Peter Szabo

„Die Verfahren müssen gestrafft werden“

Der Wind- und Solarkraftkonzern Energiekontor treibt seine Vision von wettbewerbsfähigem grünem Strom ohne staatliche Förderung voran. Die Politik wird wegen der oftmals langwierigen Planungs- und Genehmigungsverfahren kritisiert.

„Die Verfahren müssen gestrafft werden“

Von Karolin Rothbart, Frankfurt

„Idealerweise“ ist zum geflügelten Wort in der deutschen Klimapolitik geworden. Im Koalitionsvertrag der Ampel-Parteien wurde das Adverb einmal mehr dem Ziel vorangestellt, bis zum Jahr 2030 aus der Kohleverstromung auszusteigen. Peter Szabo, Chef des Bremer Wind- und Solarkraftunternehmens Energiekontor, braucht diese vielfach als „wachsweich“ kritisierte Formulierung nicht, wenn es um die Ziele seines Unternehmens geht − obwohl beides durchaus miteinander zusammenhängt. „Unser Konzerngewinn vor Steuern lag 2020 bei über 30 Mill. Euro und soll bis Ende 2023 auf 55 bis 60 Mill. Euro gesteigert werden“, sagte er im Gespräch mit der Börsen-Zeitung auf dem diesjährigen Eigenkapitalforum. „Dieses Ziel hatten wir von einigen Jahren kommuniziert und sind optimistisch, es auch erreichen zu können.“ Mit Blick auf die vorhandenen Projektpipelines und den eingeschlagenen Wachstumskurs sei denn auch mit einer weiteren Verdopplung in den darauffolgenden fünf Jahren zu rechnen. Szabo ist sich seiner Sache sicher. Denn trotz aller Kritik rechnet man sich bei dem 1990 gegründeten Unternehmen mit der neuen Regierungskonstellation nun deutlichen Rückenwind für das eigene Geschäft aus.

Energiekontor entwickelt und betreibt Wind- und Solarparks im In- und Ausland, wobei etwa die Hälfte der Anlagen unter anderem an institutionelle Investoren oder an Energieversorger verkauft werden. Dabei setzt das Unternehmen zunehmend auf sogenannte Power Purchase Agreements (PPAs), also langfristige bilaterale Stromabnahmeverträge zwischen dem Stromerzeuger und den Abnehmern.

Dieses vor allem in den USA und in Skandinavien häufig genutzte Instrument hilft Projektentwicklern, von staatlichen Subventionen loszukommen und damit auch mehr Planbarkeit bei den Einnahmen zu erzielen. In Schottland realisiert Energiekontor mittlerweile alle ihre Projekte auf Basis von PPAs.

„Als die festen staatlichen Vergütungen 2015/2016 abgeschafft wurden, sind viele große Player aus dem Markt ausgestiegen“, erzählt Szabo. „Wir haben unsere Aktivitäten damals antizyklisch ausgebaut. Davon profitieren wir jetzt.“ Das Land biete hervorragende Windverhältnisse auf großflächigen Standorten. Es seien dort viele genehmigte Projekte mit guten Margen in der Pipeline und mehrere bereits im Bau, so Szabo. Nach den ersten Inbetriebnahmen im Jahr 2023 sollen bald jährlich zwischen 3 und 4 Projekte von Energiekontor in Schottland realisiert werden.

Auch in Deutschland haben die Bremer bereits PPAs im Solarbereich abgeschlossen − als erstes Unternehmen, wie Szabo betont. Vertragspartner der ersten Stunde ist der drittgrößte deutsche Versorger EnBW, der im Rahmen einer zweiten PPA-Vereinbarung künftig Strom aus einem in Mecklenburg-Vorpommern geplanten Solarpark mit einer Erzeugungsleistung von 52,3 MW beziehen soll. Darüber hinaus hat Energiekontor in den ersten neun Monaten des Jahres PPAs für Bestandsparks mit einer Leistung von mehr als 120 MW abgeschlossen. „Als Pionier in unserer Branche wollen wir mittelfristig in all unseren Zielmärkten als einer der Ersten Wind- und Solarparks realisieren, deren Stromgestehungskosten niedriger sind als die der konventionellen Energiewirtschaft und die vollständig ohne staatliche Förderung auskommen“, erläutert Szabo.

Weiter Akzeptanzprobleme

Für das laufende Geschäftsjahr zeigt sich Szabo optimistisch. „Wir sind mit der Entwicklung sehr zufrieden. Wenn jetzt in den letzten vier Wochen des Jahres nichts Unvorhersehbares mehr eintritt – und danach sieht es nicht aus –, dann dürften wir das Ergebnis einfahren, das wir prognostiziert haben.“ Für den Gewinn vor Steuern peilt das Management im laufenden Jahr eine Steigerung von 10 bis 20 % im Vergleich zu 2020 an.

Mit Blick auf die Ziele der neuen Bundesregierung sei nun auf jeden Fall mit mehr politischer Unterstützung zu rechnen. Bis 2030 sollen nach den Vorgaben der Ampel-Koalition 80 % des dann entstandenen Bruttostrombedarfs aus erneuerbaren Energien stammen. Für die Windkraft sollen 2 % der Landesflächen ausgewiesen werden. Das sei grundsätzlich ausreichend, sagt Szabo. Es sei aber nicht der wichtigste Aspekt, wenn es um die Ausbaupläne geht. „Ein wesentlicher Punkt, den wir uns erhoffen, ist die Beschleunigung der Planungs- und Genehmigungsverfahren und die Einschränkung der Klagemöglichkeiten für Anwohner und andere beteiligte Personen, damit Projekte nicht immer noch weiter verzögert werden.“ Dieses Thema müsse gestrafft werden, findet der CEO. Denn bis es so weit ist, dass ein Windrad nach Vertragsabschluss mit Landeigentümern gebaut werden kann, können gut und gern schon mal bis zu fünf Jahre ins Land gehen. Oftmals klagen Anwohner gegen die Windräder oder deren Genehmigungen, weil sie sich etwa durch Schallemissionen oder visuelle Effekte gestört fühlen. Die Akzeptanz sei hier generell geringer als bei Solarprojekten der kleineren Sorte. Gleichzeitig bräuchten die Behörden teilweise mehrere Jahre, um überhaupt Anträge zu bearbeiten.

An der Börse nehmen Anleger den Erfolg in Sachen Energiewende auf jeden Fall schon seit einiger Zeit vorweg. Allein in diesem Jahr hat die Aktie von Energiekontor um fast ein Drittel zugelegt. Auf Dreijahressicht hat sich der Kurs sogar fast verfünffacht.