Kohlefaserspezialist

SGL Carbon setzt Schlusspunkt unter Restrukturierung

Beim krisengebeutelten Kohlefaserspezialisten SGL Carbon geht es derzeit aufwärts. Die vor zwei Jahren aufgelegte Restrukturierung greift. Doch Skepsis bleibt. SGL hat schon so manches Sanierungsprogramm hinter sich.

SGL Carbon setzt Schlusspunkt unter Restrukturierung

hek Frankfurt

– Der Kohlefaserspezialist SGL Carbon hat seine Restrukturierung abgeschlossen. Der weitaus überwiegende Teil der geplanten Initiativen sei inzwischen umgesetzt worden, versicherte das Management im November im Bericht über das dritte Quartal 2022. Daher gehe das Management davon aus, die Restrukturierung mit Ablauf des Jahres 2022 zu beenden.

Damit hat der seit Juni 2020 amtierende Vorstandschef Torsten Derr ein wichtiges Etappenziel erreicht. Ende Oktober 2020 verkündete er die Umstrukturierung mit einem Einsparziel von mehr als 100 Mill. Euro und den Abbau von mehr als 500 Stellen oder knapp einem Zehntel der Belegschaft.

Wie weit die Restrukturierung trägt, muss sich nun zeigen. Frühere Programme – und davon gab es etliche – brachten wenig dauerhaften Erfolg. Im Interview der Börsen-Zeitung zeigte sich Derr vor eineinhalb Jahren zuversichtlich, dass diesmal der Effekt nachhaltiger ist, weil sich die Kultur ändere. Das Programm, das in über 750 Teilprojekte aufgeteilt worden sei, stelle eine „wirkliche Transformation“ dar. Die Resultate für 2021 fielen bereits respektabel aus. Die bereinigte Umsatzrendite vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) kletterte von 10,1 % im Vorjahr auf 13,9 % und der Free Cashflow wurde um knapp 19 % auf 111,5 Mill. Euro angereichert.

Nach zwei zehrenden Verlustjahren blieb unter dem Strich mit 75,4 Mill. Euro wieder ein Gewinn hängen. Für SGL, die über viele Jahre regelmäßig mit Gewinnwarnungen enttäuschte, seien die 2021er-Wer­te „ganz außergewöhnliche Zahlen“, stellte Derr seinerzeit klar.

Den Ausblick für 2022, den Investoren anfangs als enttäuschend einstuften, haben die Wiesbadener zunächst im Juni und abermals im September angehoben. Nunmehr stehen 1,2 Mrd. Euro Umsatz sowie 170 Mill. bis 190 Mill. Euro Ebitda, bereinigt um Sondereinflüsse, in der Planung. Vor Zinsen und Steuern (Ebit) werden auf adjustierter Basis zwischen 110 Mill. und 130 Mill. Euro angestrebt, die Kapitalrendite soll zwischen 10 und 12 % liegen. Ursprünglich hatte SGL mit 110 Mill. bis 130 Mill. Euro Ebitda, 50 Mill. bis 70 Mill. Euro Ebit und 5 bis 7 % Kapitalrendite geplant.

Ein Wermutstropfen bleibt allerdings der freie Cashflow, der nach wie vor deutlich unter dem Vorjahreswert von 111,5 Mill. Euro angesiedelt wird. Über die Jahresergebnisse berichtet SGL am 12. März 2023.

Lange Sanierungshistorie

Mit der Einstellung der i3-Produktion durch BMW ist ein lukrativer Großauftrag weggefallen. Die Außenkarosserie dieses E-Autos wurde aus Karbonfaser-Composites gebaut, die SGL zulieferte. Der Vertrag mit BMW lief im Sommer aus. Die freien Kapazitäten werden nach Firmenangaben mit Aufträgen aus der Windenergie gefüllt, die allerdings geringere Margen abwerfen.

Bilanziell hat sich SGL ebenfalls stabilisiert. Die Eigenkapitalquote hat sich von 17,5 % Ende 2020 über 27 % Ende 2021 auf 37,9 % per 30. September 2022 erhöht. Die Nettofinanzschulden machen jetzt noch das 1,3-Fache des bereinigten Ebitda aus – eigentlich eine auskömmliche Re­lation.

Die Ratingagenturen haben ihre Einstufung im vergangenen Frühjahr angehoben. S&P bewertet den Konzern mit „B−“, Moody’s mit „B3“. Damit bewegen sich die Ratings allerdings nur im hochspekulativen Bereich. Infolge der Historie häufiger Zielverfehlungen muss SGL offenbar erst wieder Vertrauen aufbauen. Übersetzt in Kreditkonditionen heißt das: Für die im September platzierte Wandelanleihe im Gesamtnennbetrag von 102 Mill. Euro sind 5,75 % Zinsen fällig. Der Wandlungspreis beträgt 8,33 Euro – ein Aufschlag von 15 % zum derzeitigen Aktienkurs.

Von den bei Bloomberg erfassten sieben Analystenbewertungen lauten vier auf Halten und drei auf Kaufen. Das durchschnittliche Kursziel liegt bei 8,30 Euro. Auf Dividende mussten die Aktionäre, abgesehen von wenigen Jahren, in den vergangenen 20 Jahren meist verzichten.

Die Hoffnung auf blühende Geschäfte durch die Entwicklung neuer Produkte und Anwendungen wurde in der Vergangenheit häufig enttäuscht. In den 2000er-Jahren sorgte beispielsweise die Karbon-Keramik-Bremsscheibe für Fantasie am Kapitalmarkt, aktuell stehen grafitbasierte Komponenten für die Herstellung von Siliziumkarbid-Halbleitern und Grafitanodenmaterial für E-Auto-Batterien im Fokus.