Konjunktur

Anhaltender Aufschwung am US-Arbeitsmarkt

Der US-Arbeitsmarkt steht weiter unter Dampf, wie der neueste Bericht zeigt. Für die US-Notenbank Fed stellt sich die Frage, wie aggressiv sie im Kampf gegen die nach wie vor hohe Inflation vorgehen soll.

Anhaltender Aufschwung am US-Arbeitsmarkt

det Washington

Der US-Arbeitsmarkt hat im Juli einen höheren Gang eingelegt: Unternehmen haben mehr als doppelt so viele Stellen geschaffen, als Bankvolkswirte vorausgesagt hatten. Auch fiel die Arbeitslosenquote um 0,1 Prozentpunkte auf 3,5%, meldete das Bureau of Labor Statistics (BLS) des Arbeitsministeriums. Das ist der niedrigste Stand seit kurz vor der Pandemie, als ein 50-Jahres-Tief erreicht wurde, und entspricht jenem Niveau, das die Notenbank als Vollbeschäftigung ansieht. Angesichts des kräftigen Stellenwachstums und der deutlich gestiegenen Löhne rechnen Experten nun damit, dass der Offenmarktausschuss (FOMC) der Federal Reserve im September das dritte Mal in Folge den Leitzins um 75 Basispunkte hochschrauben wird.

Wie das BLS meldete, entstanden ohne Berücksichtigung der Landwirtschaft 528000 neue Jobs. Erwartet hatten Ökonomen ein Plus von etwa 250000. Angeführt wurde der Beschäftigungsaufbau vom Gast- und Freizeitgewerbe, wo 96000 Stellen entstanden. Starke Zuwächse wurden auch bei Fachdienstleistern, im Gesundheitswesen und bei öffentlich Bediensteten gemessen. Seit April 2020 sind über 22 Millionen neue Arbeitsplätze entstanden, auch liegt die Gesamtbeschäftigung heute über dem Vorkrisenniveau.

Als Folge des Stellenwachstums und des Rückgangs der Partizipationsrate, die mit 62,1% auf den tiefsten Stand in diesem Jahr fiel, gab auch die Arbeitslosenquote auf 3,5% nach. Vorausgesagt hatten Ökonomen, dass diese den fünften Monat in Folge 3,6% betragen würde. „Diesem Arbeitsmarkt scheint der Dampf nie auszugehen“, sagt Becky Frankiewicz, Präsidentin des Arbeitsmarktdienstleisters Manpower Group North America. „Zwar deuten die Daten darauf hin, dass die weiteren Konjunkturaussichten mit Vorsicht zu genießen sind, doch Arbeitgeber demonstrieren bemerkenswerte Zuversicht“. Die Wirtschaft spiegele derzeit ein „Tauziehen zwischen Risiken auf der einen und Resistenz auf der anderen Seite wider“, so Frankiewicz.

Unterdessen hat der starke Arbeitsmarktbericht die Debatte darüber aufflammen lassen, inwieweit die Notenbank an ihrem verschärften Kurs festhalten sollte. Nachdem das Handelsministerium zwei aufeinanderfolgende Quartale negativen Wirtschaftswachstums ge­meldet hatte, nahmen Ökonomen an, dass die Fed ihren Kurs leicht entschärfen und im September den Leitzins um nur 50 Basispunkte anheben würde. Wie aus dem Fed Watch Tool der CME Group hervorging, ist nach der Veröffentlichung der Arbeitsmarktdaten aber die Wahrscheinlichkeit einer Straffung um 75 Basispunkte auf über 60% gestiegen.

Auch hatten während der vergangenen Tage James Bullard, der den Fed-Ableger in St. Louis leitet, und die Cleveland-Fed-Präsidentin Loretta Mester betont, dass die Währungshüter die Zügel deutlich werden straffen müssen. Beide sind im FOMC stimmberechtigt. Ähnlich schätzt Bantleon-Ökonom Andreas Busch die Lage ein: Er verweist auf den Anstieg der Löhne, die auf Jahressicht um 5,2% zulegten. „Ein Nachlassen des Inflationsdrucks ist nicht in Sicht, und die Fed bleibt damit gezwungen, die Zinsen weiterhin kräftig anzuheben.“

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