Finanzplatz Hamburg

Hamburg muss ein Zuhause für Zukunftsthemen bieten

Eine Start-up-Förderung dient der Stärkung des Finanzplatzes Hamburg. Mehr Fintechs braucht die Stadt.

Hamburg muss ein Zuhause für Zukunftsthemen bieten

Hamburgs Rolle als Tor zur Welt ist international bekannt und fast so alt wie die Stadt selbst. Begründet ist sie im Hafen und der erfolgreichen Geschichte als Handels- und Hansestadt über die Jahrhunderte. Doch was viele nicht wissen: Erst die ebenfalls schon früh global handelnde Hamburger Finanzwirtschaft machte den internationalen Handel möglich. Kein anderer deutscher Finanzplatz hat mehr Ideen und Innovationen hervorgebracht, die noch heute in der Finanzwelt relevant sind: Die Hamburger Börse ist die älteste, noch heute aktive Börse auf dem europäischen Kontinent. Der erste Versicherer der Welt war die von Bürgerschaft und Rat im Jahr 1676 gegründete Hamburger Feuerkasse.

Auch die Idee der Sparkasse hatte im achtzehnten Jahrhundert in Hamburg ihren Ursprung und verschaffte erstmals einfachen Leuten die Möglichkeit, ihr Geld gegen Zinsen anzulegen. Mit der Gründung der Hamburger Bank durch die Stadt im Jahr 1619 entstand die erste staatlich betriebene Girobank in Deutschland. Gegen Ende des achtzehnten Jahrhunderts war Hamburg gar das wichtigste Finanzzentrum in Nordeuropa.

Herausforderung und Chance

Heutzutage sind die Superlative etwas seltener gesät. Dennoch zählt Hamburg auch in diesem Jahrhundert noch zu den wichtigsten Finanzstandorten Deutschlands. Die großen Versicherungsanbieter sind ebenfalls mit einem vielfältigen Angebot in der Stadt vertreten. Doch um Hamburg als Finanzstandort nachhaltig zu stärken und damit Zukunftsfähigkeit zu sichern, muss die Stadt ein Zuhause für Zukunftsthemen bieten. Globale Megatrends wie Digitalisierung und Plattformökonomie können disruptiv wirken und sind auch für die Hamburger Finanzwirtschaft eine Herausforderung.

Mit vereinten Kräften kann nicht nur die Transformation besser begleitet, sondern auch die Chance dahinter genutzt werden. Die Stadt Hamburg hat das erkannt und gemeinsam mit weiteren Initiatoren wie der Handelskammer, dem Bankenverband Hamburg, der Börsen AG und engagierten Unternehmen den Masterplan Finanzwirtschaft entwickelt.

Er definiert gemeinsame Handlungsfelder, darunter die Förderung von Fintechs und den verwandten Insur-, Legal- und Regtechs. Mit technologiegetriebenen Geschäftsmodellen und Arbeitsprozessen treten diese neuen Akteure als wichtige Treiber des Innovationsprozesses im Finanzsektor auf.

Gerade die Start-ups unter ihnen tragen maßgeblich zur Entwicklung bei und schaffen neue Arbeitsplätze. N26 und der Neobroker Trade Republic sind nationale Beispiele mit inzwischen vielen Kunden und Mitarbeitern. In Hamburg haben sich in den vergangenen Jahren beispielsweise Deposit Solutions, Nect und CollectAI eindrucksvoll entwickelt. Traditionelle Akteure können und müssen von ihnen lernen: Für Hamburg als Finanzstandort sind innovative Unternehmen aus dem Finanz- und Technologiesektor mindestens ebenso wichtig wie leistungsfähige Bildungs- und Forschungseinrichtungen und eine starke digitale Infrastruktur.

