Konjunktur

China-Ökonomen immer skeptischer

Die Wachstumsprognosen für das Reich der Mitte sinken immer weiter. Aus der Industrie kommt kaum Schub.

China-Ökonomen immer skeptischer

nh Schanghai

Chinas hartnäckiges Festhalten an der „Nulltoleranzpolitik“ zu Corona und die Gefahr anhaltender Verwerfungen am Immobilienmarkt stimmen die Analystengemeinde zunehmend pessimistisch. Laut der vierteljährlichen Umfrage des Datenanbieters Bloomberg unter China-Ökonomen stehen die Zeichen für eine Konjunkturerholung in der zweiten Jahreshälfte eher schlecht. Das animiert die Experten, ihre Prognosen für das Bruttoinlandsprodukt (BIP) weiter abzusenken. Für das Gesamtjahr 2022 ist die Medianschätzung auf +3,5% gesunken, bei der vorausgegangenen Befragung im Mai waren es noch 3,9%.

China war in diesem Jahr mit 4,8% Wachstum im ersten Quartal gestartet, sah dann allerdings vor allem wegen harter Corona-Restriktionen und Lockdown-Maßnahmen in führenden Großstädten wie Schanghai einen gewaltigen Rückschlag mit nur noch 0,4% BIP-Zuwachs im zweiten Quartal. Nach Aufhebung des Schanghai-Lockdowns Anfang Juni kam es zwar zu einer Aufholbewegung. Doch geben die Konjunkturdaten für Juli Anlass zur Sorge, dass sowohl bei der Industrieproduktion wie auch konsumseitig der Schwung bereits wieder nachlässt.

Die chinesische Regierung hat zwar eine Reihe monetärer und fiskalischer Stimuli verkündet, allerdings gelten die Maßnahmen als wenig erfolgversprechend, um eine nachhaltige Konjunkturwende einzuleiten. Die Zentralbank hat zwei geldpolitisch relevante Zinsraten für die Refinanzierung der Banken um jeweils 10 Basispunkte gesenkt. In Einklang damit sind die als Loan Prime Rate (LPR) bezeichneten Eckzinsen der chinesischen Banken für einjährige Unternehmenskredite und fünfjährige Hypothekenkredite um 5 und 15 Basispunkte gefallen. Den realwirtschaftlichen Impuls schätzen Marktteilnehmer als gering ein, auch weil insgesamt die Kreditnachfrage stockt. Auch die kürzlich von Peking angekündigte Aufstockung der Sonderanleihen-Kontingente von Lokalregierungen und Kreditprogramme staatlicher Förderbanken zur Ankurbelung von Infrastrukturprojekten gelten nicht als entscheidender Faktor für eine Konjunkturwende.

Schwache Industriegewinne

Mittwoch und Donnerstag werden neue Einkaufsmanagerdaten Aufschluss über die Stimmungslage im Industrie- und Dienstleistungssektor geben. Der offizielle Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende Gewerbe lag für Juli mit 49 Punkten unter der Expansionsschwelle und dürfte sich im August kaum verbessert haben. Die Prognosen deuten auf einen weiteren Rückgang der Industrieaktivität im Vergleich zum Vormonat hin. Die am Wochenende verbreiteten Daten zur Entwicklung der Industriegewinne bieten ebenfalls keinen Anlass für Optimismus. Die jeweils für das aufgelaufene Jahr berechneten Industriegewinne sind von Januar bis Juli um 1,1% gegenüber der Vorjahresperiode gesunken. Für das erste Halbjahr lag das Plus bei 0,8%, so dass auch hier ein negativer Trend zu erkennen ist.

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