Essenslieferdienste

Just Eat Takeaway vor Kehrtwende

Mit der Übernahme von Grubhub hat sich Just Eat Takeaway zum transatlantischen Schwergewicht unter den Essensdiensten aufgeschwungen. Doch nun prüft der Konzern strategische Optionen für die neue Tochter.

Just Eat Takeaway vor Kehrtwende

hek Frankfurt

Der Essenslieferdienst Just Eat Takeaway.com stellt seine erst unlängst übernommene US-Tochtergesellschaft Grubhub wieder zur Disposition. Zusammen mit Beratern prüft das Management eigenen Angaben zufolge die Aufnahme eines strategischen Partners oder einen teilweisen oder vollständigen Verkauf. Diese Ankündigung bescherte der Aktie des niederländisch-britischen Konzerns, die sich seit Monaten auf Talfahrt befindet, am Mittwoch im Handelsverlauf eine Kurserholung von bis zu 9%.

Mit der Kehrtwende reagiert Just Eat Takeaway auf Druck von Investoren. Der aktivistische Aktionär Cat Rock Capital forderte, die US-Tochter zu verkaufen oder auszugliedern und das Geschäft auf Europa zu konzentrieren, wo Just Eat Takeaway der klare Marktführer im Bereich der Online-Lebensmittelzustellung sei. Der Investor Lucerne Capital Management hat angekündigt, auf der Jahreshauptversammlung An­fang Mai gegen die Wiederbestellung von CFO Brent Wissink und der sechs Aufsichtsräte zu stimmen.

Hintergrund der Strategieänderung ist zum einen die enttäuschende Geschäftsentwicklung von Grubhub. Zwischen dem europäischen und dem nordamerikanischen Geschäft gibt es kaum Synergien. Vor allem der aggressiv wachsende Konkurrent Doordash, Nummer 1 im wettbewerbsintensiven US-Markt, hat Boden gewonnen. Zum anderen könnte Grubhub für Handelskonzerne wie Walmart oder einen Lieferdienst wie Instacart von höherem strategischen Wert sein als für Just Eat Takeaway. Denn die Märkte für die Auslieferung von Supermarktartikeln und von zubereiteten Mahlzeiten wachsen zusammen.

Die im Juni 2020 lancierte Übernahmeofferte bewertete die schon damals schwächelnde Grubhub mit 7,3 Mrd. Dollar. Just Eat Takeaway bezahlte mit eigenen Aktien, nicht mit Cash. Mit dem Zusammenschluss entstehe der größte Essenslieferant außerhalb Chinas, gemessen an Umsatz und Bruttowarenvolumen, hießt es damals. Abgeschlossen wurde der Deal im Juni vergangenen Jahres.

Uber Eats war seinerzeit ebenfalls an Grubhub interessiert, soll aber aufgrund möglicher kartellrechtlicher Bedenken auf Abstand gegangen sein. Die Essensliefertochter des Fahrdienstvermittlers Uber schnappte sich daraufhin den Konkurrenten Postmates.

Corona-Schub ausgelaufen

Die Ankündigung eines möglichen Grubhub-Verkaufs leitet das in Amsterdam ansässige Unternehmen mit einer Zusicherung gegenüber den Anteilseignern ein, in der das Management Board seine Übereinstimmung mit dem Wunsch der Aktionäre bekräftigt, aus dem „hochattraktiven Portfolio des Unternehmens“ Wert zu schaffen und zu realisieren. Implizit bedeutet diese Aussage das Eingeständnis, dass Grubhub wohl nicht der große Wertbringer ist.

Ernüchternd fällt der neue Ausblick für 2022 aus. Demnach rechnet das Management nur noch mit einer Ausweitung des Bruttotransaktionsvolumens (GTV) im mittleren einstelligen Prozentbereich. Bisher plante der Delivery-Hero-Konkurrent, der mit seiner Tochter Lieferando den deutschen Markt beherrscht, eine Zunahme im mittleren Zehner-Prozent-Bereich. Schon das entsprach einer Halbierung zum 2021er-Anstieg von währungsbereinigt 31 %. Die Prognosesenkung zeigt, wie schwer es dem Konzern fällt, nach Auslaufen des Corona-Schubs weiter signifikantes Wachstum zu generieren. Da die Restaurants wieder geöffnet sind, zeigen sich Kunden zurückhaltender bei der Bestellung zubereiteter Mahlzeiten.

Ein wenig zuversichtlicher äußert sich Just Eat Takeaway zum 2022er-Ergebnis. Demnach soll der um Sondereinflüsse bereinigte Verlust vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) noch 0,5 bis 0,7% des GTVs ausmachen. Bisher lag die Spanne bei –0,6 bis –0,8%. Für 2023 verspricht CEO Jitse Groen ein positives adjustiertes Ebitda. Die Verbesserung der Profitabilität sei eine der Prioritäten für das laufende Jahr.

In den ersten drei Monaten 2022 gingen die Bestellungen im Vergleich zum Startquartal 2021 um 1% auf 264,1 Millionen zurück. In Nordamerika betrug das Minus sogar 5% auf 89,6 Millionen. In Nordeuropa wurde eine Zunahme um 4% auf 76,5 Millionen erreicht. Der Bruttotransaktionswert stagnierte währungsbereinigt. Die nominale Rechnung zeigt einen Anstieg um 4% auf 7,2 Mrd. Euro.

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