Peter Schneider

Sparkassen­präsident: „Endlich sind die Negativzinsen weg“

Baden-Württembergs Sparkassenpräsident Peter Schneider registriert den Zinsschritt der EZB erleichtert, lässt aber dennoch kaum ein gutes Haar an der Notenbank. Im Interview erläutert er die Fusion von LBS Südwest und LBS Bayern, das Kalkül beim Kauf der Berlin Hyp sowie die Effekte der Zinswende.

Sparkassen­präsident: „Endlich sind die Negativzinsen weg“

Thomas Spengler
Bernd Neubacher

Herr Schneider, vor wenigen Wochen haben die LBS Südwest und die LBS Bayern Gespräche über eine Fusion angekündigt. Wenn Sie, wie Sie sagten, aus zwei Häusern eine starke Bausparkasse schaffen wollen, warum soll es dann zwei Sitze in Stuttgart und München, also einen Doppelsitz, geben?

Es wird keinen Doppelsitz geben, sondern zwei Sitze in München und Stuttgart sowie die beiden Standorte in Mainz und Karlsruhe. Das Vertriebsgebiet ist sehr groß. Es reicht von Passau bis 20 Kilometer südlich von Bonn oder anders gesagt von der Grenze mit Tschechien bis nach Belgien. Dieses Gebiet mit nur einem Standort zu bewerkstelligen ist nicht sinnvoll. Das wissen wir aus der letzten Fusion der LBS Baden-Württemberg mit der LBS Rheinland-Pfalz. Mit den Standorten in Mainz, Stuttgart und Karlsruhe sind wir hier gut aufgestellt. Zudem liegen die LBS-Standorte in Stuttgart und München direkt am Bahnhof, und die Fahrtzeit zwischen beiden Orten ist gut zu bewältigen, insbesondere wenn Stuttgart 21 fertiggestellt sein wird.

Alles an einem Ort zu zentralisieren wurde gar nicht erst thematisiert?

Nein, das war nie ein Thema.

Zeichnen sich bereits Konturen der künftigen Struktur ab, was eine Aufteilung der Aufgaben angeht?

Das wird sich jetzt herausbilden. Wir haben gerade mit der Bewertung beider Unternehmen begonnen. Das wird rund vier Monate in Anspruch nehmen, da es sich um recht große Unternehmen handelt. Im Oktober oder November liegen dann die Zahlen auf dem Tisch, so dass wir, möglicherweise rückwirkend, den 1. Januar 2023 als Datum des Zusammenschlusses anstreben. Die Unternehmen sind ja Anstalten des öffentlichen Rechts. Daher brauchen wir einen Staatsvertrag zwischen Baden-Württemberg, Bayern und Rheinland-Pfalz. Dieser muss von den Parlamenten in Mainz, München und Stuttgart beschlossen werden, und das dauert einfach seine Zeit.

Lässt sich schon absehen, welche Bereiche wo angesiedelt werden?

So weit sind wir noch nicht. Aber klar ist, dass das, was betrieblich notwendig ist, vor Ort sein wird, während das, was Steuerung angeht, mehr konzentriert wird.

Ökonomisch hätte es dann ja schon Sinn, etwa alle Steuerungseinheiten an einem Ort zu zentralisieren.

Nicht unbedingt. Wir haben schon gewisse Spezialitäten. Das sehen Sie auch am unterschiedlichen Kapitalansatz. In Bayern arbeitet man mit internen Modellen, wir in Stuttgart haben hier noch den klassischen Kreditstandardansatz. Wir müssen auch sehen, was die Aufsicht in Zukunft von uns verlangt. Mit der Fusion wechselt ja die Aufsicht auf die europäische Ebene. Das ist schon eine Herausforderung, denn meiner Kenntnis nach gibt es bei der Europäischen Zentralbank keine Bausparkasse, die isoliert der europäischen Bankenaufsicht unterliegt, sondern nur Bausparkassen, die jeweils in einer größeren Einheit integriert sind.

Zum Beispiel in der Helaba oder der DZBank.

Ja, das wird schon eine Lernkurve für beide Seiten. Das wird spannend.

Spannend? Vor Jahren war das für Sie der wichtigste Grund gegen einen Zusammenschluss.

