Bank of England verkneift sich Zinssenkung
Bank of England verkneift sich Zinssenkung
Bank of England verkneift sich Zinssenkung
Nun rücken Abwärtsrisiken für das Wirtschaftswachstum in den Fokus der Geldpolitiker
Die hohe Teuerungsrate, steigende Inflationserwartungen und das immer noch starke Lohnwachstum haben die Geldpolitiker der Bank of England dazu bewogen, den Leitzins bei 4,0% zu belassen. Es war allerdings eine sehr knappe Entscheidung, bei der die Stimme von Notenbankchef Andrew Bailey den Ausschlag gab.
hip London
Die Bank of England hat den Leitzins auf 4,0% belassen, obwohl die Rufe nach einer weiteren Lockerung der Geldpolitik zuletzt zugenommen hatten. Damit brach das geldpolitische Komitee der Notenbank (Monetary Policy Committee, MPC) aus dem bisherigen Muster von einem Zinsschritt alle drei Monate aus. Die Entscheidung fiel mit 5:4 Stimmen jedoch sehr knapp aus.
Ausschlaggebend war dabei die Stimme von Notenbankchef Andrew Bailey, der sich weder den bekannten geldpolitischen Falken noch den Tauben zuordnen lässt. Seit dieser Sitzung werden die Positionen der einzelnen MPC-Mitglieder im Protokoll aufgeführt. „Die Aufwärtsrisiken für die Inflation haben seit August nachgelassen“, wird dort Bailey zugeschrieben. „Ich sehe eine weitere geldpolitische Lockerung kommen, wenn sich die Disinflation in der vor uns liegenden Periode weiter etabliert.“

Reeves muss alleine klarkommen
Schatzkanzlerin Rachel Reeves hätte sich über einen Zinsschritt nach unten gefreut, bevor sie am 26. November ihren Haushaltsentwurf vorstellt. Eine niedrigere Bank Rate hätte nicht nur die Kosten für den Schuldendienst gesenkt. Sie hätte auch dafür gesorgt, dass die britischen Verbraucher weniger für ihre Hypotheken und Firmen weniger für Kredite bezahlen müssen.
Das hätte ihnen geholfen, die zu erwartenden Steuer- und Abgabenerhöhungen zu verschmerzen. Doch für die Mehrheit der MPC-Mitglieder waren die weit über dem Inflationsziel von 2,0% liegende Teuerungsrate, die steigenden Inflationserwartungen und das immer noch hohe Lohnwachstum ausschlaggebend. Nachdem sie nach der Pandemie zu lange angenommen hatten, die Inflation sei lediglich vorübergehender Natur, wollen sie nun nicht den Fehler machen, die Geldpolitik womöglich zu früh zu lockern.
Zünglein an der Waage
Zudem wollen sie sich den Vorwurf ersparen, Labour Hilfestellung zu leisten. Seitdem die konservative Premierministerin Liz Truss nach dem nicht gegenfinanzierten Haushalt ihres Schatzkanzlers Kwasi Kwarteng strauchelte, unterstellen manche Konservative der Notenbank Parteilichkeit.
Bailey hat auf beiden Seiten des politischen Spektrums wenig Freunde. Reeves verärgerte er zuletzt dadurch, dass er sich ihrer Deregulierungsagenda für die Finanzbranche in den Weg stellte. Doch auf ihn wird es ankommen, wenn am 18. Dezember der nächste Zinsentscheid ansteht. Denn dass andere MPC-Mitglieder ihr Stimmverhalten ändern, gilt als unwahrscheinlich.
Gipfel überschritten
Am Markt wird für eine Zinssenkung um 25 Basispunkte im kommenden Monat eine Wahrscheinlichkeit von 62% eingepreist. Das liegt unter anderem an der überarbeitenden Guidance der Notenbank, die den Abwärtsrisiken für das Wirtschaftswachstum größeres Gewicht beimisst. Grundsätzlich sieht sie den Leitzins schrittweise auf dem Weg nach unten.
Im September belief sich die Inflation auf 3,8%. Die Notenbank geht davon aus, dass sie bereits ihren Gipfel erreicht hat. Allerdings fürchtet sie, dass die Lebensmittelinflation zum Jahresende hin von 4,5% auf mehr als 5% steigen könnte. Das spielt eine große Rolle für die Inflationserwartungen der Verbraucher, die beim Einkauf im Supermarkt mit ständig steigenden Preisen konfrontiert werden.
Regierung sorgt für Inflation
Geht es darum, wer für den hohen Preisauftrieb verantwortlich ist, spricht der ebenfalls am Donnerstag vorgelegte Inflationsbericht eine deutliche Sprache. „Ungewöhnlich starke Anstiege administrierter Preise wie der Kfz-Steuer und der Abwassergebühren tragen schätzungsweise 0,4 Prozentpunkte zu der Überschreitung des Zielwerts für die Inflation bei“, heißt es dort. „Lebensmittel-, Getränke- und Tabakpreise tragen weitere 0,4 Prozentpunkte dazu bei.“
Und ein Großteil des verbliebenen Prozentpunkts spiegele das erhöhte Wachstum der Lohnkosten wider. Das gehe zum einen auf das starke Lohnwachstum der Vergangenheit zurück, zum anderen jedoch auf die Erhöhung der Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung (National Insurance).
Mehr Transparenz
Das Protokoll der Sitzung zeugt davon, dass die unabhängige Überprüfung der Prognosen und der Kommunikation der Bank of England durch den ehemaligen US-Notenbankchef Ben Bernanke nicht folgenlos geblieben ist. Sowohl die zusammenfassende Stellungnahme als auch das Protokoll sind deutlich kürzer als zuvor. Die interne Debatte wird transparenter dargestellt. Die individuellen Statements der MPC-Mitglieder tragen dazu bei.
