Casino-Reit

Rasanter Expansions­kurs treibt Vici Properties

Der Reit Vici macht in Las Vegas mit großvolumigen Transaktionen auf sich aufmerksam. Analysten glauben an die Wachstumsstory – doch die anziehende Inflation birgt Gefahren für den Immobilien-Trust.

Rasanter Expansions­kurs treibt Vici Properties

Von Alex Wehnert, Frankfurt

In der Stadt der Sünde geht es geschäftig zu – insbesondere am Immobilienmarkt. Zu den größten Dealmakern von Las Vegas gehört Vici Properties, ein Real Estate Investment Trust (Reit), der sich auf die Casino-Branche spezialisiert hat. Noch im ersten Halbjahr 2022 will Vici die 17,2 Mrd. Dollar schwere Übernahme des Konkurrenten MGM Growth Properties (MGP) abschließen. Der Gesamtwert des Immobilienportfolios von Vici dürfte in der Folge auf 45 Mrd. Dollar steigen, so groß ist kein anderer auf den Freizeitsektor fokussierter Reit. Laut Beobachtern winkt der Aktie nun sogar die Aufnahme in den S&P 500.

Die Gesellschaft, die 2017 per Spin-off aus der zahlungsunfähigen größten operativen Einheit der Caesars Entertainment Corporation hervorgegangen war, ist seither mit halsbrecherischer Geschwindigkeit gewachsen. In den vergangenen vier Jahren vermeldete Vici Akquisitionen im Gegenwert von 29 Mrd. Dollar und nahm Eigenkapital im Volumen von 12 Mrd. Dollar auf, so viel wie kein anderer US-Reit in diesem Zeitraum.

Besonderes Aufsehen erregte die Gesellschaft im Frühjahr 2021: Damals kündigte Vici an, sich mit dem Casino-Konzern Las Vegas Sands auf die Übernahme aller Grundstücke und Immobilien geeinigt zu haben, die zum Venetian Resort und dem Sands Expo and Convention Center gehören. Für die prestigeträchtigen Objekte am Las Vegas Strip zahlte der Reit 4 Mrd. Dollar. Das Private-Equity-Haus Apollo Global Management sicherte sich zudem für 2,25 Mrd. Dollar die Betreiberrechte am Venetian. Effektiv gab Las Vegas Sands, eine Institution am Strip, damit ihre Präsenz in Sin City auf.

Liquide Mieter

Casinos als Mieter – das Konzept von Vici findet bei Analysten großen Anklang. Denn die Glücksspielkonzerne seien in der Regel hochliquide und liefen kaum Gefahr, in Zahlungsverzug zu geraten. In der Casino-Branche finden üblicherweise sogenannte Triple-Net-Mietverträge Anwendung. Versicherung, Steuern und Gebäudeinstandhaltungen werden in einem solchen Vertrag nicht vom Vermieter getragen und in die monatlichen Mietkosten eingepreist. Stattdessen liegt die Verantwortung für diese Posten bei den Mietern. Für Gaming-Reits hat sich diese Vertragsform während der Coronakrise ausgezahlt, da die Casinos von Las Vegas nach einem Einbruch der Besucherzahlen zu Pandemiebeginn mit fortschreitenden Lockerungen einen gewaltigen Besucheransturm erlebten.

Gerade das für die Glücksspielhäuser so wichtige Messegeschäft hat zuletzt kräftig angezogen. Laut der Las Vegas Convention and Visitors Authority ist die Zahl der Teilnehmer an Branchentagungen in der Stadt der Sünde im Januar gegenüber dem Vorjahresmonat um nahezu 3500% gestiegen. Vici gilt als großer Gewinner dieser Entwicklung, da zum Portfolio neben dem Venetian auch zahlreiche weitere Häuser in Top-Lage am Las Vegas Strip, darunter auch der Caesars Palace, gehören.

