Warmlaufen vor der Hauptversammlung

„Der Dinosaurier BASF lebt“

Fondsgesellschaften unterstützen die Strategie des neuen BASF-Managements zur Verschlankung des Portfolios. Sogar die Dividendenkürzung stößt auf Wohlwollen, nicht aber der neue große Standort in China.

„Der Dinosaurier BASF lebt“

„Der Dinosaurier BASF lebt“

Fondsgesellschaften begrüßen Frischzellenkur im Chemiekonzern und bangen um Profitabilität in China

swa Frankfurt

Institutionelle Anleger unterstützen die Strategie des BASF-Managements zur Verschlankung des Portfolios. Sogar die Dividendenkürzung des Chemiekonzerns stößt auf Wohlwollen. Besorgt äußern sich Fondsgesellschaften vor der Hauptversammlung über die Wirtschaftlichkeit des großen China-Investments.

Die vom neuen BASF-Chef Markus Kamieth eingeschlagene Portfoliostrategie kommt bei Investoren gut an. Das spiegelt sich noch nicht im Aktienkurs des Chemieunternehmens, aber in den vor der Hauptversammlung veröffentlichten Statements von Fondsgesellschaften. BASF führt das Aktionärstreffen am 2. Mai anders als in den Vorjahren im virtuellen Format durch und veröffentlicht an dem Tag auch Quartalszahlen.

Wille statt Jammern

Aus Investorensicht ist BASF mit der geplanten Verschlankung und Fokussierung auf dem richtigen Weg. Das Unternehmen habe in den vergangenen Jahren oft den Eindruck erweckt, sich vor allem über die Größe zu definieren, kritisiert Linus Vogel als Vertreter der Fondsgesellschaft Deka Investment laut am Mittwoch veröffentlichtem Redetext. Das habe es dem Konzern erschwert, sich in einer ständig wandelnden Welt zu behaupten und sich schnell genug an sich verändernde Umweltbedingungen anzupassen.

Vogel würdigt einen Wechsel im Führungsstil. Das Management um den früheren BASF-Chef Martin Brudermüller habe sich „gerne und oft über sich ändernde Rahmenbedingungen beklagt“, doch erst unter der Führung von Kamieth habe das Unternehmen „die Fähigkeit und den Willen zur Anpassung deutlicher demonstriert“, lobt Vogel.

Finanzielle Flexibilität in schwierigem Markt

Der Deka-Fondsvertreter begrüßt die „Frischzellenkur" im Konzern mit Ausrichtung auf das Kerngeschäft, verbesserter Kapitaldisziplin und angepasster Dividendenpolitik. BASF stehe unverändert vor großen Herausforderungen in einem schwierigen wirtschaftlichen Umfeld mit schwacher Nachfrage und unklaren Perspektiven aufgrund des Zollstreits, hohen Energiekosten und Überkapazitäten im Markt. Das Management aber habe eines gezeigt: „Der Dinosaurier BASF lebt!“ Der Konzern wende sich von der „historischen Denkweise des breit diversifizierten und integrierten Marktführers ab“.

Der vor einem Jahr angetretene neue CEO Kamieth hat einige auch größere Veränderungen im Portfolio angekündigt und bereits auf den Weg gebracht. BASF hat das Baufarbengeschäft in Brasilien veräußert und die Trennung vom Segment Coatings eingeläutet − jüngst wurde in Marktkreisen der Konkurrent Akzo Nobel als Interessent für das Lackgeschäft gehandelt. Als großen Schritt bereitet BASF den Börsengang der Agrarchemie vor.

Auch die neue Ausschüttungspolitik findet das Wohlwollen der Deka. „Wir begrüßen es sehr, dass sich BASF endlich vom Dogma einer stetig steigenden oder zumindest stabilen Dividende gelöst hat“, sagt Vogel. Angesichts der in Aussicht gestellten Aktienrückkäufe blieben die „finanziellen Zuwendungen“ an die Aktionäre auf hohem Niveau.

Neue Dividendenpolitik

BASF hatte auf dem Kapitalmarkttag angekündigt, künftig eine Dividende von mindestens 2,25 Euro zu zahlen und von 2025 bis 2028 über Dividende und Aktienrückkauf mindestens 12 Mrd. Euro an die Anteilseigner zu verteilen. Für 2024 kehrt BASF 2 Mrd. Euro aus. Die neue Dividendenpolitik gebe dem Management deutlich mehr Flexibilität in der Kapitalallokation und befreie „das zyklische Geschäft endlich vom Korsett der progressiven Dividende“, meint Vogel.

Wie in den Vorjahren wird der Aufbau eines neuen Produktionsstandorts in China kritisch hinterfragt − es ist mit 10 Mrd. Euro die größte Einzelinvestition in der Unternehmensgeschichte. Arne Rautenberg, Fondsmanager bei Union Investment, hebt das Problem der Überkapazitäten im chinesischen Markt hervor und stellt die Frage, inwieweit sich die Investition in den dann drittgrößten Produktionsstandort der BASF für die Aktionäre „überhaupt noch auszahlen" wird. „Ausgerechnet jetzt kommen Sie in China mit dem neuen Verbundstandort an den Markt“, warnt Rautenberg.

„Riskante Wette“

Deka-Fondsvertreter Vogel rechnet der BASF an, beim Aufbau des neuen Werks in China sowohl den Zeitplan als auch das veranschlagte Budget eingehalten zu haben. Die Investition bleibe jedoch „eine riskante Wette“.

Vogel gibt mit Blick auf die Expansion in China zu bedenken, dass sich die Lage seit dem Zeitpunkt der Investitionsentscheidung grundlegend verändert habe. Die chinesische Wirtschaft verlagere sich mehr und mehr von der Fertigungsindustrie hin zu Dienstleistungen und zu einer höheren Wertschöpfung im Maschinenbau. Die Überkapazitäten dort würden „langsam chronisch“ und drohten „dauerhaft die Profitabilität zu gefährden“.

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