Allianz-Trade-Umfrage

„Das große Hamstern geht jetzt in die zweite Runde“

Der von den USA ausgehende Handelskonflikt hat nicht nur die Erwartungen der Exporteure weltweit einbrechen lassen. Er zeigt sich bereits in den Handelsdaten. Die Unternehmen gehen unterschiedliche Wege, um die Zusatzkosten zu bewältigen.

„Das große Hamstern geht jetzt in die zweite Runde“

„Das große Hamstern geht jetzt in die zweite Runde“

Umfrage der Allianz Trade zeigt deutlich eingebrochene Exporterwartungen nach dem „Liberation Day“

ba Frankfurt

Die unberechenbare US-Handelspolitik hat nicht nur das Vertrauen der Exporteure weltweit erschüttert, sie rechnen auch mit längeren Zahlungsfristen, versuchen ihre höheren Kosten weiterzugeben und neue Märkte zu erschließen. Laut einer Umfrage des Kreditversicherers Allianz Trade führen die Handelsspannungen außerdem zu einer Wieder-Annäherung Europas an Asien. Lateinamerika aber dürfte der Gewinner der Verschiebung der Handelsströme sein.

Erwartungen halbiert

Die sehr hohe Zollankündigung aus den USA haben die weltweiten Exporterwartungen von 80% auf 40% halbiert, wie das Umfrageergebnis zeigt. 42% der 4.500 befragten Unternehmen aus Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien, Polen, Großbritannien, den USA, Singapur und China rechnen nun mit einem Rückgang ihrer eigenen Exportumsätze zwischen 2% und 10%. Vor dem „Liberation Day“ am 2. April waren das nur 5%. In Deutschland rechnen 39% der Befragten mit geringeren eigenen Exporterlösen − ebenso viele erwarten aber steigende Umsätze. „Trotz der jüngsten bilateralen Handelsabkommen mit Großbritannien und China schätzen wir die weltweiten Exportverluste für 2025 auf erhebliche 305 Mrd. Dollar“, sagt Aylin Somersan Coqui, CEO von Allianz Trade.

Vorzieheffekte sichtbar

„Das große Hamstern geht jetzt in die zweite Runde“, sagt Jasmin Gröschl, Senior Volkswirtin von Allianz Trade, mit Blick auf das 90 Tage Moratorium der US-Zölle. „Die Unternehmen werden in den kommenden Monaten versuchen zu exportieren, was das Zeug hält – und gleichzeitig ihre eigenen Lager prall zu füllen mit den Waren, die sie für die eigene Produktion und das Geschäft brauchen.“ So hatten 86% der US-Unternehmen ihre Importe aus China und der EU vor Inkrafttreten der Zölle vorgezogen, in Deutschland hatten 84% Importe vorgezogen. 24% der deutschen Firmen hatten damit sogar schon vor den US-Wahlen begonnen, 27% starteten direkt nach den Wahlen, 33% in den letzten Monaten.

Die Vorzieheffekte seien bereits sichtbar: Die gesamten Exporte aus dem Euroraum in die USA seien im März um fast 60% zum Vorjahr gestiegen, die chinesischen Exporte in die USA um 9% − im April dann aber um 21% gefallen. Die deutschen Unternehmen lagen Gröschl zufolge etwas im Hintertreffen: Sie weiteten die Exporte im März nur um 3,5% auf Jahressicht aus. Für Italien hingegen gab es einen Anstieg um 41,2%. China wiederum habe die Exportströme bereits deutlich Richtung Europa umgelenkt.

Ein Fünftel übernimmt die Zusatzkosten selbst

Um die Auswirkungen des Handelskriegs zu kompensieren, gehen die Unternehmen unterschiedliche Wege: 22% der Unternehmen weltweit planen, die gestiegenen Kosten selbst zu absorbieren, anstatt sie an die Kunden weiterzugeben. In Deutschland antworten 30% entsprechend, in China sogar 34%. Rund 38% der weltweiten Unternehmen wollen hingegen die gestiegenen Kosten an die Kunden weitergeben, vor allem in den USA (54%). Unter den deutschen Exporteuren planen etwa 32% Preiserhöhungen – wohingegen rund 17% sogar die Preise senken wollen, um Marktanteile zu halten. Der globale Durchschnitt liegt hier bei 14%.

Deutsche wollen Kosten sparen

Die deutschen Exporteure setzen laut Gröschl nun auf Kosteneinsparungen (45%). 34% erwägen sogar, die Produktion vorübergehend einzustellen. „Dies ist insbesondere in Branchen der Fall, die stark von importierten Vorleistungen abhängig sind.“ Global liegt der Anteil bei 27%. Gröschl erwartet, dass aber wohl nur im Extremfall die Produktion ausgesetzt wird. 50% der deutschen Befragten verhandeln zudem mit bestehenden Lieferanten über bessere Konditionen bei Einkauf und Transport, 34% suchen neue Lieferanten. Wegen der Unsicherheit halten 20% größere Investitionen zurück. Ein erhöhtes Zahlungsausfallrisiko erwartet fast die Hälfte der weltweit Befragten, vor allem in den USA, Italien und Großbritannien. In Deutschland rechnen 37% mit einer schlechteren Zahlungsmoral, 34% mit mehr Zahlungsausfällen.