Das war ein Lernschritt für mich. Es kann ja nicht sein, dass es deshalb nicht geht. Beide Unternehmen haben keinen Zwang zu fusionieren, beide stehen wirtschaftlich sehr solide da. Und die Zinsentwicklung spielt uns wieder in die Hände. Beide Unternehmen machen ein super Neugeschäft, weil ein Bausparvertrag das Mittel für den normalen Menschen ist, einen niedrigen Zins auf ganz langer Achse festzuschreiben. Und wir wollen den nächsten Schritt innerhalb der Gruppe strukturell machen. Die EZB hat aber keine Einheit, die mir eine verlässliche Aussage machen kann. Wenn wir weiterkommen wollen, dann müssen wir eben ins kalte Wasser springen.

Wird es infolge der Fusion einen Stellenabbau geben?

Wir werden das im Rahmen der Fluktuation hinbekommen. Wir brauchen zunächst auch mehr Personal in manchen Bereichen. Gerade in der Kommunikation mit der Aufsicht und in der Revision sowie im Controlling müssen wir uns verstärken. Beide Unternehmen sind personell gut aufgestellt. In der LBS Südwest arbeiten wir heute übrigens mit Personalkosten, die niedriger sind als die der alten LBS Baden-Württemberg. Da sind schon Synergie-Potenziale drin, aber betriebsbedingte Kündigungen sind ausgeschlossen. Wie alle in der Finanzbranche haben wir eher die Herausforderung, gutes Personal zu gewinnen und zu halten.

Wie läuft denn angesichts der Zinsentwicklung das operative Geschäft der Sparkassen? Im Februar war noch die Rede von Rekorden im Wertpapierumsatz. Hat das gedreht?

Nein, das Wertpapiergeschäft läuft weiterhin ordentlich. Im Moment haben wir infolge der Preisentwicklung, aber auch wegen der gesamtkonjunkturellen Entwicklung eher einen gebremsten Anstieg der Einlagen. Im Kreditbereich sehen wir bei Privatkunden wie auch bei den Unternehmenskunden eine nach wie vor starke Nachfrage.

Der hat zuletzt auch floriert, weil Leute sich niedrige Zinssätze sichern wollten.

Stimmt. Aber jetzt geben schon einige wenige ihre Zusagen zurück oder rufen diese nicht ab, weil die Baupreise so davonziehen. Oder die Finanzierung muss abgelehnt werden, weil mit steigenden Zinsen die Tragfähigkeit bei einigen nicht mehr gegeben ist, auch weil sich infolge explodierender Baukosten die Projekte stark verteuern. Ähnlich wie bei den Privatkunden ist auch bei den Unternehmenskunden das Kreditgeschäft nach wie vor auf sehr hohem Niveau. Hier spielt die Liquiditätssicherung eine wichtige Rolle. Das ist eigentlich ein Vorzeichen für eine Krise. Denn die gleiche Entwicklung haben wir auch im ersten Halbjahr 2020 wegen der Coronakrise gesehen. Die Leute werden insgesamt vorsichtiger, sie reagieren schon mit dem ersten Konsumverzicht. Wenn nun die Energiepreise weiter steigen, dürfte der Anteil der Bundesbürger, die nicht sparfähig sind, von derzeit rund 40% Richtung 50% steigen.

Die Schwäche am Aktienmarkt animiert derzeit auch nicht zum Wertpapiersparen.

Unsere Kundschaft interessiert sich ohnehin nicht in erster Linie für Direktanlagen in einzelnen Aktien, sondern investiert eher indirekt und breiter gestreut über Fonds. Dort sehen wir nach wie vor ein hohes Interesse, insbesondere bei Fondssparplänen.

Gibt es bei Firmenkunden Anzeichen für Kreditausfälle?

Nein, bisher überhaupt nicht, auch nicht im privaten Bereich.

Und im Wertpapiergeschäft im Depot A?

Da sieht es anders aus. Da treibt die Zinsentwicklung die Risikovorsorge in der eigenen Anlage.

Wegen Kursverlusten von Festverzinslichen.

