Bitkom-Befragung

KI wirbelt Arbeitsmarkt für IT-Fachkräfte durcheinander

Viele Unternehmen in Deutschland suchen händeringend nach IT-Fachkräften, auch wenn die Fachkräftelücke kleiner ist als in den Vorjahren. Künstliche Intelligenz wird zwar manche Aufgaben übernehmen können, in anderen Bereichen könnte sie den Mangel hingegen sogar verstärken.

KI wirbelt Arbeitsmarkt für IT-Fachkräfte durcheinander

KI wirbelt Arbeitsmarkt für IT-Fachkräfte durcheinander

Personallücke laut Bitkom kleiner als vor zwei Jahren – Unternehmen setzen auf Weiterbildung und Quereinsteiger

sar Frankfurt

IT-Fachkräfte bleiben gesucht. Den Unternehmen in Deutschland fehlen zurzeit 109.000 IT-Experten, zeigt eine Umfrage des Digitalverbands Bitkom unter 855 Unternehmen aller Branchen. Damit ist die Lücke deutlich kleiner als noch vor zwei Jahren, als 149.000 IT-Fachkräfte fehlten. „Die konjunkturelle Eintrübung und geopolitische Unsicherheiten haben dazu geführt, dass Unternehmen bei Neueinstellungen zurückhaltend sind oder sogar IT-Stellen abgebaut haben“, erklärt Bitkom-Präsident Ralf Wintergerst.

Unternehmen fürchten Verschärfung

Jedes fünfte Unternehmen wird sich von Beschäftigten trennen: 14% gehen davon aus, in den kommenden zwölf Monaten IT-Fachkräfte entlassen zu müssen, weitere 6% haben dies bereits getan.
Davon profitieren Wettbewerber: Gut die Hälfte der Befragten sieht durch Stellenabbauprogramme in anderen Häusern bessere Chancen, den eigenen Bedarf an IT-Fachleuten zu decken. 6% haben bereits Beschäftigte eingestellt, deren Stelle in einem anderen Unternehmen gestrichen wurde.

Eine grundsätzliche Entlastung am Arbeitsmarkt spüren die Unternehmen allerdings nicht. 85% sehen derzeit einen Mangel an IT-Fachkräften. 79% gehen davon aus, dass sich dieser in Zukunft verschärfen wird.

Klar ist, dass künstliche Intelligenz den Arbeitsmarkt ordentlich durchrütteln wird – allerdings ist noch nicht absehbar, was das unter dem Strich für den Bedarf an IT-Fachkräften bedeuten wird. Gut ein Viertel der Befragten geht derzeit davon aus, dass KI in ihrem eigenen Unternehmen zu einem Stellenabbau bei IT-Experten führen wird. „KI kann heute in der IT bereits eine Vielzahl von Aufgaben erfüllen, von Supportanfragen bis hin zur Code-Erstellung“, erläutert Wintergerst. Allerdings werde auch der Bedarf an KI-Spezialisten steigen, wenn mehr Unternehmen künstliche Intelligenz in ihre Systeme integrieren wollen, erwartet er. Der Umfrage zufolge gehen 42% der Teilnehmer davon aus, dass in ihrem Unternehmen durch KI sogar ein zusätzlicher Bedarf an IT-Fachkräften entstehen wird. 16% wollen KI als Ersatz für IT-Stellen nutzen, die sie ohnehin nicht erfolgreich besetzen konnten.

IT-Stellen bleiben monatelang unbesetzt

Im aktuellen Umfeld suchen Unternehmen durchschnittlich 7,7 Monate, bis sie eine IT-Stelle erfolgreich besetzt haben. Die Dauer ist im Vergleich zu 2023 unverändert. Allerdings ist das Engagement der Betriebe sehr unterschiedlich. Auf die Frage, was ihr Unternehmen tue, um dem IT-Fachkräftemangel entgegenzuwirken, sagten 29% der Befragten: „Wir tun derzeit nichts.“ Die häufigsten Maßnahmen zur Fachkräftegewinnung sind Weiterbildung (31%), Programme für Quereinsteiger (22%) sowie Initiativen, um ältere Beschäftigte im Job zu halten (19%, Mehrfachnennungen möglich).

„Die Unternehmen müssen ihre eigenen Anstrengungen bei der Rekrutierung von IT-Fachkräften weiter verstärken“, mahnt Wintergerst. Gerade bei Weiterbildung, Quereinstieg und der Gewinnung von Frauen für IT-Berufe sieht er „noch großes Potenzial“.

Nachbesetzungen scheitern an Gehalt und Mobilität

Das häufigste Streitthema bei der Besetzung offener IT-Stellen ist die Vergütung. 63% der Befragten haben erlebt, dass die Gehaltsvorstellungen von Kandidaten sich nicht mit deren Qualifikation deckten. Bei 56% passten die Vorstellungen nicht zum Gehaltsgefüge (Mehrfachnennungen möglich).

Dahinter folgen Hinderungsgründe, die mit der Flexibilität der IT-Fachkräfte zusammenhängen. 44% der Unternehmen berichten von Problemen, weil Bewerber nicht umzugsbereit waren. 43% konnten ihrerseits die Anforderungen an mobiles Arbeiten nicht erfüllen. Jeder vierte Betrieb gibt zudem an, praktisch keine Bewerbungen zu erhalten.