CFA 2021 – Kategorie Digital

Grünes Einhorn liefert Solar­energie im Abo

Das Solar-Start-up Enpal gilt als erstes grünes Einhorn aus Deutschland. Das Wachstum mit Solaranlagen im Abomodell finanziert das Unternehmen mit Asset-basierten Fremdkapitalfinanzierungen im großen Stil.

Grünes Einhorn liefert Solar­energie im Abo

Von Stefan Paravicini, Berlin

Der Strom kommt nicht aus der Steckdose, das wissen nicht nur die Anhänger von erneuerbaren Energien. Für die Kunden des Berliner Start-ups Enpal, des ersten „grünen Einhorns“ aus Deutschland, soll die Solarenergie vom eigenen Dach inklusive Speicher trotzdem möglichst unkompliziert sein. „Wir machen das komplexe Produkt Solaranlage so einfach wie möglich“, sagte Finanzchef Jochen Cassel im CFO-Interview der Börsen-Zeitung über das Differenzierungsmerkmal des 2017 gegründeten Unternehmens, das es im vergangenen Jahr als erstes Green-Tech-Unternehmen aus Deutschland in einer privaten Finanzierungsrunde auf eine Bewertung oberhalb von 1 Mrd. Dollar brachte. „Was wir reingebracht haben, ist, das Produkt einfach und komfortabel für den Kunden zu machen“, sagt Firmenmitgründer Viktor Wingert im Podcast zum Corporate Finance Award, den die Börsen-Zeitung in Kooperation mit PwC für herausragende Transaktionen vergibt. Enpal erhält den Preis in der Kategorie Digital.

„Im Moment läuft es wirklich hervorragend. Wir haben im letzten Jahr einen Umsatz von etwas mehr als 100 Mill. Euro gemacht und wollen uns in diesem Jahr mindestens verdoppeln“, sagt Finanzchef Cassel. Mit einem durchschnittlichen Wachstum von knapp 400% in den Jahren von 2017 bis 2020 hat es Enpal zuletzt auf Platz 5 der am schnellsten wachsenden Nachwuchsfirmen in Europa geschafft. In dem von der „Financial Times“ mit Statista veröffentlichten Ranking wird Enpal mit einem Sprung von knapp 0,5 Mill. Euro Umsatz 2017 auf 56 Mill. Euro 2020 sowie einem Wachstum von 9 auf 365 Mitarbeitern im gleichen Zeitraum als das am schnellsten wachsende Energieunternehmen geführt. Im Länderranking deutscher Start-ups liegt Enpal ebenfalls auf Platz 1. Dabei steht Enpal nach eigener Einschätzung noch ganz am Anfang.

„Wir sehen uns als der One-Stop Shop für das Thema Energie und Mobilität“, sagt Firmenmitgründer Wingert zu den Plänen für die Zukunft. „Wir sind mit Fotovoltaik gestartet, haben dann den Speicher dazugenommen und sind gerade dabei, die Ladesäule für Elektroautos mit dazuzunehmen“, sagt er zur jüngsten Erweiterung des Angebots um eine Wallbox, mit der Kunden die selbst produzierte Solarenergie zur Betankung des eigenen E-Autos nutzen können. Enpal stellt die Anlage im Abomodell zur Miete zur Verfügung und übernimmt sowohl die Installation als auch die Wartung. Ein „Rundum-sorglos-Paket“, wie das Start-up verspricht. Nach Ablauf der Vertragslaufzeit kann der Kunde die Anlage übernehmen. „Der nächste logische Schritt wird sein, das Ganze mit dem Thema Wärme zu koppeln“, sagt Wingert mit Blick auf die Wärmepumpe als weitere Ergänzung des Angebots. Schon heute bietet Enpal ihren Kunden außerdem eine eigene App, mit der sie Produktion und Verbrauch der Solarenergie überwachen und optimieren können.

