Nach Rückzug bei BPM rückt die Commerzbank für Unicredit in den Fokus
Bankenkonsolidierung in Italien
„Wir wollen nicht nur dasitzen und warten“
Nach dem Rückzug bei BPM rückt die Commerzbank stärker in den Fokus von Unicredit-Chef Orcel – At-Equity-Konsolidierung soll Gewinn steigern
Von Gerhard Bläske, Mailand
und Detlef Fechtner, Brüssel
bl Mailand
Unicredit-CEO Andrea Orcel will nach dem Rückzug der Offerte für die BPM die Hände nicht in den Schoß legen. Bei der Vorstellung der Zahlen für das erste Halbjahr machte Orcel deutlich, dass er nun mehr denn je auf die Commerzbank setzt. Die Beteiligung von 19,2% soll durch die Umwandlung weiterer Derivate bis Jahresende auf etwa 29% wachsen. Der Gewinn des deutschen Instituts soll ab 2026 in der eigenen Bilanz verbucht werden.
At-Equity-Konsolidierung von Beteiligungen angedacht
In der Präsentation der Halbjahreszahlen ist zu lesen, dass aus der At-Equity-Konsolidierung „strategischer Beteiligungen“ wie dem 20-prozentigen Anteil an der griechischen Alpha Bank und an der Commerzbank „von bis zu 29%“ von 2026 an ein zusätzlicher Gewinnbeitrag von etwa 800 Mill. Euro kommen soll. Allein die Commerzbank soll dazu mehr als „600 bis 700 Mill. Euro“ beisteuern, sagte Orcel.
Er machte gegenüber Analysten deutlich, dass er die Gewinnbasis durch die At-Equity-Konsolidierung der Beteiligungen und die Integration des Lebensversicherungsgeschäfts verbreitern will. Davon profitierten auch die Aktionäre. Sie sollen voll von dem für 2027 prognostizierten Gewinnanstieg auf 11 Mrd. Euro profitieren.
Mögliche Beschränkung auf mBank
Ein Übernahmeangebot für die Commerzbank sei nicht geplant. Die Bank sowie deren Aktionär, die Bundesregierung, seien nicht zu einem Dialog bereit. Man bleibe ein Investor, der von den steigenden Gewinnen der Commerzbank profitieren wolle. Man werde die Entwicklung „beobachten, bleiben und warten“. In Italien wird auch spekuliert, dass sich Unicredit mit der Übernahme der polnischen Commerzbank-Tochter mBank zufriedengeben könnte. Dafür gibt es derzeit keine Hinweise.
Übernahmen sind aus seiner Sicht nur dann sinnvoll, wenn sie wertschöpfend sind. Dies sei bei der BPM nicht mehr gegeben. Das gelte trotz der erheblichen Vorbehalte der EU-Kommission gegen die strengen Auflagen der italienischen Regierung für eine Genehmigung der Übernahme im Rahmen der Golden-Power-Regelung.
EU rügt Rom
Ob der Fall für Rom ein Nachspiel in Brüssel haben wird, ist noch in Prüfung. Die EU-Behörde hat vor gut einer Woche einen Brief nach Rom gesendet, in dem sie darlegte, dass das italienische Dekret in Zusammenhang mit der BPM-Übernahmeofferte „möglicherweise“ gegen EU-Fusionsrecht verstoße. Die Argumente der Italiener seien nicht ausreichend, ihr Dekret hätte vorher in Brüssel geprüft werden müssen. Es verstoße womöglich auch gegen die Kapitalverkehrsfreiheit.
EU-Kommission prüft weiter
Noch ist die Frist für eine Antwort Roms nicht verstrichen. „Auf der Grundlage dieser Stellungnahmen wird die Kommission die Angelegenheit weiter prüfen und die geeigneten nächsten Schritte festlegen“, heißt es offiziell. Damit deutet die EU-Behörde an, unter Umständen ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Italien zu eröffnen. Brüssel hat zudem Anfang April einen Pilot-Dialog eröffnet, der sich mit den „golden powers“ befasst, also mit der Möglichkeit nationaler Regierungen, gegen bestimmte Transaktionen Einspruch zu erheben oder sich anderweitig einzumischen. Auch hierzu gibt es einen Briefwechsel zwischen Brüssel und Rom.
Auch ein Gericht in Italien hatte teilweise im Sinn von Unicredit entschieden. Die Finanzmarktaufsicht Consob hatte zudem die Übernahmefrist um 30 Tage verlängert. Doch laut Orcel bestehen die Unsicherheiten weiter: „Wir brauchen Klarheit und können nicht dasitzen und warten“, sagte er.
Weiterer Anlauf denkbar
Orcel schloss weitere Übernahmevorhaben nicht aus. Derzeit sei nichts geplant. In Italien wird spekuliert, dass Unicredit im September ein neues Angebot für die BPM vorlegen könnte. Die zurückgezogene Offerte war für die Aktionäre unattraktiv. Sie hätten einen Abschlag von etwa 6% gegenüber dem aktuellen Kurs akzeptieren müssen. Denkbar ist, dass der BPM-Aktionär Crédit Agricole seine Beteiligung von knapp unter 20% auf bis zu fast 30% aufstockt. Die französische Bank hat bei der EZB um eine entsprechende Genehmigung nachgesucht.
Gewinnziel angehoben
Geschäftlich läuft es gut für Unicredit. Nach einem Gewinnplus von 24,8% gegenüber 2024 auf 3,3 Mrd. Euro im zweiten Quartal hob die Bank ihr Gewinnziel für 2025 von über 9,3 Mrd. Euro auf 10,5 Mrd. Euro an. Ein neues Aktienrückkaufprogramm über 3,6 Mrd. Euro wurde gestartet. Die Unicredit-Aktie legte zu, während BPM-Papiere nachgaben. Die Commerzbank-Notierung zog an.
Die HVB-Mutter Unicredit hat ihr Angebot für die BPM zurückgezogen. Die Commerzbank-Beteiligung, die bis auf etwa 29% aufgestockt werden soll, gewinnt damit erheblich an Bedeutung für das Institut: Sie soll von 2026 an konsolidiert werden und zunächst mehr als 600 Mill. Euro zum Unicredit-Gewinn beitragen.