einer durchschnittlichen Größe von 153 Mill. Euro. Zum Vergleich: 2021 lag die Größe bei 220 Mill. Euro. Im selben Zeitraum spielten 68 Spacs in den USA einen Emissionserlös von 10,4 Mrd. Euro ein. Das entspricht einem Rückgang um 91% gegenüber dem Rekord brechenden ersten Halbjahr 2021, in dem rund 100 Mrd. Euro eingenommen wurden. Die Emissionen verteilten sich in den USA unregelmäßiger als in Europa, wobei 85% der Spac-Börsengänge im ersten Quartal stattfanden. „Unserer Meinung nach lässt sich diese Diskrepanz dadurch erklären, dass die SEC neuerdings strenge Vorschriften für den De-Spac-Prozess vorschlägt, die die Haftung der Emissionsbanken erhöhen würden“, sagt Berenberg-Banker Bastian Schiedat.

Nachdem Großbritannien die Vorschriften für Spacs gelockert hat, indem es die Aussetzung der Spacs vom Handel nach der Ankündigung von Übernahmen abgeschafft hat, ist London der wichtigste Akteur unter den Finanzplätzen für den europäischen Spac-Markt 2022, auf den in diesem Jahr 38% des Volumens und drei der acht Börsengänge entfallen. Amsterdam ist laut Berenberg nach wie vor ein beliebter Standort für die Spac-Börsennotierung, da die Mindestanlagesumme von 100000 Euro niedrig ist und ein freundlicher Regulierungsrahmen besteht. Andere Länder waren bei der Förderung von Börsengängen nicht so erfolgreich. Die Schweiz überarbeitete im Dezember 2021 die Vorschriften, um Spac-Börsengänge zu ermöglichen, und hat seitdem nur einen Spac angezogen – die VT5 Acquisition Company mit 200 Mill. sfr Emissionserlös.

Umfangreiche Rückgaben

Aufgrund der schlechten Auswahl von Akquisitionszielen durch die Spac-Gründer („Sponsoren“) sowie eines kurzfristig orientierten Investorenkreises und überhöhter Preise kommt es derzeit in den USA und auf europäischen Spac-Märkten zu umfangreichen Rückgaben. „Wir haben gehört, dass einige Anleger ihre Positionen in Spacs jetzt automatisch zurücknehmen“, berichtet Berenberg-Mann Schiedat.

„Wir sind mit diesem Pauschalansatz nicht einverstanden, da die Hauptprobleme vieler Spac-Sponsoren darin bestehen, dass ihnen erstens das Netzwerk fehlt, um qualitativ hochwertige Firmen zu finden, die bereit sind, an die Börse zu gehen; sie sich zweitens mit unvollkommenen Zielen begnügen, nur um eine Absichtserklärung (LOI) zu unterzeichnen; und sie drittens keine langfristig interessierten Investoren für das Spac-IPO oder die Kapitalerhöhung (‚Pipe‘) gewonnen haben.“

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