China geht mit Zinslockerung in Handelsgespräche
China geht mit Zinslockerung in Handelsgespräche
PBOC senkt Leitzins und Mindestreservesatz – Börse kaum beeindruckt – Hoffnung auf Deeskalation im Zollstreit mit USA
nh Schanghai
Im Vorfeld von ersten Handelsgesprächen mit den USA setzt Chinas Zentralbank eine seit längerem angedeutete monetäre Lockerungsrunde in die Tat um. Am Mittwoch kündigte Zentralbankgouverneur Pan Gongsheng auf einer Pressekonferenz eine Senkung des Leitzinses für einwöchige Offenmarktgeschäfte um 10 Basispunkte von 1,5 auf 1,4% an. Darüber hinaus wird die People’s Bank of China (PBOC) den Mindestreservesatz für Geschäftsbanken um weitere 0,5 Prozentpunkte herunterschleusen und damit den Liquiditätsspielraum für neue Kreditvergaben erweitern.
Stütze für Immobilienmarkt
Als dritte Maßnahme kündigte Pan eine Refinanzierungslinie der Zentralbank in Höhe von 500 Mrd. Yuan (gut 60 Mrd. Euro) an. Sie soll der Unterstützung von Konsum und sozialen Diensten dienen, hieß es am Mittwoch. Außerdem werden als Beitrag zur Stabilisierung des Immobilienmarktes die Zinsen für ein von der Regierung veranlasstes Darlehensprogramm für Wohnungskäufe von 2,85 auf 2,6% gesenkt.
Das Sammelsurium von monetären Impulsen ist Teil eines Stimulierungsprogramms zur Stärkung der Binnennachfrage, mit dem sich China auf erhebliche konjunkturelle Verwerfungen im Zuge des erbitterten Handelsstreits mit Washington vorbereitet. In den ersten Aprilwochen hatte die Trump-Administration Strafzölle auf sämtliche chinesische Ausfuhren in die USA bis zu einer Rate von 145% hochschaukeln lassen. Chinesische Gegenzölle belaufen sich auf 125%.
Treffen in Genf
Im für beide Seiten mit wirtschaftlichen Schäden verbundenen Zollstreit hat sich nun eine Tür für bilaterale Verhandlungen geöffnet. Für Ende der Woche sind in Genf, dem Sitz der Welthandelsorganisation WTO, Gespräche zwischen Chinas Vizepremierminister He Lifeng und US-Finanzminister Scott Bessent geplant. Das erste Zusammentreffen von hochrangigen Vertretern weckt Hoffnungen, dass sich der Handelskonflikt etwas herunterkühlt.
Deeskalation

Die Marktteilnehmer erwarten zunächst keinen Durchbruch auf dem schwierigen Weg zu einem umfassenden Handelsabkommen. Da die Zeichen nun aber auf Deeskalation stehen, wachsen die Chancen auf ein einstweiliges Abrücken von den extremen Strafzollraten, die den Warenaustausch der beiden weltgrößten Wirtschaftsnationen gegenwärtig vor chaotische Bedingungen stellen.
PBOC nutzt die Gelegenheit
Die Tatsache, dass beide Seiten jetzt Dialogbereitschaft signalisieren, bringt einige Entlastung auf angespannten Aktien- und Devisenmärkten. In den letzten Tagen hatte sich der Dollar signifikant abgeschwächt. Dies dürfte das Timing der PBOC für die seit längerem geplanten Lockerungsschritte beeinflusst haben. China hatte mit Rücksichtnahme auf den Yuan-Kurs und aus Sorge um eine verstärkte Kapitalabwanderung den als überfällig geltenden Zinsschritt zunächst verzögert.
Börse kaum beeindruckt
Der mittlerweile als wichtigste geldpolitische Steuerungsvariable der PBOC geltende 7-Tage-Repozins war letztmalig im Ende September von 1,7 auf 1,5% gesenkt worden. Die damals überraschend gekommene Maßnahme leitete eine breitere Stimulierungsoffensive ein und löste eine gewaltige Hausse am Aktienmarkt aus. Die Begeisterung der Anleger für die neuen Lockerungsschritte hält sich diesmal allerdings in engen Grenzen. Am Mittwoch zog der Leitindex für die Festlandbörsen CSI 300 zunächst um 1,4% an, schloss aber nur 0,6% über Vortag. In Hongkong kam der Hang-Seng-Index lediglich um 0,1% voran.
Exporte als Wachstumstreiber
Am Freitag werden Chinas Zollbehörden die Außenhandelsdaten für den Monat April verbreiten. Sie werden einen ersten Einblick erlauben, wie sich das Strafzolldrama auf Chinas Exportdynamik ausgewirkt hat. Chinas Wachstumskräfte waren in den letzten Quartalen vom Außenhandel stark angeregt worden. So trugen die Nettoexporte rund 40% zum Wachstum von 5,4% im ersten Quartal bei.