Industrie

Ausland sorgt für Auftragsplus der deutschen Industrie

Die deutsche Industrie ist mit einem überraschenden Auftragsplus ins neue Jahr gestartet. Vor allem dank der kräftigen Auslandsnachfrage stiegen die Bestellungen um 1,0 % – ohne die volatilen Großaufträge waren es sogar 2,9 %. Ökonomen warnen aber weiter vor zu großer Konjunktureuphorie.

Ausland sorgt für Auftragsplus der deutschen Industrie

ba Frankfurt

Dank des florierenden Auslandsgeschäfts hat die deutsche Industrie zum Jahresstart ein unerwartetes Auftragsplus eingefahren. Ökonomen warnen aber dennoch, dass der Abwärtstrend bei den Neubestellungen damit noch längst nicht gestoppt ist und auch die Produktion den Wachstumspfad vorerst noch nicht wieder einschlagen wird. Ein weiteres Indiz also für die erwartete milde Rezession.

Vorläufigen Angaben des Statistischen Bundesamts (Destatis) zufolge hat der Ordereingang im Januar um 1,0% im Monatsvergleich zugelegt. Ökonomen hatten hingegen im Schnitt ein Minus von 0,9% erwartet. Zudem haben sich die Bestellzahlen im Dezember erfreulicher entwickelt als zunächst gemeldet: Statt um 3,2% haben sie um 3,4% zugelegt. Die Nachfrage „scheint sich zum Jahreswechsel 2022/2023 weiter zu stabilisieren“, analysierte das Bundeswirtschaftsministerium. Insgesamt spreche dies „für einen milden Verlauf der derzeitigen konjunkturellen Schwächephase“.

Nachdenklich an der Lethargie bei der Auftragsvergabe stimmt Alexander Krüger, Chefvolkswirt der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank, allerdings der Vorjahresvergleich von –10,9%. Im Januar hätten vor allem auch Großaufträge gefehlt. Ohne diese wäre der Anstieg mit 2,9% „noch ausgeprägter gewesen“, hieß es bei Destatis. Die Misere allein auf Materialengpässe zu schieben, ist für Krüger aber angesichts vermehrter Strukturschwächen zu einfach. Ein Lichtblick ist für ihn „die sich zurzeit etwas aufhellende globale Perspektive“.

So legten die Auslandsaufträge um 5,5% zu, wobei das Ordervolumen aus den Ländern des Euroraums um 2,9% zurückging. Dass die Bestellungen aus dem restlichen Ausland um 11,2% stiegen, führen die Wiesbadener vor allem auf Großaufträge im Bereich des Luft- und Raumfahrzeugbaus zurück. Dies dürfte auch etwas mit dem China-Reopening nach dem Ende der Zero-Covid-Politik im Reich der Mitte zu tun haben, ergänzt LBBW-Ökonom Jens-Oliver Niklasch. Die schwachen Daten für das Inland – ein Rückgang um 5,3% – zeigten jedoch, dass die Konjunkturschwäche hierzulande anhalte. „Es wird wohl wieder einmal darauf hinauslaufen, dass im Aufschwung die Exportkonjunktur den Anfang machen wird“, erwartet Niklasch.

Bis dahin ist es aber noch ein Stück Weg – Ökonomen erwarten, dass die deutsche Wirtschaft in einer technischen Rezession, also zwei aufeinanderfolgenden Quartalen mit negativen Wachstumsraten, steckt. Zum Jahresende war das Bruttoinlandsprodukt um 0,4% geschrumpft und Ökonomen erwarten auch für das laufende erste Quartal ein Minus. Auch wenn sich die deutsche Wirtschaft bislang besser als erwartet schlägt, müsste der Auftragseingang im Bereich von Vorleistungsgütern bessere Zahlen ausweisen, bevor Konjunkturbäume in den Himmel wachsen könnten, sagt Thomas Gitzel, Chefökonom der VP Bank. Für Januar weist Destatis hier ein Minus von 8,9% aus, wobei allem die Hersteller elektronischer Ausrüstungen 22,3% weniger Aufträge als im Dezember generierten. Die Bestellungen für Investitionsgüter legten um 8,9% zu, wofür Destatis dabei die starken Auftragszuwächse bei Luft- und Raumfahrzeugbau (138,5%) und bei der Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenmotoren (6,8%) als Ursache nannte.

Merkliche Rückgänge gab es da­gegen beim Maschinenbau (−3,9%), Metallerzeugnissen (−5,7%) und chemischen Erzeugnissen (−5,9%). Martin Moryson, DWS-Chefvolkswirt Europa, sieht daraus ein längerfristiges Problem erwachsen: „Der Auftragsbestand in der chemischen Industrie schmilzt kontinuierlich ab, während sich die offenen Orders in fast allen anderen Branchen auf Rekordniveau bewegen.“ Angesichts der gesamten Industrieumsätze, die im Januar um 0,2% zulegten, dürfte die Industrieproduktion nicht so schnell anspringen.

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