Sachwerte

Fondsformat Eltif zündet in Deutschland

Nach Commez Real setzt mit Union Investment eine weitere große Fondsadresse auf das europäische Fondsformat Eltif. Privatleute können damit in Private Equity, Private Debt und Infrastruktur investieren. Auch andere Adressen dürfen folgen.

Fondsformat Eltif zündet in Deutschland

Von Jan Schrader, Frankfurt

Nach Jahren des Stillstands kommt das europäische Fondsformat Eltif in Bewegung: Nach Auflage des „Klima­vest­“ der Commerz Real kündigt Union Investment in Kooperation mit der weltgrößten Fonds­gesellschaft Black­rock ein neues Fondsvehikel für privat platzierte Beteiligungen und Infrastrukturvorhaben an. Bereits vom 2. Mai bis zum 8. Juli können die Anteile des „Uni­Alternativ: Privatmarkt Eltif A“ gezeichnet werden, wie die zentrale Fondsanbieterin der Kreditgenossenschaften am Donnerstag mitteilte. „Eltif-Produkte für das gehobene Privatkundengeschäft in Deutschland sind rar und das Potenzial ist daher groß“, erklärt Jochen Wiesbach, Leiter des Produktmanagements und ein Ge­schäftsführer der Gesellschaft.

Noch wird der Eltif, Kurzform für „European Long-term Investment Fund“, in Deutschland wie auch in Europa selten genutzt. Die Analysefirma Scope zählt ein Fondsvolumen von 7 Mrd. Euro per Jahresende und schätzt die Größe des Segments inklusive einiger nicht erfasster Fonds auf 7,2 Mrd. bis 7,7 Mrd. Euro. Der größte Anteil entfällt mit mehr als 1,8 Mrd. Euro auf Italien. Privatanleger können hier von der Kapitalertragsteuer ausgenommen werden, sofern sie für mindestens fünf Jahre Geld anlegen und der Fonds in Italien oder in Innovationen investiert. Ein ähnlicher großer Eltif-Markt hat sich in Frankreich aufgetan, wo viele Fonds allerdings nur an professionelle Investoren verkauft werden. Eltifs eignen sich für Anlageklassen wie Private Equity, Private Debt und Infra­struktur und binden das eingezahlte Kapital über Jahre hinweg.

„Meilenstein“ erreicht

Deutschland ist mit 870 Mill. Euro per Jahresende noch ein kleiner Markt – mit 590 Mill. Euro prägt vor allem der „Klimavest“ der Commerz Real das Segment. Der Fonds investiert in erneuerbare Energien, nachhaltige Infrastruktur, Mobilität und Forstwirtschaft und soll laut Ankündigung von Oktober 2020 perspektivisch ein Eigenkapital von mindestens 10 Mrd. Euro aufbauen und insgesamt ein Portfolio von 25 Mrd. Euro erreichen. Das neue Vehikel von Blackrock und Union Investment zielt hingegen auf Private Equity, Private Debt und auf Infrastruktur. Die Laufzeit beträgt mindestens zehn Jahre und kann zweimal um jeweils ein Jahr verlängert werden. Das Fondsmanagement wird bei Blackrock liegen. Eine Auflage eines Fonds im Sektor der Kreditgenossenschaften wäre ein weiterer „Meilenstein“ für das Segment, schreibt Scope.

Auch andere Adressen mischen bereits mit. So bietet die UBS ihren Kunden Fonds der Schweizer Partners Group an. Goldman Sachs, die im Assetmanagement gerade die Fondstochter des niederländischen Versicherers NN gekauft hat, erwägt ebenfalls einen Einstieg in das junge Fondssegment. In Frankreich sind große Adressen wie Amundi­ und BNP Paribas vertreten, aber auch spezialisierte Häuser wie October und Turenne. Auf Italien haben es etwa Eurizon, Azimut und die US-Gesellschaft Muzinich abgesehen. Häufig greifen professionelle Investoren zu den Fonds, doch hatte die Europäische Union auch das Segment der privaten Anleger im Blick, als sie im Jahr 2015 das Fondsformat lancierte.

Private Anleger dürfen in der Regel allerdings nicht mehr als ein Zehntel ihres Vermögens in den unflexiblen Sachwertefonds investieren, sofern sie nicht ungewöhnlich wohlhabend sind. Zudem müssen sie eine Mindestanlage von 10000 Euro beachten – die Vehikel sind also für Kunden mit einem mindestens sechsstelligen Geldvermögen interessant. Die Kundengruppe ist aber gleichwohl potenziell groß: Das Geldvermögen der privaten Haushalte ist in Deutschland allein im vergangenen Jahr um 8% auf 7,6 Bill. Euro gestiegen. Die Zahl der Menschen, die über ein Finanzvermögen von umgerechnet mindestens 1 Mill. Dollar verfügen, liegt hierzulande laut Schätzung von Capgemini bei über 1,5 Millionen. Weil die Inflation Einlagen unattraktiv macht, bieten sich neben Aktien und Immobilien auch andere Sachwerte an.

Erstmals zugänglich

Im Private-Wealth-Segment, also für Kunden, die problemlos sogar sechsstellige Beträge in den Fonds investieren können, ist der Eltif hierzulande bereits im Einsatz. Darüber hinaus erreicht das Format aber auch Menschen, die bisher keinen Zugang zu Private Equity, Private Debt und Infrastruktur haben, wie Scope weiter schreibt. Wer mit Tickets ab 10000 Euro einsteigen möchte, kann demnach einen Fonds auswählen, der nur einmal Kapital beim Anleger einsammelt und einen Teil der Mittel in herkömmliche, liquide Anlageformen steckt. Das verwässert die Sachwerte-Anlage, macht das Segment aber zugleich zugänglich. Sowohl Commerz Real als auch Union Investment ermöglichen einen Einstieg ab 10000 Euro. Die Geldanlage jenseits der öffentlichen Börsenplätze geht aber auch mit höheren Kosten einher: So veranschlagt Union Investment für das neue Produkt eine Verwaltungs­gebühr von 1,75%, einen Ausgabeaufschlag von 5% und eine Erfolgsbeteiligung von 20%, sofern die Rendite auf netto mehr als 6% pro Jahr steigt.

Wesentliche große Adressen in Deutschland haben bislang keinen Eltif-Fonds aufgelegt. Die DekaBank bestätigt allerdings auf Nachfrage, dass sie sich das Segment ansieht, auch wenn sie noch kein Produkt in der Schublade hat. Ähnlich äußert sich Allianz Global Investors. Ein „Rohrkrepierer“, den der deutsche Fondsverband BVI noch vor wenigen Jahren in dem Eltif erkannte, ist das Fondsformat offenbar nicht – nach langem Nischendasein kam das Segment ab 2020 in Fahrt. Ob das Modell auch zum Massenprodukt taugt, muss sich allerdings noch zeigen.

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