Desiree-Jessica Pely und Mennatallah Balbaa

„Vielfalt allein reicht nicht aus“

Unternehmen sind erst dann wirtschaftlich erfolgreicher, wenn Frauen in Vorständen nicht nur einen Sitz haben, sondern auch eine echte Stimme. So lautet das Fazit einer Studie der Münchner Forscherinnen Desiree-Jessica Pely und Mennatallah Balbaa.

„Vielfalt allein reicht nicht aus“

Von Detlef Fechtner, Frankfurt

Die Beteiligung von Frauen in Führungsgremien spiegelt sich nicht automatisch im unternehmerischen Erfolg wider, solange die Frauen nur eine Statistenrolle einnehmen. Diese Schlussfolgerung ziehen Desiree-Jessica Pely und Mennatallah Balbaa im Gespräch mit der Börsen-Zeitung auf Grundlage einer von ihnen durchgeführten Studie. Pely ist assoziierte Mitarbeiterin und Balbaa wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Kapitalmärkte und Finanzwirtschaft der Ludwig-Maximilians-Universität München.

Die beiden Forscherinnen haben analysiert, welche Zusammenhänge es zwischen dem wirtschaftlichen Erfolg von amerikanischen Unternehmen und deren Beteiligung von Frauen in den Führungsgremien gibt. Dabei haben sie differenziert, inwieweit die weiblichen Vorstandsmitglieder tatsächlich an Entscheidungen beteiligt worden sind oder nicht. „Vielfalt allein reicht nicht aus“, lautet ihr Fazit.

Unternehmen könnten erst dann ihren unternehmerischen Erfolg steigern, wenn Frauen in Führungsgremien „nicht bloß zahlenmäßig repräsentiert sind, sondern auch eingegliedert“. Diversität ohne Inklusion sei  insofern nur eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung für eine höhere Performance des jeweiligen Unternehmens im Vergleich zu Firmen ohne Diversität.

„Weibliche Vorstandsmitglieder“, argumentiert Pely, „dürfen nicht nur Statisten sein.“ Vielmehr seien effektive Kollaboration und Kooperation entscheidend. Die Studie gründet auf der Auswertung von Daten großer US-Unternehmen, die in Indizes wie dem S&P 500 oder dem Russell 3000 gelistet sind. Informationsbasis ist die Finanzmarkt-Datenplattform Refinitiv Eikon. Die Daten stammen aus Jahres- und Nachhaltigkeitsberichten sowie anderen öffentlich zugänglichen Quellen aus den Jahren 2014 bis 2019.

Als Kennziffer für die Unternehmensperformance wurde unter anderem die Gesamtkapitalrendite (return on assets) benutzt. Kriterien für das Maß der Eingliederung weiblicher Führungskräfte waren unter anderem Parameter in Zusammenhang mit Kinderbetreuung, flexiblen Arbeitszeiten und den Diversity-Zielen des Unternehmens.

Die beiden Forscherinnen unterscheiden zwischen einer „authentischen Diversität“ und einer „symbolischen Diversität“. „Unternehmen mit einer authentischen Diversität sind Unternehmen mit einer symbolischen Diversität nicht nur in Hinsicht auf finanzielle Leistungskennziffern überlegen, sie engagieren sich auch stärker in umweltfreundlichen Initiativen und Prozessen“, unterstreicht Balbaa.

Sie schließen an ihre Studie die Empfehlung an, dass Unternehmen offenlegen sollten, inwieweit sie Frauen in den Führungsgremien eingliedern.

„Um sicherzustellen, dass weibliche Vorstandsmitglieder nicht nur einen Sitz, sondern auch eine Stimme haben und an Entscheidungen beteiligt werden, sollten Unternehmen Praxis und Politik der Eingliederung und Integration transparent machen“, sagt Pely. Die bloße Offenlegung von Zahlen über die Anzahl der Frauen in Führungsgremien ist nach Dafürhalten der Studienautorinnen ungenügend.