Energie

Steag wieder obenauf

Der Kraftwerksbetreiber Steag kann sein Glück kaum fassen: Pünktlich zum Start des Verkaufsprozesses sprudeln die Gewinne wieder. Vor einem Jahr sah das noch ganz anders aus.

Steag wieder obenauf

ab Köln

Die Steag, fünftgrößter Energiekonzern in Deutschland, ist einer der großen Profiteure der Krise. Stand das Unternehmen vor einem Jahr noch mit dem Rücken zur Wand – die kreditgebenden Banken pochten auf die Übergabe an einen Treuhänder –, ist davon kaum noch etwas zu spüren. Im Gegenteil: Dank der stark gestiegenen Strompreise hat sich der Gewinn des Kraftwerksbetreibers im ersten Halbjahr vervielfacht, wie aus dem Zwischenbericht hervorgeht. „Wir liegen nach Ablauf der ersten Hälfte des Geschäftsjahres bei allen relevanten Kennzahlen deutlich über Plan“, freut sich der Vorsitzende der Geschäftsführung, Andreas Reichel. Nach Steuern steht ein Gewinn von 320 (i.V. 39) Mill. Euro zu Buche.

Perspektivisch wird es noch besser, können die Essener dank des kürzlich in Kraft getretenen Ersatzkraftwerkebereithaltungsgesetzes (EKBG) doch wieder zwei Kraftwerke aus der Netzreserve holen und zwei weitere länger laufen lassen. „Insgesamt sind so 2 300 Megawatt Kraftwerksleistung spätestens ab November 2022 einsatzbereit und am Markt verfügbar“, sagt Reichel im Gespräch mit der Börsen-Zeitung.

Auch Uniper bringt das Steinkohlekraftwerk Heyden 4 in den Markt zurück. Das Kraftwerk werde ab 29. August bis 30. April 2023 wieder Strom für den Markt produzieren. Zunächst werde der Betrieb jedoch noch limitiert sein aufgrund der begrenzten Schienentransportkapazität für Kohle. Ein Thema, das auch Steag umtreibt. Reichel ist jedoch zuversichtlich, „bis 1. November auch die Kohleversorgung der beiden Kraftwerke im Saarland, die aus der Netzreserve an den Markt zurückkehren, sicherstellen zu können“.

Das EKBG eröffne die Aussicht auf einen Weiterbetrieb der vier Steinkohleblöcke bis ins Frühjahr 2024. Nach den Plänen der Geschäftsführung wird sich die Steag bis dahin aber schon im Besitz anderer Eigentümer befinden. Denn die bisherigen Gesellschafter, sechs Ruhrgebietskommunen, wollen aussteigen. Angesichts der günstigen Rahmenbedingungen soll der Verkauf nun sogar vorgezogen werden. Der offizielle Startschuss für den Verkauf soll im Herbst fallen. Morgan Stanley begleitet den Prozess.

Dabei soll die Steag als Ganzes veräußert werden. Ein Vorhaben, dass bis vor kurzem noch als reichlich aussichtslos galt. Doch der Wind hat sich gedreht, die Kohlemeiler, die vor kurzem noch als Hindernis für den Verkauf galten, verdienen seit Ende September wieder Geld. „Im ersten Market Sounding haben wir Finanzinvestoren, Infrastrukturinvestoren und strategische Investoren angesprochen. Das Interesse, auch am schwarzen Bereich, ist groß“, sagt Reichel. Angesprochen wurden um die 30 Investoren.

Zwar kämen auch Investoren nicht an Umweltaspekten vorbei, doch ESG (Environment, Social, Governance) bestehe eben nicht nur aus dem „E“, sagt Reichel und merkt an, dass Bezahlbarkeit und Versorgungssicherheit – unter „Social“ zu subsumieren – zunehmend in den Blick der Investoren gerieten. „Der Wert unseres schwarzen Bereichs hat sich deutlich erhöht. Vor einem Jahr lag er noch unter 0“, verdeutlicht der seit Jahresbeginn amtierende Steag-Chef und liebäugelt sogar mit Wachstumsinvestitionen „in nennenswertem dreistelligen Millionenbereich“. „Das würde auch dem Verkaufsprozess dienen“, ist Reichel überzeugt.

Dividende als Kredit

Steag profitiert aber auch bilanziell vom aktuellen Marktumfeld, führen die gestiegenen Kapitalmarktzinsen doch zu einer Entlastung bei den Pensionsverbindlichkeiten. Ausgehend von 1,2 Mrd. Euro Ende 2021 haben sich diese zum 30. Juni 2022 auf 880 Mill. Euro verringert. Zugleich hat sich die Eigenkapitalsituation entspannt. Zum 30. Juni standen dort wieder 304 Mill. Euro, zum Bilanzstichtag waren es schmale 0,6 Mill. Euro.

Zwar sieht der Sanierungsplan vor, dass die Steag bis einschließlich 2022 keine Ausschüttung mehr vornimmt. Doch gilt eben auch: „Der Dividendenanspruch der Eigentümer besteht auch in der Sanierungsphase. Es fließt aber keine Dividende, sondern wir erhalten einen entsprechenden Kredit der Eigentümer“, erklärt Reichel.

Steag
Konzernzahlen nach IFRS
1. Halbjahr
in Mill. Euro20222021
Umsatz24081046
Ebitda450147
Ebit38677
Periodenergebnis32039
Nettoverschuldung303485*
Eigenkapital3040,6*
*) zum 31.12.2021Börsen-Zeitung
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