Elektrifizierung

Batterie-Aufhol­jagd in Asien

Im Markt für Elektrofahrzeuge haben sich japanische und koreanische Hersteller bislang nicht unbedingt als Vorreiter hervorgetan. Doch mit den zunehmenden klimapolitischen Vorschriften und Wachstumsaussichten drücken Konzerne wie Toyota und Hyundai in der Sache mittlerweile deutlich kräftiger auf die Tube.

Batterie-Aufhol­jagd in Asien

Von Martin Fritz, Tokio

Bei der Entwicklung und Einführung von batterieelektrischen Autos (BEV) haben sich die meisten Hersteller in Japan und Korea im Vergleich zur Konkurrenz lange zurückgehalten. Die Folgen lassen sich nicht mehr übersehen: In den Top 10 der BEV-Hersteller für das erste Halbjahr 2021 findet sich kein einziges japanisches Unternehmen. Der Elektropionier Nissan – sein Modell Leaf startete schon Ende 2010 – steht zusammen mit der Muttergesellschaft Renault nur auf dem neunten Rang. Hyundai aus Südkorea schafft immerhin Platz 7. Toyota, in diesem Jahr mit deutlichem Abstand vor VW der weltweite Absatzriese, belegt lediglich Rang 12. Kein einziges der zehn meistverkauften Batterieautos zwischen Januar und Juni stammt aus japanischer Produktion. Der Hyundai Kona fährt mit mageren 31000 Einheiten auf einen schwachen neunten Platz. Das meistverkaufte BEV – das Model 3 von Tesla – verkaufte sich 244000-mal und damit fast achtmal häufiger.

Koreaner preschen vor

Doch unter dem Eindruck des wachsenden Marktvolumens und der verschärften Regulierung in den USA, China und Europa – vor allem aufgrund der Klimapolitik – vollziehen die wichtigsten Fahrzeughersteller in Japan und Korea nun eine deutliche Kehrtwende, indem sie ihre bisherigen Pläne zur Einführung und Produktion von Elektroautos be­schleunigen. Toyota will laut einer Ankündigung in diesem Monat die Zahl der neuen BEV-Modelle bis 2030 gegenüber dem bisherigen Ausblick auf 30 verdoppeln. Das erste Modell mit dem Kürzel bZ4X auf einer eigenen BEV-Plattformarchitektur wurde im Oktober vorgestellt. Ihr Absatzziel für BEV-Modelle am Ende dieses Jahrzehnts erhöhten die Japaner um 75% auf 3,5 Millionen Einheiten. Davon soll 1 Million Einheiten von Lexus kommen – in Nordamerika, Europa und China würde die Luxusmarke dann zu 100% mit Batterieantrieb fahren. In den neun Jahren bis 2030 wird Toyota zudem die Ausgaben für Entwicklung und Produktion von Batterien um ein Drittel auf 2 Bill. Yen (15,6 Mrd. Euro) anheben.

Honda, die Nummer 2 in Japan, kündigte im April das Ende des Verbrennungsmotors für die eigene Flotte bis 2040 an. Bis 2030 soll der BEV-Anteil am eigenen Absatz auf 40% wachsen. Dafür gibt Honda in den nächsten sechs Jahren rund 13,3 Mrd. Euro aus. Der drittgrößte japanische Autobauer Nissan stellte Ende November ebenfalls deutlich ehrgeizigere Elektropläne vor. Danach will der Renault-Partner in den nächsten fünf Jahren 2 Bill. Yen (15,6 Mrd. Euro) in die Elektrifizierung investieren. Bis zum Geschäftsjahr 2030 werden 15 BEV-Modelle auf den Markt gebracht.

Noch stärker beschleunigt Hyundai ihre Batteriestrategie. Schon 2022 sollen sechs neue BEV-Modelle kommen, drei Jahre früher als ge­plant, die Angebotspalette verdoppelt sich auf zwölf Modelle. Der elektrifizierte Absatzanteil soll laut dem Ausblick bis 2030 auf 30% steigen. Dann wird die Luxusmarke Ge­nesis nur noch vollelektrische Modelle anbieten. Nach Ansicht von Auto-Analyst James Hong von Macquarie Capital liegen Hyundai und Kia bei Batterieautos derzeit vor den Japanern. „Sie profitieren von der engen Partnerschaft mit den koreanischen Batteriezellen-Produzenten und de­ren starker Rolle in der Wertschöpfungskette von Elektroautos“, meinte Hong.

Toyota tut sich schwer

Die Gründe für den derzeitigen Rückstand der Japaner bei Batterieautos sind vielfältig: Nissan startete wohl zu früh und erreichte die eigenen Ziele nie. Nach der Verhaftung von Konzernchef Carlos Ghosn rutschte der Hersteller in die roten Zahlen, daher fehlte zunächst das Kapital für eine schnelle Elektrifizierung. Honda verlässt sich traditionell auf die eigenen Ingenieure, aber ohne Partner ist das Geld ebenfalls knapp. Währenddessen verlassen sich Mazda, Suzuki und Subaru beim Zugang zu den Technologien für die Elektrifizierung auf ihren Kapital- und Technologiepartner Toyota.

Doch der Branchenführer tut sich mit dem Batterieauto besonders schwer. Beim Hybridmotor besitzt Japans größtes Unternehmen die unangefochtene Weltmarktführung. Der kombinierte Otto-Elektromotor sei die optimale Übergangstechnologie ins Elektrozeitalter, meint Konzernchef Akio Toyoda, da der Strom für Batterieautos auf absehbare Zeit aus fossilen Quellen stammen werde. Zudem erzielen Toyota-Modelle mit Hybridmotor laut Analysten eine höhere Marge als Modelle mit Ottomotor, während sich mit Batterieautos bisher nur im Luxussegment Geld verdienen lässt. Dieser Umstand dürfte erklären, warum Lexus als erste Toyota-Marke voll auf Batterieantrieb umsteigen soll. An einer Besonderheit der koreanischen und japanischen Hersteller wird sich jedoch weiterhin nichts ändern: Angesichts ihrer vielfältigen Absatzmärkte setzen Toyota und Hyundai auch künftig auf eine Vielzahl von Motoren – von Brennstoffzellen mit Wasserstoff bis zu synthetischen Kraftstoffen.

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