Zinsentscheid

DekaBank erwartet vorsichtige EZB

Bei der EZB-Zinssitzung am Donnerstag geht es nicht nur um den weiteren Zinskurs, sondern auch um den Start zum Abbau der aufgeblähten Bilanz. Das sorgt für ganz besondere Spannung.

DekaBank erwartet vorsichtige EZB

Von Mark Schrörs, Frankfurt

Die Europäische Zentralbank (EZB) wird nach Einschätzung der DekaBank am Donnerstag ihre Leitzinsen um 50 Basispunkte an­heben und es zunächst bei grundlegenden Aussagen zum bevorstehenden Ab­bau der Notenbankbilanz belassen. Diese Auffassung vertritt DekaBank-Volkswirt Kristian Tödtmann im neuen Deka-Zinskompass, der immer vor einer EZB-Zinssitzung in der Börsen-Zeitung veröffentlicht wird. Die jüngsten Konjunkturdaten und die aktuellen Finanzierungsbedingungen sprechen laut Tödtmann auch für eine weitere Straffung der Geldpolitik – allerdings in geringerem Umfang als zuletzt.

Differenzen im EZB-Rat

Der EZB-Rat steht bei seiner letzten Sitzung des Jahres vor wegweisenden Entscheidungen. Einerseits geht es um die Höhe des nächsten Zinsschritts. Seit Juli hat er die Leitzinsen um 200 Basispunkte erhöht – so aggressiv wie nie. Der aktuell wichtige Einlagenzins liegt nun bei 1,5%. Die Mehrheit der Beobachter erwartet nun eine Anhebung um 50 Basispunkte statt wie zuletzt zweimal in Folge um 75 Punkte. In den vergangenen Tagen haben sich aber wieder Spekulationen auf neuerliche 75 Punkte verstärkt. Andererseits hat der EZB-Rat angekündigt, Grundprinzipien zum Bilanzabbau festzulegen. Die Hardliner („Falken“) dringen auf einen raschen Beginn, noch im ersten Quartal 2023. Die „Tauben“ mahnen dagegen zur Vorsicht.

„Auf seinem derzeitigen Niveau legt der Kompass der EZB eine weitere Straffung ihrer Geldpolitik nahe, jedoch in einem kleineren Ausmaß als bei den Ratssitzungen im September und Oktober“, argumentiert Deka-Volkswirt Tödtmann nun. Der Kompasswert fasst die für die EZB maßgeblichen Indikatoren zusammen. Nach einer Seitwärtsbewegung in den vergangenen Monaten ist der Kompass im November wieder etwas zurückgegangen – auf 32,0 Punkte. Während die Konjunktursäule weiter in den negativen Bereich abrutscht, klettert die Finanzierungssäule über die Nulllinie. Die Inflationssäule liegt den zehnten Monat in Folge an ihrer technischen Obergrenze von 100 Punkten (siehe Grafik).

Bei den Leitzinsen prognostiziert nun auch Tödtmann eine Drosselung des Erhöhungstempos auf 50 Basispunkte. In diese Richtung hatten sich zuletzt auch viele EZB-Granden ge­äußert. Hintergrund für eine Verlangsamung des Tempos sind zum einen der unerwartet starke Rückgang der Inflation von 10,6% auf 10,0% im November und die zunehmende Rezessionsgefahr. Zudem betonen viele Notenbanker, dass die Leitzinsen bereits kräftig gestiegen seien und sich jetzt dem neutralen Niveau näherten. Dieses Niveau, bei dem die Geldpolitik die Wirtschaft weder stimuliert noch bremst, sehen viele in der EZB bei rund 2% – gemessen am Einlagenzins. Viele Ökonomen sehen das als zu niedrig an. Tödtmann erwartet indes, dass der EZB-Rat weitere Zinserhöhungen in Aussicht stellen wird – zumal die Inflation nur langsam zurückgeht.

Den Abbau der EZB-Bilanz sieht Tödtmann mit besonderen Risiken verbunden. „Deshalb dürfte die EZB bei dieser Ratssitzung zunächst einige grundlegende Prinzipien darlegen, ehe sie vermutlich Anfang nächsten Jahres einen detaillierteren Plan zur Verringerung der Wertpapierbestände des APP bekanntgibt“, so der Volkswirt. „Die Sorge vieler Ratsmitglieder vor finanzieller Fragmentierung spricht für eine eher vorsichtige und langsame Bilanzreduktion“. Dies bedeute im Umkehrschluss, dass die Zinsen das zentrale Instrument zur Eindämmung der Inflation blieben.

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