Die „Big Beautiful Bill“ höhlt die US-Bonität aus
Die Bonität der USA wackelt
Ratingagentur Scope zweifelt an fiskalischer Tragfähigkeit der Staatsfinanzen
Mit der „Big Beautiful Bill“ von US-Präsident Donald Trump wächst der Schuldenberg der USA noch schneller. Die Zinslasten steigen, der fiskalische Bewegungsspielraum schrumpft. Die Sorge vor einer aufkommenden Finanzkrise nimm rasant zu. Alle Blicke richten sich auf die Fed als „lender of last resort“.
lz Frankfurt
Von Stephan Lorz, Frankfurt
Die Ratingagentur Scope blickt immer kritischer auf die fiskalischen Eckdaten der USA, die sich nach Verabschiedung der „Big Beautiful Bill“ (BBB) rapide verschlechtern. Die Gefahr einer weiteren Bonitätsabwertung nimmt in ihren Augen zu. Schon in den vergangenen Jahren hatten sich die europäischen Bonitätswächter hierbei mutiger gezeigt und das Rating früher abgesenkt als ihre amerikanischen Kollegen von S&P, Moody’s oder Fitch. Letztere bremsen sich womöglich aus Sorge vor Repressalien der US-Regierung selber aus.
In einem Webinar am Dienstag haben sich die Scope-Ökonomen sehr kritisch geäußert zur fiskalischen Tragfähigkeit der US-Staatsfinanzen. Die Bonitätsbewertung wurde im Mai noch mit AA bestätigt, aber der negative Ausblick betont. Nun legt das neue Steuergesetz neue Finanzlasten auf den Haushalt. Über zehn Jahre, so Scope-Analyst Eiko Sievert, müssten in den Etats eine Last von 11% des Bruttoinlandsprodukt (BIP) geschultert werden. Zusammen mit höheren Zinsausgaben kommt Scope im Hinblick auf das Steuergesetz auf Kosten von 5,5 Bill. Dollar.
Checks & Balances ausgehebelt
Dabei blicken sie nicht nur auf die reinen Daten, sondern sehen auch die Aushöhlung der politischen Strukturen kritisch, weil diese die Hemmungen für weitere Ausgaben nimmt: die Rolle des Dollar, die Zollpolitik, die Schwächung der Checks & Balances der US-Institutionen, und die Attacken auf die US-Notenbank. Letztere wird nicht nur zu Zinssenkungen gedrängt, sondern zugleich wird der Austausch der Notenbankspitze verlangt. Die Absicht sei klar, so Sievert: Die Notenbank sollte willfähriger die US-Finanzpolitik „unterstützen“ und weniger die Teuerung im Blick haben. Er sieht die Gefahr einer „fiskalischen Dominanz“, der sich die Federal Reserve „nur schwer entziehen kann“.

Das Problem für die US-Regierung: Die Zinslast wird immer größer, und der fiskalische Spielraum der Regierung damit immer weiter eingeschränkt, was noch höhere Defizite provoziert. Schon jetzt liegen die Zinsausgaben bei rund 12% der Steuereinnahmen (2015: 6%). 2055 könnten sie auf die 20% zulaufen, warnt Scope. Nur deutlich höheres Wachstum einhergehend mit noch höherer Inflation könnte die Schuldendynamik bremsen, meinen die Analytiker. Scope zufolge bräuchte man schon ein anhaltendes Wachstumsplus von 3% und eine höhere Teuerung als aktuell.
Keine Alternative zum Dollar
Dabei werden die Konsumenten bereits durch die höheren Zölle zur Kasse gebeten und müssen von daher schon mit höheren Preisen rechnen. Die Kombination aus zoll-induzierter Teuerung und zusätzlicher schuldenbezogenen Inflation wäre toxisch für die Verbraucher und würde erneut gerade die Geringverdiener treffen – und somit einen Teil der Kernwählerschaft von US-Präsident Trump.
Kann die Entwicklung zu einer US-Schuldenkrise führen? Scope zeigt sich diesbezüglich noch entspannt. Denn zum Dollar gebe es im Moment keine Alternative. Bisher würden Anleger ihr Geld eher in Gold als Euro parken. Und die Rolle des Dollar als Weltwährung gibt mehr Raum zur Verschuldung als anderswo. Aber die USA bräuchten einen stabilen Finanzrahmen, fordert Scope-Analyst Alvise Lennkh-Yunus, statt einer regelmäßig angehobenen Schuldenobergrenze.