Geldpolitik

Debatte über EZB-Zinskurs wird hitziger

Wie weit steigen die EZB-Leitzinsen noch? Diese Frage wird immer hitziger diskutiert. Die nachlassende Inflation schürt die Hoffnung auf einen weniger aggressiven Kurs. Die besseren Konjunkturaussichten sprechen tendenziell dagegen.

Debatte über EZB-Zinskurs wird hitziger

ms Frankfurt

Gut zwei Wochen vor der nächsten EZB-Sitzung nehmen die Diskussion und die Spekulationen über den weiteren Zinskurs der Europäischen Zentralbank (EZB) an Fahrt auf. Der Blick richtet sich dabei aber zunehmend bereits auf das Treffen im März. Das Treffen gilt als wegweisend, weil die EZB-Volkswirte dann auch neue Projektionen zu Wachstum und Inflation vorlegen. Bereits jetzt mehren sich Erwartungen, dass die EZB dann ihr Zinserhöhungstempo drosseln und der für Februar erwarteten Anhebung um 50 Basispunkte eine um nur noch 25 Basispunkte folgen lassen könnte.

Angesichts der Rekordinflation im Euroraum von zeitweise 10,6% hat die EZB im vergangenen halben Jahr ihre Leitzinsen so aggressiv erhöht wie nie zuvor – um 250 Basispunkte. Mitte Dezember hatte sie dann die Märkte überrascht, als sie mehr Zinserhöhungen als zuvor und länger hohe Zinsen als gedacht avisierte. Über den Jahreswechsel hatten aber Signale für ein deutliches Nachlassen des Inflationsdrucks die Hoffnung auf einen weniger straffen Kurs geweckt. Teilweise wird sogar schon auf erste Zinssenkungen in der zweiten Jahreshälfte spekuliert.

In den vergangenen Tagen haben nun viele Euro-Notenbanker die Bereitschaft zu weiteren Zinserhöhungen untermauert. Ähnlich äußerte sich am Mittwoch auch EZB-Chefvolkswirt Philip Lane. Für die Sitzung am 2. Februar wird nun verbreitet eine Anhebung um weitere 50 Basispunkte erwartet. Das hatte auch EZB-Prä­sidentin Christine Lagarde Mitte Dezember in Aussicht gestellt. Der deutliche Rückgang der Inflation im November und Dezember auf aktuell 9,2% reicht nach Einschätzung der meisten Beobachter nicht, um die EZB von diesem Schritt abzubringen.

Anders sieht es für die Sitzung am 16. März aus. Auch für dieses Treffen hatte Lagarde Mitte Dezember eine Anhebung um 50 Basispunkte als Möglichkeit genannt – allerdings abhängig von der Datenlage. Das wird aber immer stärker hinterfragt. Die Nachrichtenagentur Bloomberg berichtete am Mittwoch, dass die Euro-Notenbanker zunehmend eine Anhebung nur um 25 Basispunkte in den Blick nähmen. Auch an den Geldmärkten wird das zunehmend als Möglichkeit eingepreist. Bereits im Dezember hatte der EZB-Rat das Zinstempo gedrosselt. Nach zwei Zinsanhebungen um jeweils 75 Basispunkte zuvor hatte er die Sätze da nur um 50 Basispunkte erhöht.

Laut Lane hat die EZB inzwischen ein Zinsniveau erreicht, das ungefähr neutral sei. „Dennoch sind wir immer noch nicht da, wo die Risiken mehr zweiseitig oder symmetrisch werden“, sagte Lane der „Financial Times“. Bis zu welcher Höhe die EZB die Zinsen voraussichtlich noch anheben wird, sagte Lane nicht: „Wo genau wir landen werden, hängt von vielen Faktoren ab.“ Dazu zählt Lane auch, wie die Wirtschaft auf die bisherigen Zinserhöhungen reagiert: „Die interessante Phase nun ist die Reaktion der Unternehmen, Haushalte und Regierungen auf die veränderten Finanzierungsbedingungen.“

Zuletzt hat die konjunkturelle Zuversicht zugenommen. Portugals Notenbankchef Mário Centeno sagte am Mittwoch in Davos, dass die Euro-Wirtschaft Ende 2022 gewachsen statt geschrumpft sein könnte. Auch in der ersten Jahreshälfte 2023 könne sie positiv überraschen. Eine stärkere Konjunktur erhöht die Wahrscheinlichkeit stärkerer Zinserhöhungen.