Regulierung der EU

Bosch sorgt sich um KI in Europa

Stephan Hartung, der Vorsitzende der Geschäftsführung von Bosch, moniert unklare Vorgaben der EU für künstliche Intelligenz (KI). Europa liege im Wettbewerb mit China und den USA ohnehin zurück.

Bosch sorgt sich um KI in Europa

Bosch sorgt sich um KI in Europa

Geschäftsführung moniert unklare Vorgaben und Bürokratie der EU – Milliardeninvestition in künstliche Intelligenz

jh München

Stephan Hartung, der Vorsitzende der Geschäftsführung von Bosch, befürchtet, dass Europa als Standort für künstliche Intelligenz (KI) den Anschluss verliert. Der Grund ist aus seiner Sicht vor allem eine überzogene Regulierung der EU. Bosch plant indes, kräftig in den Einsatz von KI zu investieren.

Die Geschäftsführung von Bosch ist besorgt, dass Europa als Standort für künstliche Intelligenz (KI) von den USA und China abgehängt wird. Der wesentliche Grund ist aus Sicht von Stephan Hartung, dem Vorsitzenden der Geschäftsführung, das Regelwerk der Europäischen Union für KI. „Momentan sieht es im globalen Vergleich leider so aus, als ob Europa seine KI-Zukunft mit überzogener Regulierung unnötig verzögern würde“, sagte er in einem Pressegespräch anlässlich des jährlichen „Tech Day“ von Bosch. Grundsätzlich sei es zwar richtig, einheitliche Regeln für eine vertrauenswürdige KI einzuführen. Aber die Unternehmen und Entwickler bräuchten klaren Vorgaben und definierte Standards, um die EU-Verordnung umzusetzen.

Da sich die Einführung des sogenannten AI-Act erheblich verzögert, gibt es Unklarheiten, wie Hartung moniert – gerade für sogenannte Hochrisikosysteme wie das automatisierte Fahren. Hinzu komme, dass KI-Systeme geprüft, überwacht und dokumentiert werden müssten. „Diese Mischung aus Bürokratie und strengen, aber unklaren Vorgaben macht den Standort Europa für KI-Unternehmen deutlich weniger attraktiv als andere Weltgegenden“, sagte Hartung und nannte China und die USA. „Es gewinn nur der, der sich am wenigsten verrückt reguliert.“

„Sonst verlieren wir den Anschluss“

Technischer Fortschritt müsse gelenkt werden, nicht gebremst: „Sonst verlieren wird den Anschluss.“ Hartung beruft sich auf den KI-Index der Universität Stanford. Im vergangenen Jahr seien in den USA 40 nennenswerte KI-Modelle entwickelt worden, in China 15, in Europa aber nur drei. „Dabei verfügt doch gerade Europa über einen enormen Wettbewerbsvorteil.“ Der Bosch-Chef meint damit „einen einzigartigen Schatz an industrieller Erfahrung mitsamt den entsprechenden Daten“.

Standorte auch in Indien und Israel

Geschäftsführerin Tanja Rückert, die für das Digitalgeschäft verantwortlich ist, erinnerte daran, dass Bosch seit dem Jahr 1886 in der Fertigung tätig ist. Kaum ein Unternehmen habe hier so viel Erfahrung. KI gehöre längst zum Kerngeschäft, betonte Hartung. Ein Zentrum für KI gründete der Stiftungskonzern 2017. Mittlerweile gibt es außer dem Standort Renningen bei Stuttgart jeweils einen in den USA, Indien und Israel. „Damit sind wir immer bestens über alles informiert, was in der KI-Welt diskutiert, vorgedacht und realisiert wird.“

Seit 2019 hätten 65.000 Mitarbeitende von Bosch an Trainingsprogrammen der eigenen KI-Akademie teilgenommen. Rund 5.000 Experten arbeiteten an der Entwicklung und am Einsatz von KI. Hartung erwähnte zudem, dass kein anderes Unternehmen seit 2013 mehr KI-Patente beim Europäischen Patentamt angemeldet habe als Bosch. In den vergangenen fünf Jahren waren es nach Angaben des Unternehmens mehr als 1.500. Bosch hat sich vorgenommen, bis Ende 2027 mehr als 2,5 Mrd. Euro in KI zu investieren.

KI-Agenten im Einsatz

Bosch beschäftigt sich außer mit der generativen KI zunehmend mit der sogenannten agentischen KI. Diese könne deutlich mehr als Texte oder Bilder generieren, berichtete Geschäftsführerin Rückert. Sie könne Entscheidungen treffen und autonom handeln, sich an Situationen anpassen und eigenständig auch auf komplexe Ziele hinarbeiten. Rückert sprach von einer Revolution für die Industriefertigung und weit darüber hinaus. Als Beispiel nannte sie Störungen an einer Maschine.

Der KI-Agent gebe Mitarbeitern eine detaillierte Handlungsanweisung, um den Fehler zu beheben. Er analysiere nicht nur die Ursache, sondern plane auch Schritte, um den Fehler künftig zu vermeiden. Bosch hat schon KI-Agenten für einige Produkte entwickelt. Eines ist ein selbstlernender Planierassistent für Bagger. Damit ließen sich auch riesige Schaufeln hochpräzise bewegen, berichtete Rückert. „Der Bagger kann zum Beispiel Bodenunebenheiten viel schneller glätten als zuvor, und die Bedienung wird einfacher.“

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