Genau. Steigen die Zinsen, gehen die Handelswerte solcher Papiere he­runter. Aufgrund der Vorschriften müssen Kursverluste von Wertpapieren sofort oder teilweise auch erst nach einer gewissen Zeit in der Bilanz voll abgebildet werden, auch wenn ein tatsächlicher Verlust gar nicht eingetreten ist. Die Sparkassen be­weisen aber seit Jahren, dass sie gut mit diesen Risiken umgehen können. Die Abschreibungen werden also durch Zuschreibungen in den kommenden Jahren wieder ausgeglichen werden, auch wenn sie dieses Jahr die Bilanz belasten.

Kann man das beziffern?

In den vergangenen zehn Jahren lag das Bewertungsergebnis für Wertpapiere zwischen plus 130 Mill. und minus 160 Mill. Euro für die 50 Sparkassen in Baden-Württemberg. Dieses Jahr werden es wohl, für alle Sparkassen zusammen, mehrere hundert Millionen Euro werden. Aber die Zahl schwankt, je nachdem wie sich die Kurse entwickeln – und nochmals: Wir erwarten keine Ausfälle.

Aber das Ergebnis 2022 wird eingetrübt.

Ja, stimmt. Im laufenden Jahr werden Wertpapierabschreibungen das Ergebnis trüben. Gleichzeitig werden die höheren Zinsen ein besseres Zinsergebnis bringen, aber das Zinsergebnis reagiert zeitverzögert. Und die Risikovorsorge bei den Wertpapieren wird in den nächsten Jahren wieder aufgeholt werden.

Sie haben die EZB in der Vergangenheit oft wegen ihrer Geldpolitik kritisiert. Fühlen Sie sich angesichts von Inflationsraten um 8% bestätigt?

Es ist evident, dass die EZB im Gegensatz zu fast allen anderen Notenbanken die Entwicklung der Teuerung zu lange negiert hat. Und da kommt ein Grundproblem zum Vorschein: Es gibt keine Institution in Europa, die mehr volkswirtschaftlichen Sachverstand und Daten versammelt als die EZB. Aber es gibt auch keine Institution, die zugleich so schlechte Prognosen hat. Und zwar nicht, weil die Volkswirte so danebenliegen, sondern weil die politischen Ziele das Handeln der EZB dominieren. Die EZB ist nicht die Hüterin der Geldwertstabilität, wie es die Bundesbank war. Die EZB ist die Handlangerin der Schuldenmacherei. Noch im April hat man uns vom Durchschau-Prinzip bei der Inflation erzählt. Das war aber kein Durchschau-, sondern ein Wegschau-Prinzip.

Die EZB muss doch selbst ein Interesse daran haben, dass nicht alle so denken wie Sie, weil sie sonst keine Glaubwürdigkeit mehr genießt.

Die stetig wachsende Zahl an Kritikern ist zu hoch, um die Glaubwürdigkeit einer Zentralbank auf Dauer zu erhalten. Gleichzeitig verlangt die Seite der Bankenaufsicht der EZB, dass wir die Kompetenz unserer Verwaltungsräte noch intensiver und jetzt auch noch vorab prüfen und die Leute nachschulen, wenn ihre Qualifikation angeblich nicht reicht. Wir haben in den Verwaltungsräten der Sparkassen noch nie ein solches Kompetenzproblem gehabt.

Man muss aber natürlich feststellen, dass gerade die Verwaltungsräte von Sparkassen politisch gesteuert sind.

Das stimmt nicht. Wir sind kommunal verfasst, aber nicht politisch gesteuert. Das ist auch der Grund, wieso wir uns gegen diese Ex-ante-Beurteilungen wehren, weil dann nämlich dieser kommunalpolitisch über Selbstverwaltung abgesicherte Prozess nicht mehr funktioniert.

Was halten Sie von dem angekündigten neuen Transmission Protection Instrument (TPI)?

Das ist wieder so ein neues Programm mit einem tollen Namen. Aber eigentlich heißt es ganz einfach nichts anderes, als Marktmechanismen außer Kraft zu setzen für die bonitätsschwächeren Schuldnerländer. Ich kann doch nicht mit der Druckerpresse permanent Marktmechanismen außer Kraft setzen. Wenn einer die Bonität verliert, weil er eben unsolide wirtschaftet oder das Land politisch instabil ist, dann kommt ein disziplinierenden Markteffekt, der ihn wieder zurückzwingt in die Reformen.

