Windenergie

Zu wenig Zubau an Land

Der Zubau der neu installierten Leistung von Windenergie an Land hat 2021 die Branchenprognose verfehlt. Die Industrie begrüßt die Pläne der neuen Bundesregierung, den Ausbau deutlich zu beschleunigen.

Zu wenig Zubau an Land

ste Hamburg

Der Bruttozubau an installierter Leistung von Windenergie an Land hat sich 2021 in Deutschland verglichen mit dem Vorjahr um 35% auf 1925 Megawatt erhöht. Zu diesem Ergebnis kommt eine Analyse der Deutschen Windguard im Auftrag des Bundesverbandes Windenergie (BWE) und des Hersteller-Fachverbandes VDMA Power Systems. Der Zubau blieb damit nicht nur hinter der von den Verbänden im Juli vorigen Jahres genannten Prognose von 2200 bis 2400 MW bei störungsfreien Abläufen in den Lieferketten und bei der Errichtung zurück, wie VDMA-Power-Systems-Geschäftsführer Dennis Rendschmidt in einer virtuellen Pressekonferenz am Donnerstag anmerkte. Die Zubaumenge reiche zudem wie schon 2020 nicht aus, um den Klimazielen der Bundesregierung und dem wachsenden Strombedarf für klimaneutrale Energie gerecht zu werden.

Der Gesamtbestand der Windenergie an Land in Deutschland erreichte zum Ende des abgelaufenen Jahres 28230 Anlagen mit einer installierten Leistung von zusammen 56,1 (i.V. 54,9) Gigawatt (GW). BWE-Präsident Hermann Albers sagte, bei 2 % der Landesfläche, die die Branchenorganisationen in jedem Bundesland als Mindestbasis für den Ausbau der Windenergie in Deutschland als erforderlich ansehen, seien die Umsetzung einer Gesamtleistung von 200 GW und ein Beitrag im Stromsektor von 770 Terawattstunden zu erwarten. Bei der Anzahl der Windkraftanlagen geht Albers unter der Voraussetzung des Einsatzes der jeweils modernsten Technik bundesweit absehbar von 30000 bis 35000 aus – von einer Größenordnung nahe der aktuellen. Relevant für die Energiewende sei vor allem, wie viel Erzeugung ins Netz gelange.

Albers kritisierte mit Blick auf die ungleiche regionale Verteilung des Windenergiezubaus – 2021 wurde mit 74 % der neu installierten Leistung der Großteil des Bruttozubaus in den vier Ländern Niedersachsen, Brandenburg, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein realisiert – das Festhalten Bayerns an der 10-H-Regel, nach der ein Windrad mindestens das Zehnfache seiner Höhe von der nächsten Wohnsiedlung entfernt sein muss. Eine Abschaffung der Regel und Anpassung der Vorgaben an Bedingungen wie in anderen Bundesländern zum Ausbau der Windenergie an Land sei notwendig. In den südlichen Ländern Bayern, Baden-Württemberg und Sachsen, die im vergangenen Jahr zusammen für 7,4% des Zubaus sorgten, werde es nun, so Albers, unerlässlich, „auf die Tube zu drücken“.

Die Branchenorganisationen be­grüßten die vom neuen Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) in einer Eröffnungsbilanz in der vergangenen Woche angekündigten Sofortmaßnahmen, um einen deutlich höheren Zubau bis 2030 zu ermöglichen. Ein Onshore-Ziel von mindestens 100 GW installierter Leistung bis 2030 bedeute bereits im Jahr 2023 rund 5 MW Zubau sowie 10 MW jährlich ab 2027, so VDMA-Power-Systems-Geschäftsführer Rendschmidt. Verglichen zur Planung des bisherigen Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG), das bald mit dem sogenannten „Oster-Paket“ erneut angepasst werden soll, seien 32 GW zusätzlich über neun Jahre erforderlich. Rendschmidt betonte, diese Mengen seien für die Anlagenhersteller zu stemmen, wenn die Zubaubedingungen für notwendige Verlässlichkeit sorgten.

Für 2022 erwarten die Verbände auf Basis einer Auswertung bereits bezuschlagter Projekte und der bisherigen Realisierungsgeschwindigkeit von Ausschreibungsanlagen einen Onshore-Ausbau von 2,3 bis 2,7 GW. Als vorrangig sehen die Branchenorganisationen weiterhin neben der schnellstmöglichen Umsetzung von Maßnahmen für mehr Flächen forcierte Genehmigungsverfahren an. Dem BWE-Präsident Albers zufolge werde die Bedeutung des Repowering, also des Ersetzens alter Anlagenteile durch moderne und effizientere auf Bestandsflächen, unterschätzt. Die zügige Erneuerung von Anlagenparks sei ein Schlüssel, um die Zubauziele zu erreichen.