Konjunktur

Der Pessimismus verliert an Kraft

Die Wirtschaftsstimmung im Euroraum hellt sich im Mai stärker als erwartet auf. Für Trübsinn sorgen aber die geopolitischen Spannungen: Ein Gutteil der von der EU-Kommission befragten Unternehmen hat die Strategie bereits verändert oder plant dies.

Der Pessimismus verliert an Kraft

Der Pessimismus verliert
in Europa an Kraft

Brüssel fragt Reaktionen auf Politik ab

ba Frankfurt

Die Wirtschaftsstimmung im Euroraum hat sich im Mai leicht verbessert. Im Detail zeigt die monatliche Umfrage der EU-Kommission, dass die Beschäftigungserwartungen der Unternehmen positiver ausfallen, die Firmen aber nicht mehr so umfänglich an ihrem Personal festhalten, wenn sie ihre Aussichten ungünstiger einschätzen.

In einem Sonderteil wurden zudem etwaige Reaktionen auf Spannungen und politische Veränderungen auf ausländischen Märkten abgefragt. Unter den 60% der Unternehmen mit Außenhandelsbeziehungen gaben rund 27% an, ihre Strategien bereits angepasst zu haben (19,2%) oder dies zu planen (8,1%). Die meisten der Unternehmen aus dieser Gruppe sind dabei in der Industrie tätig (55%). Für 38% der Unternehmen bestand die Anpassung in einem Wechsel des Landes, aus denen Waren bezogen oder in dem die eigene Produktion abgesetzt wird. 22% stockten den Lagerbestand auf, um die Widerstandsfähigkeit zu erhöhen.

Lager gut gefüllt

„Es gibt immer mehr Anzeichen dafür, dass die Unternehmen höhere Pufferbestände an kritischen Einsatzgütern und Fertigwaren halten, um die Abhängigkeit von einzelnen oder ausländischen Lieferanten zu verringern und sich gegen Preisschwankungen abzusichern“, hieß es. Dies sei vor allem in den Sektoren Vorleistungsgüter und Investitionsgüter, Halbleiter und Pharmazeutika zu beobachten. Zu den weiteren Strategien gehörten vertikale Integration, Digitalisierung und verbesserte Überwachung der Lieferketten.

Friendshoring bevorzugt

Von den 21% der Unternehmen, die ihre Produktion verlegen wollen, erwogen fast zwei Drittel eher eine Verlagerung in andere Länder (Friendshoring), als eine Rückverlagerung von Betrieben/Produktion in ihr Land (Reshoring). Unter den Unternehmen, die ihre Strategie angepasst haben bzw. dies noch planen, erwarten mehr Unternehmen einen Anstieg der anfallenden Produktions- oder Betriebskosten und der in Rechnung gestellten Preise als einen Rückgang.

Unter den Verbrauchern gelten Inflation und Lebenshaltungskosten (76,3%), globale Entwicklungen und Handelspolitik (63,5%) sowie die Politik des Heimatlandes (59,5%) als die größten Negativfaktoren für die allgemeine Wirtschaftslage. Einzig dem technologischen Wandel wird ein positiver Effekt zugeschrieben. Wobei sich jüngere Personen (18-29 Jahre) tendenziell optimistischer äußerten. EU-weit wurden 44.000 Unternehmen befragt sowie Verbraucher aus dreizehn EU-Ländern, auf die 52% der EU-Bevölkerung entfallen. Die Umfrage endete zwar vor dem Liberation Day Anfang April, doch hatte US-Präsident Donald Trump bereits angekündigt, Zölle kräftig anheben zu wollen.

Indikatoren bleiben unterdurchschnittlich

Der Economic Sentiment Indicator (ESI) stieg nach zwei Rückgängen in Folge im Mai um 1,0 auf 94,8 Punkte und bleibt damit unter dem langjährigen Schnitt von 100 Zählern. Ökonomen hatten einen Zählerstand von 94,1 erwartet. Die Verkaufspreiserwartungen bleiben trotz eines Rückgangs überdurchschnittlich hoch. Die Stimmungsaufhellung war breit basiert, nur der Indikator der Dienstleister sank geringfügig. Die Beschäftigungspläne der Manager fielen etwas positiver aus, wie der Zuwachs des EEI um 0,5 auf 97,0 Punkte zeigt.

Der EU-Indikator für das Horten von Arbeitskräften, der LHI, gab hingegen um 0,3 Prozentpunkte auf 10,4% nach, womit der langsame Aufwärtstrend seit Ende 2024 unterbrochen ist.

Trübe Stimmung in Frankreich

Unter den größten Volkswirtschaften im Euroraum hat sich die Wirtschaftsstimmung in Italien (2,8 Punkte) und Deutschland (1,5) aufgehellt. In Frankreich (–3,5) und Spanien (–0,4) hingegen trübte sie sich ein.

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