Mit ihrem großen Zinsschritt vorgestern geht die EZB nun allerdings deutlich entschlossener gegen die Teuerung vor, als vielfach erwartet worden war.

Die Entscheidung war überfällig angesichts der galoppierenden Inflation. Es war doch klar, dass die EZB geldpolitisch umso härter gegensteuern muss, je länger sie ihren Kurswechsel hinauszögert. Aber immerhin, endlich sind die Negativzinsen weg. Damit geht wenigstens die irre Zeit zu Ende, als wir den Sparerinnen und Sparern erklären mussten, warum sie plötzlich Geld für ihre Ersparnisse zahlen sollten. Wir müssen endlich auf der europäischen Ebene insgesamt zu einer solideren Politik kommen und aufs Schuldenmachen verzichten.

Meinen Sie damit auch das „Next Generation“-Programm der EU?

Ja. Das ist bei Licht betrachtet ein riesiges Verschuldungsprogramm. Und auf den Geldkoffer, mit dem die EU großzügig durch Europa marschiert, „Next Generation“ zu schreiben, ist schon sehr mutig. Eigentlich müsste da draufstehen: Next Generation zahlt! Die nächste Generation wird neue Probleme haben, nur kein Geld mehr, weil sie die Schulden von uns bezahlen muss. Wir haben die Stabilitätskriterien ausgesetzt, und meine Befürchtung ist, dass sie so nie mehr in Kraft treten werden.

Wären Sie dafür, auch den Aspekt der Verschuldung in die Nach­haltigkeitskriterien mit aufzunehmen?

Ja, unbedingt. Man muss als Staat oder Staatengemeinschaft die An­sprüche, die man an andere stellt, auch gegen sich gelten lassen. Und das geht eben nicht, wenn man permanent die Verschuldung nach oben treibt. Sollte der Staat tatsächlich seine Schuldenberge inflationieren dürfen? Die Verschuldungsquoten gehen zwar dank der Inflation zurück, aber nicht die absoluten Summen. Bei 8,0% Inflation und einer Rendite von 1,4% für Bundesanleihen ergibt sich ein in dieser Dimension noch nie dagewesener negativer Realzins von 6,6%. Dieses Realzinsniveau heißt für die Menschen, dass in drei Jahren ihr Geldvermögen ein Fünftel weniger wert ist. Aber für den Staat heißt es eben auch, dass ein Fünftel der Verschuldung weg ist.

Für private Kreditnehmer allerdings ebenfalls.

Das stimmt, Kreditnehmer sind bei Inflation immer auf der besseren Seite. Daneben gibt es viele, die sich gar nicht betroffen fühlen, weil sie kaum Vermögen haben. Dennoch verlieren sie Geld, weil die Rücklagen beispielsweise für ihr Versorgungswerk auf Zinspapieren aufgebaut sind – ganz ohne Inflationsschutz. Dasselbe gilt für die Altersvorsorge. Inflation geht also jeden etwas an, und dennoch haben wir unsere Sensibilität dafür verloren. Bei unseren Großeltern, die von 1920 bis 1924 unter einer massiven Geldentwertung gelitten haben, war das anders. Für sie wurde Inflationsangst zum Trauma.

Die LBBW hat von der BayernLB und der Helaba deren Aktivitäten im Zins-, Währungs- und Rohstoffmanagement für Firmenkunden übernommen. Wie weit ist dieser Prozess gediehen?

Die Übertragung ist nicht trivial. Sie wird derzeit erfolgreich umgesetzt, und die Geschäftszahlen entwickeln sich sehr positiv. Darüber hinaus ist die LBBW dabei, die Berlin Hyp zu integrieren, die seit einigen Tagen im Eigentum unserer Gruppe ist. Damit heben wir das Thema Immobilienfinanzierung fast auf das gleiche Niveau wie unseren Bereich Firmenkunden.

Auf was kommt es insbesondere an?

Die LBBW hat das vergangene Halbjahr mit Hochdruck daran gearbeitet, die Berlin Hyp, die ja bisher nach HGB bilanziert hat, in das IFRS-System zu überführen. Dann muss das Risiko-Monitoring und die Risiko-Strategie abgestimmt werden. Darüber hinaus gilt es, die Daten miteinander abzugleichen, was aus kartellrechtlichen Gründen im Vor­hinein nicht möglich war.

