Boom in der Rüstungsindustrie

Rheinmetall-Chef aus Überzeugung

Armin Papperger mangelt es nicht an Selbstbewusstsein. Doch inzwischen ist der Rheinmetall-Chef auch nachdenklicher geworden. Das hat auch persönliche Gründe.

Rheinmetall-Chef aus Überzeugung

Rheinmetall-Chef aus Überzeugung

Von Annette Becker, Düsseldorf

Viel Feind, viel Ehr – das schien lange Zeit das Motto von Armin Papperger gegenüber Kritikern. Doch der Rheinmetall-Chef ist nach gut zwei Jahren Krieg in der Ukraine nachdenklicher geworden. Nicht, dass ihm Zweifel an seiner Mission „Taking responsibility in a changing world“, unter die er seinen Vortrag vor der Wirtschaftspublizistischen Vereinigung (WPV) in Düsseldorf gestellt hatte, gekommen wären. Im Gegenteil: Mit Stolz und gesundem Selbstbewusstsein präsentiert er den Rheinmetall-Imagefilm.

Doch die Tatsache, dass der 61-Jährige mit vier Bodyguards anreisen muss und vor dem Veranstaltungsgebäude zudem eine Polizeistreife für zusätzliche Sicherheit sorgt, geht auch an dem Chef von Deutschlands größtem Rüstungskonzern nicht spurlos vorbei. Erst am vergangenen Montag hatte es einen Brandanschlag auf die Gartenlaube auf seinem Grundstück im niedersächsischen Hermannsburg gegeben. „Ich war Gott sei Dank nicht drin“, sagt Papperger und ergänzt: „Die Bundesrepublik Deutschland kümmert sich darum, dass ich sicher bin. Dafür bin ich dankbar.“

Karriereleiter erklommen

Papperger versucht aber auch zu signalisieren, dass er solche Ereignisse nicht zu nah an sich herankommen lassen will: „Es ist, wie es ist. Es gibt viele Verrückte auf der Welt“, wiegelt er ab und schwenkt sogleich auf das eigentliche Thema des Abends zurück. „Gewaltanwendung kann ich nicht akzeptieren. Ich arbeite ja mit aller Kraft daran, dass wir uns wehren können gegen Menschen, die Gewalt anwenden.“

Rüstung ist sein Geschäft, auch wenn der Rheinmetall-Chef lieber von Defence spricht. Sein gesamtes Berufsleben hat der diplomierte Ingenieur im Unternehmen verbracht und in der Rüstungssparte die Karriereleiter erklommen. Seit 2012 gehört er dem Vorstand an, seit 2013 ist er Vorstandsvorsitzender des „integrierten Technologiekonzerns“. Dieser Begriff ist Papperger lieber als Rüstungskonzern. Dennoch steht der Manager mit ganzer Überzeugung hinter der Rüstungsindustrie, und das nicht erst seit Ausbruch des Kriegs in der Ukraine. Gleichwohl hat die veränderte geopolitische Lage die gesamte Branche wieder salonfähig gemacht. Papperger verhehlt seine Freude darüber nicht. Dass nukleare Abschreckung ausreiche, um Kriege zu verhindern, habe sich als falsch erwiesen. Fatalerweise habe diese Sicht dazu geführt, dass der Westen zu wenig in konventionelle Rüstungsgüter investiert habe. Russland habe sich dagegen zehn Jahre lang auf den Angriffskrieg vorbereitet und habe entsprechend volle Läger. Die Situation soll sich jetzt ändern, doch in Deutschland fehle das Geld. Das Sondervermögen von 100 Mrd. Euro sei Ende 2026 aufgebraucht. Dann fehlten jährlich 30 Mrd. Euro und keiner wisse, wo das Geld herkommen soll. Doch die Politik versichere, dass das Problem gelöst werde. „Wenn diese 30 Mrd. Euro nicht investiert werden, dann wird die Zeitenwende scheitern“, warnt Papperger.

Für Rheinmetall zahlt sich die veränderte geopolitische Lage in Euro und Cent aus. 2023 wuchs der Umsatz um über 12% auf 7,2 Mrd. Euro und das Nettoergebnis um 9% auf 586 Mill. Euro. Die Auftragsbücher sind zum Bersten gefüllt. Für Ende des Jahres sagt Papperger einen Auftragsbestand von 60 (i.V. 38,3) Mrd. Euro voraus. Das spiegelt sich auch im Aktienkurs, der allein im bisherigen Jahresverlauf um 75% gestiegen ist.

30 Mrd. Euro jährlich fehlen

„Ich habe den Laden bei 800 Mill. Euro Marktkapitalisierung übernommen, jetzt sind wir bei über 22 Mrd. Euro und ich glaube, dass wir ihn auf 50 Mrd. Euro hochbekommen“, gibt sich der Rheinmetall-Chef wenig bescheiden und kokettiert, er habe zu Anfang des Jahres öffentlich bis zum Jahresende eine Kurssteigerung auf bis zu 400 Euro je Aktie vorhergesagt. Aktuell notiert die Aktie bei 524 Euro. „Ich bin immer zu konservativ.“

Auf die Frage, ob die 50 Mrd. Euro noch in seiner Amtszeit erreicht werden könnten, bleibt er vage: „Ich weiß noch nicht, wie lange ich es machen will.“ Sein aktueller Vertrag läuft bis Ende 2026.

Ganz unbescheiden