Gleichstellung

Hoher Gender Pay Gap unter Gründern

Frauen, die ein Start-up gründen, nehmen in Europa laut einer Umfrage deutlich weniger Geld mit nach Hause als ihre männlichen Pendants. Besonders groß ist der Unterschied in der Frühphase.

Hoher Gender Pay Gap unter Gründern

kro Frankfurt

Weibliche Start-up-Gründerinnen zahlen sich laut einer Umfrage in Europa deutlich weniger Gehalt aus als ihre männlichen Pendants. „Es gibt einen großen Gender Pay Gap in sehr frühphasigen Start-ups, aber auch darüber hinaus“, heißt es in einem Blog des schwedischen Wagniskapitalinvestors Creandum, der zusammen mit den Organisatoren des größten europäischen Start-up-Events „Slush“ rund 650 Gründer und Gründerinnen aus 47 europäischen Städten zu ihren aktuellen Gehältern befragt hat. Demnach liege der Unterschied in der Seed-Phase derzeit bei 15 000 Euro.

„Wenn wir auf das gesamte Finanzierungsvolumen schauen, verdienen Gründerinnen, die in der frühen Phase 1 bis 3 Mill. Euro eingesammelt haben, im Durchschnitt 25 bis 30 % weniger als männliche Gründer“, analysiert die Start-up-Personalexpertin von Creandum, Michelle Coventry, in dem Blog. Die Lücke werde mit zunehmendem Finanzierungsvolumen noch größer und verkleinere sich erst wieder ab der Marke von 50 Mill. Euro (siehe Grafik). Interessant dabei: Selbst bei Start-ups, die zum Zeitpunkt der Umfrage schon 21 bis 50 Mill. Euro eingesammelt hatten, verdienten die weiblichen Gründerinnen immer noch weniger als männliche Gründer, deren Start-ups es bis dahin gerade mal auf ein Finanzierungsvolumen von 4 bis 10 Mill. Euro gebracht hatten.

„Die Lücke ist klar, aber die Gründe sind es nicht“, schreibt Coventry. „Messen sich weibliche Gründerinnen weniger Wert zu als männliche Gründer? Sind Wahrnehmungsverzerrungen bei Investoren und Vorständen mit im Spiel? Was auch immer die Gründe sind, es ist etwas, das Gründerinnen und Investoren adressieren und auch in Zukunft bei Gehaltsgesprächen als Orientierungshilfe nutzen müssen.“

Das französische Gehaltsanalyseunternehmen Figures hatte schon im Herbst auf Grundlage eigener Daten darauf aufmerksam gemacht, dass die Gehaltsunterschiede zwischen Männern und Frauen in der europäischen Start-up-Szene oftmals größer sind als in der Gesamtwirtschaft. So bezifferte es den unbereinigten Gender Pay Gap in Start-ups (unabhängig von der jeweiligen Funktion der Mitarbeitenden) über alle erfassten Länder hinweg auf 19 %. In der gesamten EU lag der Wert laut der Europäischen Kommission im Jahr 2020 mit 13 % deutlich darunter.

Coventry weist in dem Zusammenhang auch auf die großen Unterschiede bei der Verteilung von Wagniskapital unter frauen- und männergeführten Start-ups hin. „2021 erhielten US-Start-ups, die ausschließlich von Frauen gegründet wurden, nur 2,4 % des gesamten Kapitals, das in wagniskapitalgestützte Unternehmen geflossen ist“, so die Expertin. Gemischte Teams hätten sich immerhin 17 % der Gelder sichern können. Die Situation sieht in Europa allerdings noch trüber aus. Hier erhielten reine Frauen-Teams im Jahr 2021 laut Pitchbook-Daten nur 1,1 % der gesamten VC-Investitionen. Ge­mischte Teams bekamen gut 14 %.

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