Anleihen

Auf falschem Fuß erwischt

Mit der Betonung weiteren Zinserhöhungsbedarfs hat die EZB den Markt auf dem falschen Fuß erwischt. In der Folge sind die Anleiherenditen stark gestiegen und Analysten haben ihre Zinsprognosen erhöht.

Auf falschem Fuß erwischt

Von Christopher Kalbhenn,

Frankfurt

Das hatten sich die Marktteilnehmer anders vorgestellt. Am Tag nachdem die Fed Markterwartungen über ein baldiges Ende der Zinserhöhungen, gefolgt in absehbarer Zeit von einer ersten Senkung, gedämpft hatte, folgte mit der Tagung der Europäischen Zentralbank (EZB) am Donnerstag eine kalte Dusche. Die Notenbank, die ihre Inflationsprognose für das kommende Jahr von 3,6% auf 4,2% erhöhte, betonte, dass sie ihre Leitsätze noch deutlich weiter anheben müsse, um der hohen Teuerung Herr zu werden.

Markt reagiert heftig

Die Reaktion am Anleihemarkt fiel heftig aus. So zog die laufende Verzinsung der zweijährigen Bundesanleihe, vor den Verlautbarungen der Notenbank noch bei rund 2,16%, am Freitag bis auf 2,50% an. Die Debatte, ob das Hoch des Einlagensatzes (jetzt bei 2%) im kommenden Jahr bei 2,50% oder 3% erreicht wird, ist damit beendet. Der Markt preist nun ein Hoch von etwas über 3% ein, und Analysten haben ihre entsprechenden Prognosen angehoben.

So erhöhten die Commerzbank beziehungsweise Morgan Stanley und Axa Investment Managers ihre Prognosen für das Hoch des Einlagensatzes von 3% auf 3,25% beziehungsweise von 2,50% auf 3,25%. Die Hamburg Commercial Bank geht nun davon aus, dass der Hauptrefinanzierungssatz (jetzt bei 2,50%) auf 3,75% steigen wird. Der Hauptgrund für die hawkishe Tonlage scheine zu sein, dass die EZB im Januar und Februar mit einem erneuten Anstieg der Inflation rechne, der auf höhere Energiepreise für die privaten Haushalte zurückzuführen sei, und dass sie befürchte, dass sich die Inflationserwartungen verfestigen könnten. Die DZ Bank hob ihre Erwartung für den Hauptrefinanzierungssatz auf Sicht von sechs Monaten von 2,75% auf 3,75% an.

Damit erhöhen sich auch die Analystenprognosen für die Anleiherenditen. Die DZ Bank hob ihre Erwartung für die zehnjährige Bundrendite, die zum Wochenschluss zuletzt bei 2,17% lag, auf Sicht von sechs Monaten beziehungsweise per Ende 2023 von 2,10% auf 2,30% beziehungsweise von 2,30% auf 2,50% an. Die Commerzbank geht nun davon aus, dass die zehnjährige Bundrendite ihr Hoch mit 2,40% nicht im ersten, sondern im zweiten Quartal 2023 erreichen wird. Anschließend wird die Rendite dem Institut zufolge jedoch sinken und dann im vierten Quartal bei 1,80% liegen, was es mit dem Ende der Zinserhöhungen und fallenden Inflationsraten begründet.