Internetkonzern

Wachstum verzweifelt gesucht

Für Anleger des chinesischen Technologieriesen Tencent gibt es gleich zwei Hiobsbotschaften zu verarbeiten, nämlich völlig verkümmerte Wachstumsperspektiven und wenig Aussicht auf ein Nachlassen der politischen Regulierungskampagne im Tech-Sektor. Das hält den Aktienkurs im Würgegriff.

Wachstum verzweifelt gesucht

nh Schanghai

Der ernüchternde Wachstumseinbruch bei Chinas führendem Internetkonzern und Onlinespieleanbieter Tencent Holdings lädt zu einer weiteren Abstufung der Kapitalmarktbewertung von chinesischen Technologiekonzernen ein. Am Donnerstag ist die Aktie des nach Marktkapitalisierung größten Unternehmens in Asien noch einmal um knapp 7% abgerutscht und hat nun im Wochenverlauf mehr als 10% ihres Wertes eingebüßt.

Am Vortag hatte Tencent mit der Zahlenvorlage für das erste Ge­schäftsquartal angedeutet, was noch vor wenigen Monaten undenkbar erschien, nämlich dass das Ge­schäftsmodell des dominierenden Gaming-Anbieters und Social-Media-Betreibers im Reich der Mitte auf absehbare Zeit kein Wachstum mehr hergibt und sogar zu einer Schrumpfveranstaltung zu verkommen droht.

Im März-Quartal sind die Umsätze des Tech-Riesen um exakt 0,1% gewachsen (siehe Grafik). Dabei ist das Tencent-Kerngeschäft mit Entwicklung und Vermarktung von Onlinespielen wegen andauernder regulatorischer Beschränkungen in China und eines Moratoriums für die Zulassung neuer Spieltitel auf der Stelle getreten. Damit zeitigt nur noch das von Chinas Internet- und Moralhütern unberührte internationale Gaming-Geschäft Wachstum. Besonders ernüchternd ist der Niedergang der über die Social-Media-Plattform Wechat generierten Einnahmen mit Onlinewerbung, die vor allem wegen des Konsum- und Konjunkturknicks in China um rund 18% gesunken sind.

Angesichts der Tatsache, dass der neue Verwerfungen bringende Lockdown in Schanghai sowie Corona-Restriktionen in anderen Teilen des Landes im März-Quartal noch gar nicht reflektiert sind, kann man sich ausmalen, dass Tencents wichtigste Erlösbringer im laufenden Quartal weiter in die Knie gehen werden. Selbst die im vergangenen Jahr noch extrem dynamisch wachsende Sparte für Cloud-Dienste und Fintech-Aktivitäten zeigt sich von der Misere rund um Chinas Corona-Nulltoleranz deutlich gezeichnet und brachte es zuletzt auf noch 10% Wachstum.

In Sachen Wachstumsperspektiven bieten sich für die Anleger derzeit also wenig Hoffnungswerte an. Und auch die Aussicht auf eine rasche Lockerung der parteipolitisch motivierten Pekinger Regulierungskampagne für den Internetsektor erweist sich als Fata Morgana. Am Dienstag hatte die Regierung Spitzenvertreter der Branche zu einer Unterredung über Regulierungsaspekte geladen. Im Anschluss ließ Peking so schwache Aussagen zur „Unterstützungsbereitschaft“ für die Digitalwirtschaft verbreiten, dass nun auch Daueroptimisten ins Nachdenken kommen sollten. Selbst Tencent wird kleinlaut und setzt wenig Hoffnungen in einen baldigen Regierungssupport.

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