Wertkorrekturen belasten

Thyssenkrupp kappt Prognose erneut

Wiederholungstäter: Zum zweiten Mal in Folge muss Thyssenkrupp die Jahresprognose anpassen. Erneut sind es Wertkorrekturen, die die Planung verhageln. Doch Vorstandschef Miguel López wähnt sich auf Kurs.

Thyssenkrupp kappt Prognose erneut

Thyssenkrupp kappt erneut Prognose

Verlust im Gesamtjahr erwartet – Wertkorrekturen im Werkstoffhandel – Wasserstofftochter Nucera unter Druck

Das maue wirtschaftliche Umfeld und weitere Wertkorrekturen zwingen Thyssenkrupp erneut zur Anpassung der Jahresziele. Unter dem Strich wird abermals ein Verlust erwartet. Im ersten Halbjahr sind bereits –392 Mill. Euro aufgelaufen. Vieles hängt am neuen Konzept für das Stahlgeschäft, an dem der Spartenvorstand arbeitet.

ab Düsseldorf

Allen Transformationsbemühungen zum Trotz kommt Thyssenkrupp auf keinen grünen Zweig. Mussten die Essener ihren Ausblick nach dem ersten Quartal korrigieren, folgt nach dem ersten Halbjahr eine weitere Korrektur. Immerhin: Trotz des erwarteten Umsatzrückgangs soll das bereinigte Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) wie geplant über dem Vorjahresniveau von 703 Mill. Euro liegen, wie der Mischkonzern mitteilte. Abstriche werden lediglich in der Stahlsparte gemacht. Deren operatives Ergebnis soll nach dem schwachen Vorjahr nur noch „weitgehend stabil“ ausfallen.

Geschraubt wird auch am Zielwert für das Jahresergebnis. Hier wird erneut mit einem Verlust gerechnet, und zwar im niedrigen dreistelligen Millionenbereich. Im Vergleich zum Vorjahr, als ein Fehlbetrag von 2 Mrd. Euro die Bilanz verunzierte, wäre auch das eine signifikante Verbesserung.

Bestätigt wird dagegen die Cashflow-Prognose. Avisiert wird ein positiver dreistelliger Millionenbetrag, der allerdings unter den 363 Mill. Euro liegen soll, die 2022/23 (zum 30. September) erwirtschaftet wurden. Im ersten Halbjahr flossen 728 Mill. Euro ab, was der scheidende Finanzchef Klaus Keysberg vorwiegend auf saisonale Effekte zurückführt.

Wertkorrekturen belasten Thyssenkrupp

Wenngleich das bereinigte operative Ergebnis im Berichtsquartal über den Analystenerwartungen lag, blieb es um 10% hinter dem Vorjahreswert zurück. Ursächlich dafür waren Preis- und Mengenrückgänge vor allem in den stahlnahen Geschäften. Weitere Impairments im Werkstoffhandel – nach 36 Mill. Euro im ersten Quartal wurden erneut 60 Mill. Euro fällig – sowie ergebnisbelastende Effekte aus der Marktbewertung von CO2-Terminkontrakten drückten das Periodenergebnis mit –72 Mill. Euro in die roten Zahlen. Damit summiert sich der auf die Thyssen-Aktionäre entfallende Verlust im ersten Halbjahr auf 392 Mill. Euro.

Vorstandschef Miguel López ließ in der Telefonkonferenz keine Zweifel daran, dass die Performance aller Geschäfte noch nicht da ist, wo sie hin soll. Gleichwohl machte er Fortschritte auf dem Weg dorthin aus. Zugleich hält sich der seit einem Jahr amtierende Vorstandschef zugute, bei den strategischen Themen Fahrt aufgenommen zu haben. Das betreffe zum einen die Stahlsparte, an der sich der tschechische Milliardär Daniel Křetínský in einem ersten Schritt mit 20% beteiligen will. Am 23. Mai muss der Aufsichtsrat der Ende April geschlossenen Vereinbarung noch zustimmen.

Bei Marine Systems wird zweigleisig gefahren

López apostrophierte die Vereinbarung als „Meilenstein“ auf dem Weg in die Eigenständigkeit. Parallel dazu erarbeitet der Stahlvorstand derzeit einen neuen Geschäftsplan, um die Sparte wieder wettbewerbsfähig zu machen. Ohne neues Konzept sei der Stahlstandort Duisburg in seiner Gesamtheit gefährdet, sagte López. Zwar hatte der Stahlvorstand kürzlich ein Grundkonzept vorgelegt, das Einschnitte in den Produktionskapazitäten vorsieht, ein detailliertes Zukunftskonzept steht jedoch noch aus. López betonte, dabei möglichst ohne betriebsbedingte Kündigungen auskommen zu wollen. Eine entsprechende Betriebsvereinbarung läuft noch bis 2026.

Zum anderen sei Thyssenkrupp auch bei der geplanten Verselbständigung von Marine Systems auf Kurs. Hier werde zweigleisig gefahren: Neben einem Teilverkauf an Private Equity – Carlyle wirft gerade einen vertieften Blick in die Bücher – werde auch die Möglichkeit der Verselbständigung via Spin-off sondiert. Unabhängig davon prüft auch die Bundesregierung eine mögliche Beteiligung.

Wasserstoff-Tochter schmiert an der Börse ab

Für die wohl größte Enttäuschung sorgte das Segment Decarbon Technologies, in dem Thyssenkrupp die Geschäfte gebündelt hat, die auf Technologien zur Dekarbonisierung setzen. Der Kurs der seit einem Jahr notierten Nucera, die Elektrolyseure zur Wasserstoffgewinnung herstellt, schmierte in der Spitze um über 13% ab. Die Aktie von Thyssenkrupp kürzte ihre anfänglich hohen Verluste im Tagesverlauf dagegen ein.

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