Unicredit spielt auf Zeit
Unicredit-Zahlen
Unicredit will sich bei Übernahmen Zeit lassen
CEO Orcel kündigt nüchterne Prüfung der Investitionsvorhaben an – Nach starken Zahlen weitere Anhebung der Prognosen möglich
Von Gerhard Bläske, Mailand
bl Mailand
Unicredit hat bei eventuellen Übernahmen keine Eile. CEO Andrea Orcel sagte in Mailand, die Projekte müssten wertschöpfend für die Aktionäre sein. Andernfalls verzichte man auf Akquisitionen. Derzeit läuft die Frist für eine Übernahme der BPM. Außerdem hat Unicredit über 9% an der Commerzbank erworben.
Ungeachtet diverser Übernahmevorhaben bzw. Anteilserwerbe setzte die HVB-Mutter Unicredit auch im ersten Quartal ihren Aufwärtstrend fort. Nach einem Gewinnanstieg um 8,3% auf 2,8 Mrd. Euro und einem Einnahmenplus von 2,8% auf 6,5 Mrd. Euro korrigierte die Bank ihre Gewinnprognose auf über 9,3 Mrd. Euro nach oben. Sollte sich der positive Trend des ersten Quartals, der in diesem Ausmaß nicht erwartet worden sei, fortsetzen, will CEO Andrea Orcel die Guidance für 2025 weiter anheben.
Ausschüttung als Plan B
Orcel wolle an den Übernahmevorhaben nur festhalten, wenn sie im Interesse aller Aktionäre seien. Man werde nüchtern prüfen, ob sie wertschöpfend seien. Wenn nicht, dann werde man das Überschusskapital von 10 Mrd. Euro bis 2027 ausschütten. Sollten die Bedingungen stimmen, handle man „schneller, als Sie denken können“, sagte er in einem Call. Aus Orcels Sicht besteht kein Handlungsdruck: Weder im Hinblick auf das laufende Übernahmeangebot für Italiens drittgrößte Bank BPM noch im Hinblick auf eine Entscheidung, ob man für die Commerzbank, an der Unicredit 9,5% der Anteile hält, eine Offerte vorlegen werde.
Orcel verlangt Klärung der Bedingungen
Die Bedingungen, um Entscheidungen treffen zu können, sind laut Orcel nicht klar. Die BPM habe mit der Übernahme des Vermögensverwalters Anima Werte im Umfang von 1 bis 1,7 Mrd. Euro zerstört. Unklarheiten gebe es von anderer Seite: Italiens Regierung hat zwar grünes Licht für die bereits gestartete Übernahme der BPM gegeben. Im Rahmen der Golden-Power-Regelung verlangt Rom aber, dass das Volumen der italienischen Staatsanleihen in der Bilanz bei einer Übernahme nicht zurückgeführt und das Kreditvolumen nicht eingeschränkt wird und dass sich die Unicredit aus Russland zurückzieht. Laut Orcel sind einige Elemente der Golden-Power-Regelung nicht klar. Er verlangt Klärung. Erst wenn diese erfolgt sei, werde man entscheiden. „Wir warten“, so Orcel.
Finanzminister Giancarlo Giorgetti erklärte das Thema, unabhängig von kartellrechtlichen Fragen, zu einer Frage der nationalen Sicherheit. Allerdings hat Rom etwa für das Übernahmeangebot der Monte dei Paschi für die Investmentbank Mediobanca oder der BPER für die Volksbank von Sondrio keine Bedingungen gestellt. Die EU hat Rom aufgefordert, europäische Regeln einzuhalten. Die Vorgaben der Regierung in Rom haben nichts mit Anti-Trust-Regelungen zu tun. Zu kartellrechtlichen Fragen hat sich die EU aber noch nicht geäußert.
Commerzbank nur eine Option
Auch im Hinblick auf die Pläne bei der Commerzbank will sich Orcel Zeit lassen. Er verwies darauf, dass sich der Abstand zur HVB bei der Aufwandsquote auf etwa 20 Prozentpunkte vergrößert habe und die Kapitalrendite der HVB fast doppelt so hoch sei wie die der Commerzbank. Doch neben der Bank selbst und den Gewerkschaften ist auch die neue Bundesregierung bisher ablehnend. Das Thema einer möglichen Übernahme liegt auf Eis. Es gebe aber noch andere Übernahmeoptionen, so Orcel.
Im ersten Quartal hat Unicredit die Erwartungen übertroffen. Das deutlich gestiegene Provisionsergebnis sowie das sich sehr positiv entwickelnde Handelsgeschäft überkompensierten den rückläufigen Zinsüberschuss. Die Einnahmen stiegen um 2,8% auf 6,5 Mrd. Euro. Die Kosten stiegen nur minimal. Die Rückstellungen für Kreditausfälle wurden um fast 20% auf 83 Mill. Euro reduziert. Mit einer Aufwandsquote von 35,4 (Vorjahr: 36,2)% sieht Orcel Unicredit ganz vorn in Europa. Orcel kündigte für 2025 eine gegenüber 2024 höhere Dividende an. Er bestätigte das Ziel eines Nettogewinns von 10 Mrd. Euro im Jahr 2027.
Nah an der Intesa Sanpaolo
Der Aktienkurs zog deutlich an. Mit einer Kapitalisierung von 87 Mrd. Euro rückte die HVB-Mutter nah an Italiens Nummer 1 Intesa Sanpaolo heran.
Unicredit hat bei eventuellen Übernahmen keine Eile. CEO Andrea Orcel sagte in Mailand, die Projekte müssten wertschöpfend für die Aktionäre sein. Andernfalls verzichte man auf Akquisitionen. Derzeit läuft die Frist für eine Übernahme der BPM. Außerdem hat Unicredit über 9% an der Commerzbank erworben.