Welche Rolle soll die Berlin Hyp im LBBW-Konzern denn spielen, wenn sie erstmal integriert ist?

Mit der Immobilienfinanzierung der Berlin Hyp eröffnet sich für uns ein Feld, das uns unter dem Aspekt Green Assets große Chancen bietet. Das Institut ist auf dem Gebiet führend und hat eine sehr gute Marktstellung bei Green Finance. Das ist auch für die Sparkassen sehr interessant, da sie eher passivlastig sind und daher einen hohen Anlagebedarf haben. Dieser wird künftig noch stärker auf grüne Anlagethemen konzentriert sein. Und genau da stellt eine solche Akquisition für unser Haus gute Chancen dar, die wir auch unseren Sparkassen und institutionellen Kunden eröffnen können. Darin liegt für uns der Charme des Neuerwerbs, den wir mit hohen Erwartungen verbinden.

Auch was den Ertrag angeht?

Ertragsmäßig ist die Berlin Hyp heute schon sehr stark. Uns ist es jetzt zuerst mal wichtig, aus den Prozessen der Berlin Hyp auch zu lernen. Zukünftig werden wir mit zwei operativ selbständigen Einheiten am Markt sein: der LBBW-Immobilien-Gruppe und der Berlin Hyp.

Rechtfertig das einen Neuerwerb in der Größenordnung von mehr als einer Milliarde?

Das ist natürlich schon ein strammer Kaufpreis, aber eine solche Akquisition tätigt man nur, wenn man von ihrer Qualität überzeugt ist. Als Träger der LBBW mit einer Beteiligung von 40% sind wir daran interessiert, dass diese Perle auch nutzbringend positioniert wird und einen Mehrwert für die Gruppe stiften kann. Die Akquisition der Berliner war kapitalmäßig aber auch ein Kraftakt, den wir nicht beliebig wiederholen können. Schließlich müssen wir ja unsere eigenen Kapitalanforderungen seitens der Aufsicht erfüllen.

Sparkassen und LBBW haben ja auch Anforderungen an Nachhaltigkeit zu erfüllen. Wie kommen Sie denn bei dem Bemühen voran, von Firmen- und Privatkunden grüne Daten als Kriterium für die Kreditvergabe zu erheben?

Wir sind dabei, eine Vielzahl von Rechtsvorschriften etwa zur EU-Taxonomie zu sortieren, um sie mit den Kunden umsetzen zu können. Dafür hat der Gesetzgeber unsere Branche eingespannt. Dabei erleben wir unter den Kunden eine große Bandbreite – während die einen das Thema von sich wegschieben, wissen andere schon mehr als wir. Tatsächlich gibt es die klassischen Verweigerer gar nicht mehr, vielmehr haben etwa Firmen aus bestimmten Branchen, wie etwa im Baugewerbe, eine hohe Affinität zum Thema Nachhaltigkeit.

Und wie stellt sich die Situation intern für die Finanzgruppe dar?

Wir bereiten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter intensiv auf Nachhaltigkeitsanforderungen und ESG-Kompetenzen vor – was in der Regel vor allem von den jungen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern begeistert aufgenommen wird, aller Bürokratie zum Trotz. Unseren Firmenkunden müssen wir vermitteln, dass aus der Nachhaltigkeit zahlreiche Chancen erwachsen können, auch wenn sie vielleicht zunächst nichts direkt daran verdienen.

Aber das setzt voraus, dass die Firmen neben den klassischen Bonitätskriterien die Nachhaltigkeit als zusätzlichen Aspekt akzeptieren.

Erfahrungsgemäß wissen die allermeisten Unternehmerinnen und Unternehmern sehr genau, dass sie sich einem Transformationsprozess öffnen müssen, der Verfahren und Produkte betrifft. Mit einem gewissen Unbehagen beobachte ich aber dabei, dass das, was gestern noch eine braune, also eher nicht ESG-konforme Industrie war, nach der ausgerufenen Zeitenwende über Nacht eine grüne werden kann – wie es bei Rüstung oder Atomkraft der Fall ist. Die Finanzwirtschaft ist damit ein Stück weit zum Spielball politischer Vorgaben geworden, um nicht zu sagen von Ideologien.

Das Interview führten und .

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