Hinzu kommt laut Branchenexperten die solide geografische Diversifikation, schließlich ist Vici neben Nevada noch in 14 weiteren US-Bundesstaaten vertreten. Damit profitiere die Gesellschaft auch von der fortschreitenden Legalisierung von Sportwetten in den Vereinigten Staaten. Denn für Casinos könne das Wettgeschäft zu einem starken Umsatztreiber werden, wodurch die Glücksspielhäuser ihre Bilanzen stärken dürften – ihre Verlässlichkeit in Bezug auf Mietzahlungen werde damit noch zunehmen.

Infolge des Aufschwungs am Casino-Markt hat der Börsenkurs von Vici seit dem Corona-Markteinbruch im März 2020 um über 130% zugelegt. In der Betrachtung seit Anfang Januar 2022 läuft es zwar noch schleppender, allerdings zeigt der Trend seit Anfang März klar nach oben. Bei den Analysten ist der Optimismus jedenfalls groß: Laut der Datenbank des Informationsdienstleisters Bloomberg raten 19 von 20 Investmenthäusern, die den Titel regelmäßig beobachten, zum Kauf – lediglich Morgan Stanley votiert auf „Equal Weight“.

Die Deutsche Bank hat ihre Kaufempfehlung für die Aktie zuletzt bekräftigt. Durch die Venetian- und MGP-Transaktionen zähle Vici gemessen am Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen künftig zu den größten Reits im US-Immobilienindex RMZ. Damit dürfte die Aufmerksamkeit für den Titel wachsen, der erwartete Anlegerzustrom werde Bestandsinvestoren Wertzuwächse einbringen.

Für Glücksspiel-Reits sei zudem positiv, dass auch außerhalb des Segments aktive Triple-Net-Vehikel Interesse am Gaming-Sektor zeigten. Allerdings könnte ein zunehmendes Gedränge am Markt für Casino-Immobilien durchaus negative Folgen für Vici haben. Denn infolge eines stärkeren Wettbewerbs dürften die Kapitalisierungsraten – also die Anfangsrenditen von Mietobjekten im Relation zum Kaufpreis – sinken. Seitdem Vici die Venetian-Übernahme im März 2021 zu einer Cap Rate von 6,25% angekündigt hatte, haben zwei andere große Häuser am Strip, das City Center und das Cosmopolitan, zu Kapitalisierungsraten von lediglich 5,5% und 4,9% den Besitzer gewechselt.

Der Einstieg von Nicht-Gaming-Reits ins Glücksspielgeschäft könnte zudem das Problem nach sich ziehen, dass Vici bei Akquisitionsversuchen zunehmend von Gesellschaften mit niedrigeren Kapitalkosten ausgestochen wird. Analysten halten es deshalb für möglich, dass Vici sein Portfolio außerhalb des Casino-Markts erweitert. Dies würde zwar Diversifikationsvorteile mit sich bringen – insbesondere im Fall einer Rezession, die auf den Einnahmen der Zockerpaläste lasten würde. Allerdings bestünde damit auch das Risiko weniger verlässlicher Mietzahlungen.

Im bisherigen Portfolio besteht laut Branchenakteuren eine weitere Schwierigkeit: Vici schließt üblicherweise sehr langfristige Mietverträge ab, teils mit einer Laufzeit von über 35 Jahren und eng begrenzten Inflationsanpassungen. Dies könnte den Reit bei steigenden Zinsen am langen Ende der Kurve aus Investorensicht unattraktiver ge­genüber Konkurrenten machen, die häufiger ein Repricing vornehmen können. Für die langfristigen Wachstumsaussichten von Vici wäre eine weiter anziehende Teuerung laut Analysten also schädlich. Doch gerade eine Fortsetzung des ambitionierten Wachstumskurses gilt als entscheidend dafür, dass der Reit am rastlosen Immobilienmarkt von Las Vegas weiterhin hervorstechen kann.