Neues Förderprogramm

Im Rahmen der Masterplan-Umsetzung startet im ersten Quartal 2022 ein neues, durch die Hambur­gische Investitions- und Förderbank (IFB Hamburg) strukturiertes Förderprogramm. Es soll die Gründung und das Wachstum von Fintechs, Insurtechs, Legaltechs und Regtechs am Standort Hamburg unterstützen. Das Fördervolumen liegt in diesem Jahr bei insgesamt 2,5 Mill. Euro. Das Kapital soll dazu dienen, Start-ups im Hinblick auf das Geschäftsmodell, die Produktentwicklung, den Markteintritt und das Wachstum zu finanzieren. Dies geschieht über einen Zuschuss zur anteiligen Finanzierung der Kosten für den Unternehmensaufbau, der nicht zurückgezahlt werden muss. Die Mittel sollen regelmäßig im Rahmen der Meilensteinplanung und Zielerreichung abgerufen werden.

Zu den Voraussetzungen, die Bewerber für das Förderprogramm erfüllen sollten, zählen eine aussichtsreiche wirtschaftliche Perspektive und erwartbare, positive Standorteffekte, zum Beispiel mit Blick auf entstehende Arbeitsplätze. Ein innovatives Geschäftsmodell ist ebenfalls Voraussetzung. Dabei sind grundsätzlich neben technologischen auch Geschäftsmodell-, Dienstleistungs- und Prozessinnovationen förderfähig. Antragsberechtigt sind sowohl natürliche Personen, die gründen wollen, als auch junge bestehende Unternehmen. Die Antragstellung erfolgt über die IFB-Tochter IFB Innovationsstarter GmbH und ist bis zum 30. November 2022 möglich.

Alle großen Unternehmen waren irgendwann mal Start-ups. Damit sie wachsen und groß werden konnten, waren nicht nur unternehmerisches Können und gute Ideen notwendig, sondern auch ein unternehmensfreundliches Umfeld samt passender Infrastruktur. Das hat Hamburg zu Zeiten der Hanse vielen Unternehmern geboten, und das möchte Hamburg heute auch für Start-ups bieten.

Die Stadt hat ein breites Unterstützungsangebot für junge Unternehmen und nimmt eine aktiv gestaltende Rolle mit ihrer Innovationsförderung ein. Dabei finden junge Unternehmen kompetente Beratung, die ihnen den Zugang und die Teilhabe an der geschaffenen Förderlandschaft erleichtert. Von verschiedenen Förderprogrammen bis zum Beteiligungsfonds gibt es dort finanzielle Unterstützung für innovative Start-ups in der Pre-Seed- und Seed-Phase. Für ihre aussichtsreichen Ideen erhalten so pro Jahr durchschnittlich 50 Hamburger Start-ups eine Innovationsförderung durch die IFB Hamburg und ihre Tochtergesellschaft. Damit ist die Förderbank die aktivste Kapitalgeberin für innovative Gründungsvorhaben in Hamburg.

Die Fintech-Förder­initiative ergänzt die bestehende Förderlandschaft nun gezielt um einen wichtigen Branchenfokus und stärkt damit die bestehende Fintech-Landschaft. Im September 2020 zählte der Fintech Monitor von Fintech Hamburg 71 Start-ups, die sich aktiv miteinander vernetzen. Die Grundlagen für eine aktive Vernetzung untereinander wachsen stetig und reichen von Veranstaltungen wie der jährlichen Fintech Week über Newsletter wie den Finletter bis hin zu Coworking Spaces wie dem Fintech-Hub Finhaven, in dem Community-Building und Networking großgeschrieben werden.

Ziel muss es sein, ein starkes Ökosystem für junge Unternehmen in der Finanzwirtschaft zu schaffen. Deshalb wird auch die Fintech-Förderung per­spektivisch nicht bei der Seed-Phase aufhören, sondern soll mit den Unternehmen wachsen – möglichst vom Business-Angel-Matching bis zum Co-Investment-Fonds, um nachhaltige Finanzierungsmodelle für jeden Lebenszyklus anzubieten.

Ein weiterer Aspekt ist Teil dieser Zukunftsperspektive: Die Bundes­regierung will Deutschland zu ei­nem führenden Sustainable-Fi­nance-Standort machen. Der Hamburger Finanzplatz wird von Akteuren geprägt, die mit ihrer breiten Expertise und ihrer Finanzkraft die besten Voraussetzungen bieten, um den Standort in Richtung Green Finance und Impact Investing zu entwickeln. Die Fintechs, die sich hier ansiedeln, werden auch dieser Transformation zusätzliche Dynamik verleihen.

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