Börsengänge

Globaler IPO-Markt bricht ein

Der Ukraine-Konflikt hat am weltweiten IPO-Markt für einen heftigen Einbruch gesorgt. Das Emissionsvolumenvolumen hat sich in den ersten drei Monaten auf 54 Mrd. Dollar halbiert.

Globaler IPO-Markt bricht ein

ck Frankfurt

Nach dem Boom des Vorjahres mit rekordhohen Aktivitäten hat der IPO-Markt im ersten Quartal 2022 einen schweren Einbruch erlitten. Laut dem IPO-Barometer des Prüfungs- und Beratungsunternehmens EY war der Januar zwar noch sehr lebhaft. Mit den zunehmenden geopolitischen Spannungen, die in den Angriff Russlands auf die Ukraine mündeten, kam es jedoch zu einem heftigen Rückschlag. Das weltweite Emissionsvolumen betrug 54 Mrd. Dollar und hat sich damit im Vergleich zum ersten Quartal 2021 halbiert (−51%). 312 Unternehmen wurden an die Börse gebracht, im Vergleich zum Vorjahr ein Rückgang um 37%.

Damit hätten der Aufwärtstrend der Vorquartale und das positive Momentum aus dem Rekord-IPO-Jahr 2021 ein jähes Ende gefunden, so EY. Im Januar habe das weltweite Emissionsvolumen mit 32 Mrd. Dollar noch den höchsten Stand seit 21 Jahren erreicht, im Februar sei es angesichts einer Verdopplung der Volatilität in Folge der geopolitischen Spannungen im Vergleich zum Vorjahresmonat von 36 auf 10 Mrd. eingebrochen, im März sogar von 47 auf 12 Mrd. Dollar.

Nur 2 Mrd. Dollar in den USA

Eingebrochen ist die Aktivität insbesondere in den USA. Dort sank das Emissionsvolumen um 94% auf 2 Mrd. Dollar, die Zahl der Börsengänge betrug nur noch 25 nach 100 im ersten Quartal 2021. In Europa verringerte sich die Anzahl der Börsengänge von 89 auf 47, das Emissionsvolumen sackte auf 3 Mrd. nach im Vorjahr 26 Mrd. Dollar ab. Am besten schlug sich der chinesische Aktienmarkt. Die Zahl der IPOs dank um 28% auf 97, das Emissionsvolumen erhöhte sich sogar um 2% auf 30 Mrd. Dollar, womit mehr als 50% des globalen Volumens auf China entfielen.

„Der Krieg in der Ukraine und die massiv gestiegene politische und wirtschaftliche Unsicherheit hatten zur Folge, dass viele Unternehmen ihre Börsenpläne für das erste Quartal vorerst verschoben haben“, sagte Martin Steinbach, Partner und Leiter des Bereichs IPO and Listing Services bei EY. „Die Volatilität ist im ersten Quartal in die Höhe geschnellt und hat sich verdoppelt, während weltweit an den Börsen hohe Kursverluste verzeichnet wurden. In diesem Umfeld sind Investoren sehr zurückhaltend, und es erschien vielen Unternehmen ratsam, vorerst eine Klärung der Situation abzuwarten und sich auf das nächste IPO-Fenster vorzubereiten.“

Tech und Rohstoffe führen

Das aktivste Segment war erneut die Technologiebranche. Das Emissionsvolumen schrumpfte von 48,1 auf 9,9 Mrd. Dollar, die Zahl der IPOs sank um 57% auf 58. Zulegen konnte dagegen der Rohstoffsektor. Hier stieg die Zahl der IPOs von 50 auf 58 und das Emissionsvolumen von 4,4 auf 5,9 Mrd. Dollar. Hinter diesen beiden Branchen folgen die Sektoren Industrie mit 57 nach im Vorjahr 67 IPOs und Gesundheit (49 nach 84).

Auch die Spac-Emissionen (Special Purpose Acquisition Company) mussten Federn lassen. Nach dem Rekord des Vorjahres ging die Zahl der Spac-Emissionen um 79% auf 64 zurück. Das Emissionsvolumen fiel um 89% auf 10,7 Mrd. Dollar. 52 der 64 Spac-Emissionen entfielen auf die USA, 4 auf Asien.

Von den 64 Spac-Transaktionen des laufenden Jahres entfielen 52 auf die Vereinigten Staaten, 8 auch Europa und 4 auf Asien. „Die Kassen der derzeit insgesamt rund 713 aktiven Spacs sind mit gut 166,5 Mrd. Dollar prall gefüllt – das eröffnet operativen Unternehmen gerade in volatilen Zeiten über den Zusammenschluss mit einer Mantelgesellschaft einen vielversprechenden alternativen Weg aufs Parkett – sowohl in Europa als auch den USA“, so Steinbach. Vor allem für Unternehmen in den Bereichen Technologie, Industrials und Healthcare sei dies interessant. Jedoch ticke die Uhr für die auf einen Zeitraum von 24 Monaten angelegten Spacs. Er rechne mit einem zunehmenden Wettbewerb unter den Spacs und mit weiteren Zusammenschlüssen mit deutschen Unternehmen. Die Zahl indirekter Börsengänge werde auch in diesem Jahr wohl weiter steigen.

Drei deutsche Unternehmen und ein deutsches Spac kamen an die Börse. Mit der Einführung der Boerse Go im M:access-Segment der Münchener Börse gab es nur ein kleines IPO eines operativen Unternehmens an einem deutschen Handelsplatz. Der Hamburger Online-Marktplatz Rebelle.com ging über eine schwedische Holding an den Stockholmer „Nasdaq First North Growth Market“, das Berliner Recyclingunternehmen Cabka ging im März durch die Fusion mit der niederländischen Spac Dutch Star Companies Two an die Amsterdamer Börse. Seit Ende Januar notiert die 468 Spac II SE an der Frankfurter Börse.

Die größten Börsengänge fanden in Asien statt. Nummer 1 des Quartals war der südkoreanische Batteriehersteller LG Energy Solution, der in Seoul 10,7 Mrd. Dollar erlöste. Dahinter folgten an der Schanghaier Börse China Mobile mit 8,2 Mrd. Dollar und Jinko Solar mit 1,6 Mrd. Dollar.

„Pipeline gut gefüllt“

„Die Pipeline an Börsenkandidaten ist nach wie vor gut gefüllt“, so Steinbach. „Viele Unternehmen warten in der jetzigen Situation jedoch erst einmal ab und nutzen die Zeit, um sich gut auf den Börsengang vorzubereiten. Daher könnte die zweite Jahreshälfte 2022 auch wieder deutlich aktiver werden.“ Entscheidend für das Timing und die Anzahl an Börsengängen sei jedoch eine Beruhigung der aktuellen geopolitischen Spannungen, die Auflösung der Unsicherheiten aus Investorensicht und ein Rückgang der Volatilität auf einen Indexlevel idealerweise unter 20 im VDax.

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