Deutsche Industrie

Auftragsbücher werden immer dicker

Die Logistikprobleme drohen sich zu verschärfen: Lkw-Fahrer sind knapp und werden unterdurchschnittlich bezahlt. Schlechte Aussichten für die unter den Problemen leidende deutsche Industrie, deren Auftragsbestände im August erneut zugelegt haben.

Auftragsbücher werden immer dicker

ba Frankfurt

Die deutsche Industrie sitzt auf einem rekordhohen Berg an Aufträgen – kann sie allerdings seit längerem wegen Materialknappheiten und Störungen im Logistiksystem nicht abarbeiten. Letztere drohen sich weiter zu verschärfen, denn auch hierzulande fehlen Lkw-Fahrer, die zudem unterdurchschnittlich verdienen. Deutschland drohe in zwei bis drei Jahren ein Versorgungskollaps ähnlich wie in England, mahnt der Branchenverband BGL. Wobei der Brexit mit den Zuwanderungsrestriktionen für ausländische Fachkräfte die Lage in Großbritannien zusätzlich verschärft.

Bereits heute, so heißt es beim Bundesverband Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL), fehlen in Deutschland 60000 bis 80000 Berufskraftfahrer. Jährlich gingen etwa 30000 Lkw-Fahrer in Rente, während es nur 17000 Berufs­einsteiger gebe. Deren Bruttoverdienst falle zudem „verhältnismäßig gering“ aus, wie das Statistische Bundesamt (Destatis) meldete: 2020 erhielten Berufskraftfahrer in Vollzeit durchschnittlich 2623 Euro brutto monatlich – das waren gut 660 Euro weniger als vergleichbare Beschäftigte in der Wirtschaft insgesamt. Angelernte Kräfte ohne entsprechenden Ausbildungsabschluss verdienten als Lkw-Fahrer im Schnitt 2313 Euro brutto im Monat, in der gesamten Wirtschaft waren es 300 Euro mehr.

Derweil vermeldet Destatis, dass der Auftragsbestand im verarbeitenden Gewerbe im August 2021 preis-, kalender- und saisonbereinigt um 1,7% zum Juli zugelegt hat. Damit wächst das Auftragspolster seit Juni 2020 stetig und liegt aktuell auf dem höchsten Stand seit Einführung der Statistik im Januar 2015 (siehe Grafik). Die Auftragseingänge hatten sich in den Vormonaten insgesamt stärker entwickelt als die Umsätze – selbst im August, als der Auftragseingang um 7,7% abrutschte. Auch die Reichweite ist auf ein Rekordhoch geklettert – Destatis gibt sie für August mit 7,3 Monaten an. Im Juli waren es 7,2 Monate. So lange müsste bei gleichbleibendem Umsatz produziert werden, um den aktuellen Auftragsbestand abzuarbeiten.