Malte Rau

Das Fintech mit der echten Kreditkarte

Da in der Zahlungsabwicklung für Firmenkunden höhere Interchange-Vergütungen möglich sind als in Retail, kann das Fintech Pliant mit Cashbacks operieren. Außerdem können Digitalkunden über die Karte Working-Capital-Kredite erhalten. In Arbeit ist eine E-Money-Lizenz für Pliant.

Das Fintech mit der echten Kreditkarte

Von Björn Godenrath, Frankfurt

Payment-Fintechs gibt es wie Sand am Meer, die meisten setzen dabei auf Debitkarten. Damit bleibt eine wesentliche Funktion des allgemein als „Kreditkarte“ bekannten Zahlungsverkehrsinstruments ausgeklammert, nämlich die Kreditfunktion, wie sie zu einer echten Kreditkarte gehört. Genau das ist der Fokus des Berliner Fintech Pliant. „Wir räumen Firmenkunden über die Karte echte Kreditlinien ein, womit wir vor allem Digitalunternehmen adressieren, aber auch zunehmend normale KMUs ansprechen. Das Problem, das wir lösen, ist, dass diese Firmen häufig monatlich größere Ausgaben haben für Online-Marketing, was sich im siebenstelligen Bereich bewegen kann – diesen Anspruch können Banken mit ihren Limits nicht befriedigen“, so Pliant-Chef Malte Rau im Gespräch mit der Börsen-Zeitung.

In diese Service-Lücke stößt die von Fabian Terner und Malte Rau im Mai 2020 gegründete Pliant. Die beiden hatten zuvor Station gemacht bei Fintechs wie der mittlerweile voll in die ING integrierten Lendico, der im genossenschaftlichen Verbund aufgegangenen Fincompare und Auxmoney – wobei Auxmoney-Gründer Raffael Johnen zu den ersten Geldgebern des Berliner Fintechs gehört. Und wer bei Kreditkarten auf Firmenkundentransaktionen zielt, der kann mehr mitnehmen als im Retail-Zahlungsverkehr. „Jede Visa-Transaktion bringt uns beispielsweise 1,5% Provision, in Retail ist die Interchange auf 0,3% gedeckelt. Das ist also eine wesentliche Einnahmequelle für uns“, erklärt Rau. Pliant sei dabei stark auf die Karte mit der Tech-Plattform fokussiert und integriere Dinge wie Reisekostenabrechnung über Partner. Ein solches Produkt könne das Ausgabenmanagement in Unternehmen digitalisieren, was die Verwaltung mit extrem vielen Buchungen vereinfache. „Vollständig digitales Karten- und Belegmanagement, nahtlose Integration in bestehende Finanz- und Buchhaltungssoftware garantiert“, heißt es.

Margen eng kalkuliert

Die Konkurrenzsituation ordnet Rau so ein: Pionier Brex ist nur in den USA tätig, für Anbieter wie Spendesk sei die Kreditkarte nur Türöffner für Software-Dienste, die obendrauf verkauft werden. Bei Stripe und Revolut sei die Business-Kreditkarte nur ein weiteres Feature und Qonto/Penta mehr Kontodienst als Karte. Für Pliant ist eine solche Differenzierung wichtig, sortiert sich bei den Fintech-Geschäftsmodellen derzeit doch die Spreu vom Weizen. Dabei sind die Margen auch im provisionsträchtigen Firmenkundesegment eng kalkuliert: Pliant räumt Kunden Cashbacks von bis zu 1% ein.

Bei der regulatorischen Aufstellung peilt Pliant ein Upgrade an: „Unser regulatorisches Setup sieht so aus, dass wir die Banklizenz über den Partner Varengold Bank abdecken. Um in unserem Geschäftsmodell eine größere Wertschöpfungstiefe zu erreichen, haben wir kürzlich eine europäische E-Money-Lizenz beantragt.“ In welchem Land genau, das will Rau im Moment nicht sagen – eine Spur führt zumindest nach Finnland. Partner für das „Issuing“ ist heute die Transact Payments Malta Limited, während Varengold Konten, Sepa-Infrastruktur und Kreditlinien bereitstellt.

Wenn es gut läuft, sollte die E-Geld-Lizenz in sechs Monaten bewilligt sein – aber es komme mit Nachfragen der Behörden meist zu Verschiebungen nach hinten, berichtet Rau aus dem mühsamen bürokratischen Alltag eines Fintechs. Aber diese Mühe sollte sich lohnen: „Eine solche E-Money-Lizenz eröffnet uns erheblich mehr Möglichkeiten, denn im Zusammenhang mit Payment-Vorgängen können grundsätzlich bankähnliche Dienstleistungen wie Ratenkredite angeboten werden. Auch Depositen wären möglich, aber das wäre noch mal eine ganz andere Dimension.“ Jedenfalls eröffnen sich für Pliant mit einer E-Money-Lizenz neue Möglichkeiten zur Monetarisierung, was aber zusätzliche Vorabinvestitionen erfordert. „Gleichzeitig ist es so, dass wir dann Mitglied bei Visa und Master Card werden müssten für die Kartenherausgabe, das wäre also insgesamt ein größeres Tech-Projekt und Investment für uns.“

Bereit für nächsten Schritt

Deshalb fasst Pliant auch eine weitere Finanzierungsrunde ins Auge, nachdem man zuletzt Ende 2021 rund 18,5 Mill. Euro aufgenommen hatte. Jetzt sei es so, dass man zwar nicht abhängig von einer neuen Finanzierung sei, dass aber trotzdem noch vor der Lizenzvergabe angehen wolle, um für den daran gekoppelten nächsten Schritt gerüstet zu sein. Neben den Bestandsinvestoren hätte man gerne auch einen neuen Investor dabei wegen der Perspektive auf eine folgende SeriesA. Die Stimmung bei den Investoren sei derzeit gemischt, man sei aber recht zuversichtlich, dass Pliant eine der Unternehmensentwicklung entsprechende, vernünftige Bewertung erzielen könne. Zu den bisherigen Aktionären gehören Alstin Capital (Maschmeyer), Neosfer (ehemals Main Incubator, Commerzbank) sowie Embedded Capital von Ramin Niroumand.

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