Kartellamt nimmt Digitalwirtschaft in den Fokus
Digitalwirtschaft im Fokus
Kartellamt will Märkte für europäische Unternehmen offenhalten – Steigende Bußgelder
Das Bundeskartellamt will für offene Märkte in der Digitalwirtschaft sorgen – trotz dominierender Spieler wie Apple, Alphabet oder Amazon. Erste Einigungen mit Google habe man bereits erzielt, berichtet Präsident Andreas Mundt. Bei den zuletzt niedrigen Bußgeldzahlen erwartet er wieder einen Anstieg.
sar Frankfurt
Die Digitalwirtschaft ist für das Bundeskartellamt derzeit „wichtiger denn je“. Das betonte Präsident Andreas Mundt am Mittwoch bei der Präsentation des Jahresberichts 2024/25 vor Journalisten. Die Behörde habe sich mit der Branche schon befasst, „als andere es noch als ‚hipster antitrust‘ bezeichnet haben“, sagt er.

Bundeskartellamt/Bernd Lammel
Die Behörde prüfe zunächst, ob ein Unternehmen eine überragende marktübergreifende Bedeutung für den Wettbewerb hat – bei den großen Spielern Meta (Facebook), Alphabet (Google), Amazon, Apple und Microsoft wurde dies bereits festgestellt. Im zweiten Schritt könne das Amt dann wettbewerbswidrige Praktiken untersagen. Digitale Märkte seien dynamisch und innovationsgetrieben, „aber auch anfällig für monopolistische Strukturen“, sagte Mundt.
Einigung mit Google erzielt
Ein Verfahren gegen Google hat die Behörde im April beendet, nachdem Google Zugeständnisse gemacht hat. Betroffen war ein Bündel an Diensten, die Google über die „Automotive Services“ an Fahrzeughersteller geliefert hat. Dazu zählten Angebote für Unterhaltung, Navigation, Kommunikation und Fahrzeugsteuerung. „Europäische Digitalunternehmen kamen dadurch nur schwer in den Bereich rein“, sagt Mundt. Google habe sich nun verpflichtet, die Dienste künftig auch einzeln zu lizenzieren und Interoperabilität mit Diensten anderer Anbieter zu schaffen. Fahrzeughersteller können künftig zwischen verschiedenen Anbietern wählen und deren Services kombinieren.

Die Zahl der vom Bundeskartellamt verhängten Bußgelder liegt im Mehrjahresvergleich immer noch auf niedrigem Niveau. Mundt führt dies nach wie vor auf die Folgen der Corona-Pandemie zurück, als kaum Durchsuchungen stattfanden. Seither seien neue Ermittlungen angestoßen worden, doch ein Kartellverfahren dauere in der Regel mehrere Jahre. Man habe aber mehrere große Verfahren in der Pipeline. „Es wird wieder höhere Bußgelder geben“, sagt Mundt.
Geldbußen steigen von niedrigem Niveau
2024 hat die Behörde insgesamt rund 26 Mill. Euro an Geldbußen gegen sechs Unternehmen und eine natürliche Person verhängt und rund 53,7 Mill. Euro Bußgelder einschließlich Zinsen eingenommen. Der mit Abstand größte Posten im vergangenen Jahr war eine Geldbuße gegen AVM Computersysteme, bekannt für die Router der Marke „Fritzbox“. Beschäftigte des Unternehmens hatten sich dem Kartellamt zufolge mit sechs Elektronikfachhändlern darüber abgestimmt, zu welchen Preisen AVM-Produkte an Endverbraucher verkauft werden sollten. AVM liegt seit einem Jahr im Portfolio des Finanzinvestors Imker Capital Partners. In der ersten Jahreshälfte 2025 hat die Kartellbehörde bereits 10 Mill. Euro Bußgelder verhängt. Rund 16 Mill. Euro wurden im ersten Halbjahr aus zurückliegenden Verfahren eingenommen.
Im Rahmen der Fusionskontrolle hat die Behörde im vergangenen Jahr rund 870 Zusammenschlüsse geprüft, neun davon in einer vertieften zweiten Phase. Vier von diesen Vorhaben hat das Kartellamt zurückgenommen. In der ersten Jahreshälfte 2025 hat die Behörde bereits die geplante Übernahme mehrerer Vion-Schlachthöfe durch Tönnies International Management (heute Premium Food Group) untersagt. Sie hätte kleinere Wettbewerber in den betroffenen Regionen benachteiligt. Für Mundt ist dies ein Beispiel dafür, dass Wettbewerbskontrolle nicht immer gleich auf nationaler oder globaler Ebene stattfindet. Mitunter sei auch der lokale Markt maßgeblich.