Die Wachstumspläne sind ambitioniert. Im Frühjahr 2021 wurden interne Unterlagen öffentlich, in denen davon die Rede war, Enpal zur „größten Erneuerbare-Energien-Plattform der Welt“ zu machen und bis Ende 2024 einen Umsatz von 2,5 Mrd. Euro anzupeilen. Ein Ambitionsniveau, mit dem Enpal wohl auch den Appetit von Investoren auf einen möglichen Börsengang testen wollte. Pläne für ein IPO gibt es derzeit keine, die Ansprüche sind aber hoch geblieben – auch wenn sie bescheiden klingen. „Es werden sich hier neue Player etablieren und wir glauben, dass wir dafür ganz okay aufgestellt sind“, sagt Wingert zum Umbau der Energiewirtschaft in Richtung Erneuerbare. „Wenn wir sehen, welche ambitionierten Ziele sich auch die Politik vornimmt, sind alle Parameter so eingestellt, dass wir das Wachstum schaffen können“, sagt Cassel mit Blick auf die Ausbaupläne der Bundesregierung für erneuerbare Energien (siehe Grafik).

Renommierte Investoren

Das Wachstum kostet viel Geld, weil Enpal im operativen Geschäft die mehrheitlich in China beschafften Komponenten für die eigenen Solaranlagen vorfinanzieren muss. „Insofern ist es bei dem starken Wachstum nicht schlecht, Geld auf der hohen Kante zu haben“, sagt Finanzchef Cassel zu der im Herbst 2021 abgeschlossene Finanzierungsrunde, in der der japanische Technologieinvestor Softbank 150 Mill. Euro zu einer Bewertung von etwas mehr als 1 Mrd. Dollar investierte.

Bereits im Sommer hatte knapp ein Dutzend Investoren unter Führung von HV Capital die später von Softbank erweiterte Series C mit einem Volumen von 100 Mill. Euro eröffnet. „Wir waren vom Interesse auf Investorenseite überrascht und deshalb in der schönen Situation, uns entscheiden zu können, mit wem wir zusammenarbeiten möchten“, sagt Co-Gründer Wingert.

Um die Solaranlage nicht nur auf das Dach der Kunden zu bringen, sondern die Anlage dann auch im Abo-Modell zur Miete betreiben zu können, zapft Enpal Investoren auch auf der Fremdkapitalseite an. 2021 hat CFO Cassel knapp 400 Mill. Euro Asset-basierte Fremdkapitalfinanzierung bei institutionellen Adressen wie BlackRock, Unicredit und Pricoa Capital Group klargemacht. Die Fremdkapitalaufnahme erfolgt dabei über Special Purpose Vehicles (SPV). „Die Enpal GmbH und ihre Tochterunternehmen kaufen die Waren ein und sind für die Installation der Anlagen zuständig. In dem Moment, in dem die Qualitätssicherung abgenommen wird und das Portfolio-Management alle Haken gesetzt hat, dass die Anlage die Standards der Refinanzierer erfüllt, wird die Anlage an eines von mehreren SPV verkauft, hinter denen verschiedene Fremdkapitalgeber stehen“, erklärte Cassel im CFO-Interview. Mit den Mieterlösen, die der Kunde für die Anlage zahlt, tilgt das SPV das Fremdkapital. Auch der Wartungsaufwand wird aus diesen Mitrückflüssen refinanziert, und für Enpal, die mit einem Eigenkapitalanteil an den SPV beteiligt ist, fällt am Ende eine Rendite ab.

In den Anfängen war es für Enpal noch deutlich schwieriger, Fremdkapital einzuwerben, auch wenn das Start-up schon früh mit bekannten Investoren wie Alexander Samwer für sich werben konnte. „Ich war am Anfang ja noch nicht dabei, aber Mario (Firmengründer Mario Kohle, Red.) spricht bis heute gerne darüber, dass zu Beginn allein eine Sparkasse den Mut besaß, das Geschäftsmodell zu finanzieren“, sagt Cassel.

Zu den Fremdkapitalgebern der frühen Stunde zählte auch die Berliner Volksbank, für die das Geschäft mit der Finanzierung von Contracting-Modellen wie Enpal mittlerweile ein Volumen von insgesamt mehr als 100 Mill. Euro erreicht hat, wie der Vorstandsvorsitzende Carsten Jung Anfang April sagte. „Dann kamen die ING und DKB dazu und jetzt eben große Institutionelle. Mittlerweile sind wir da breit aufgestellt“, sagt Cassel zur Fremdkapitalseite.

Für mehr Wachstum wird Enpal ihre Kreditlinien wohl spätestens im nächsten Jahr wieder erweitern. Wann die nächste Eigenkapitalaufnahme ansteht und ob dann ein IPO zur Diskussion stehen könnte, verrät der Finanzchef nicht. „Wir sind voll operativ fokussiert und haben genug Geld, um zu wachsen“, sagt Cassel.

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